Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
Handschuhen.
Ganoch zeigte auf eine letzte Kiste, die kleinste in der Reihe. »Selbst die Reste, mit denen man nichts mehr anfangen kann, haben die Zottelfratzen uns mitgeschickt. Sie haben Zahnstocher daraus geschnitten!«
Darnamur warf einen Blick darauf. »Winzige Speere, die wir nur in unserer kleinen Gestalt benutzen können«, stellte er fest. »Wir können sie nicht als Waffen mitnehmen, aber wir können sie in unseren Verstecken aufstellen. Damit lassen sich zumindest Tiere fernhalten.«
Er ging wieder Richtung Eingang und blieb dort vor einer Truhe stehen. Er nahm ein Kurzschwert heraus und wog es in der Hand. Es glich von der Machart den Messern, die Wito vor zwölf Jahren für seinen Trupp eingeführt hatte: aus einem einzigen Knochen geschnitten, den Griff für besseren Halt mit Lederriemen umwickelt.
Allerdings war es viel länger als die Knochenmesser, die Darnamur bisher gesehen hatte, und viel feiner gearbeitet. Die Klinge war schmal und selbst an der dicksten Stelle so dünn wie Pergament. Ein filigraner Handschutz saß zwischen Griff und Klinge, ein Knauf bot der Hand zur anderen Seite hin Halt.
Es lag gut in Darnamurs Faust. Die Klinge aus Gebein war leichter, als er es von einer Waffe dieser Größe erwartet hatte, und doch vermittelte sie ein beruhigendes Gefühl von Festigkeit. Darnamur wirbelte herum und hieb das Schwert gegen die Wand.
Funken sprühten. Es knackte und scharrte und Splitter flogen in alle Richtungen. Ganoch trat einen Schritt näher und hob die Lampe. Ihr Schein fiel auf eine frische Kerbe im Stein.
Darnamur untersuchte die Klinge und fand sie makellos. Er erkannte sogar die feinen Löcher und Kanäle auf der Oberfläche, auf die er großen Wert gelegt hatte – eine Möglichkeit, um die Waffen in Gift zu tränken, damit die Gnome auch in ihrer kleinen Gestalt nicht mehr ohne Stachel waren.
Darnamur schloss die Faust fester um den Griff und grinste wild. Seine Zähne glänzten so weiß wie das fahle Gebein in den Truhen. Endlich hatte er die Kriegsbeute eingefordert, die ihm rechtmäßig zustand! Genug Waffen, um alle Gnome seiner Gruppe auszustatten, und noch viele mehr.
Die Zwerge hatten ihm Waffen geliefert, geschnitten aus den Knochen und den Schuppen eines Drachen. Nicht irgendeines Drachen, sondern eines großen Unkwitt, dem Letzten seiner Art. Knochen, die härter waren als Stahl. Aber anders als gewöhnliche Waffen aus Stahl bestanden diese aus einem lebenden Stoff. Ein Gnom konnte sie mitnehmen, wenn er die Größe änderte. Es waren wirkliche Waffen, in groß und in klein zu gebrauchen und leicht an jeden Ort zu bringen, den ein Gnom erreichen konnte.
2. K APITEL:
R EPRESSION UND V ERRAT
Die Einheit der Vielen – das ist die Losung von Daugazburg, seit Leuchmadan die Finstervölker hier versammelt hat. Doch was für eine Einheit soll das sein, wo die großen Völker die kleinen wie Knechte behandeln?
Der Name unserer Vereinigung bringt die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Grauen Lande dereinst wieder erblühen mögen. Doch die wahre Fruchtbarkeit unseres Landes liegt nicht im Boden, sondern in den Fähigkeiten seiner Völker.
Nur wenn alle Bewohner von Daugazburg geachtet werden, können sie ihre Stärken entwickeln. Und mit der Gesamtheit aller Stärken können die geeinten Finstervölker mehr erreichen als die sogenannten »Freien Völker« in ihren eng gesteckten Grenzen. Leuchmadans Kästchen kann die Grauen Lande wieder grün machen. Doch die Erfüllung von Leuchmadans Versprechen, die Einheit der Vielen in Daugazburg, kann uns ein goldenes Zeitalter bescheren!
W ITO , DER G NOM ,
R EDE IN DER G NOMENPARTEI DER »G RÜNEN L ANDE «
Am späten Nachmittag wurde Frafa von einem hässlichen Geräusch gleich bei ihrem Kopf geweckt. Sie schlug die Augen auf und erblickte Balgir. Das Taschentier hatte zu ihr zurückgefunden. Es stand auf den Hinterbeinen am Bett, stützte die Vorderbeine auf die Kante und würgte einen Klumpen rohes Fleisch auf ihr Kissen.
Frafa fuhr hoch und kreischte.
Sie packte Balgir am Nacken und trug ihn am ausgestreckten Arm in den entferntesten Winkel ihres kleinen Zimmers. Der lange Schwanz des Tieres schleifte über den Boden, bis Frafa es fallen ließ.
»Du widerliche Echse«, schimpfte sie. »Verstehst du mich? Du bist ekelhaft!«
Sie hatte das Gefühl, dass Balgir sie mit seinem starren Maul angrinste. Das Taschentier rollte sich auf dem Boden zusammen. Flecken und tiefe Schrammen zeichneten seine Flanken.
Frafa ging
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