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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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zum Bett zurück und schaute auf das Kissen. Der Klumpen dort sah aus wie eine halb verdaute menschliche Nase.
    Frafa schlug die Hand vor den Mund und würgte nun ihrerseits. Sie wandte sich ab, stürmte zur Tür und schrie nach den Dienern. Dann wurde ihr bewusst, dass sie nicht angekleidet war. Sie schlug die Tür wieder zu, schob einen Stuhl davor und sah sich nach einem Kleid um. Schon klopfte es, und aus dem Klopfen wurde bald ein aufgeregtes Rütteln.
    Frafa schlüpfte eilig in die Sachen von letzter Nacht, während sich draußen auf dem Flur schon die Wachen sammelten und das Schlimmste annahmen.
    »Herrin, Herrin?«, rief eine aufgeregte Stimme. »Alles in Ordnung?«
    »Ich komme«, rief Frafa. »Nicht die Tür einschlagen!«
    Sie riss den Stuhl wieder weg, öffnete die Tür und sah sich einer ganzen Schar Hauspersonal gegenüber: drei menschlichen Dienern, einem Hausgnom, zwei Goblinwachen und einem wachhabenden Vampir. Das Blut schoss ihr so heftig in die Wangen, dass ihr Gesicht bestimmt ganz grün aussah. So würdevoll wie möglich stand sie da und schickte die Wachen fort. Nur eine Dienerin behielt sie bei sich. Frafa trug ihr auf, das Bett neu zu beziehen und ein neues Kissen zu bringen.
    Die Dienerin eilte davon, um Wäsche zu holen. Den Fleischklumpen nahm sie mit. Frafa packte das alte Kissen am äußersten Zipfel und warf es auf die Echse. Sollte das ekelhafte Vieh sich doch in Zukunft auf den Polstern suhlen, die es selbst besudelt hatte!
    Frafa blickte an sich hinunter. Sie hatte das Kleid gestern so verdreht auf den Boden geworfen, dass sie es in der Eile mit der Innenseite nach außen angezogen hatte. Vor Scham standen ihr die Tränen in den Augen. All das Personal hatte sie angestarrt!
    Sie blickte zum Fenster und blinzelte. Es war noch so früh am Nachmittag und viel zu hell! Aber nach dieser Aufregung konnte sie unmöglich wieder einschlafen. Sie trat in das Treppenhaus. Vielleicht konnte die Köchin ja einen Xotocl bereiten und ihr den Tag nach dem unangenehmen Anfang ein wenig versüßen.
    Sie setzte den Fuß auf die Treppe, da hörte sie eine Stimme.
    »Frafa?«
    Sie fuhr herum. Ein Nachtalb stand vor ihr, in einem düsteren Gewand, dessen schwere Falten bis zum Boden reichten. Aldungan. Der Meister verließ sonst nie seine Studierstube! Weshalb kam er ausgerechnet jetzt die Treppe herab?
    Tausend Gedanken schossen Frafa durch den Kopf, und einer davon war, dass sie in der letzten Nacht den Zollmarkt ganz vergessen hatte. Sie hatte mit Bleidan Xotocl getrunken. Dann waren einige seiner Freunde dazugekommen, darunter auch junge Nachtalben, kaum älter als sie. Sie hatte mit Litiz gesprochen, der grünhaarigen Wirtin der Trinkstube, und war schließlich mit den anderen weitergezogen. Sie hatte viele faszinierende Orte kennengelernt, die sie in Daugazburg nicht einmal vermutet hätte. Es war schon Morgen gewesen, als sie wieder hier angekommen war.
    »Was hast du mit deinem Kopf gemacht?«, fragte Aldungan. Die Stimme des alten Nachtalbs klang verwundert. Er trat näher, streckte die Hand aus und strich Frafa über das Haar.
    »Äh«, stammelte Frafa und fasste selbst nach den Strähnen. Sie waren silberblau und schimmerten zwischen den Fingern im Kontrast zu der olivgrünen Haut. Gestern Nacht hatte diese Farbe ihr gefallen. Sie gefiel ihr immer noch, aber in Aldungans Gegenwart kam es ihr mit einem Mal falsch vor.
    »Hm. Hm«, murmelte Aldungan. »Metalle. Essenzen. Das ist keine natürliche Färbung und auch nichts Magisches. Nur eine einfache Verunreinigung.«
    Frafa fühlte, wie feiner Staub über ihr Gesicht rieselte, die Ahnung eines silberblauen Funkelns trieb in der Luft. Die Strähne, die sie hielt, färbte sich wieder schwarz. In feinen Schuppen fiel die Farbe ab, die sie in der letzten Nacht gekauft hatte. Der Meister hatte sie mit seiner Magie aus ihren Haaren gezogen.
    »Ich weiß wirklich nicht, was für Experimente ihr jungen Leute heutzutage treibt, um euer Geschick zu üben«, sagte Aldungan tadelnd. Sein Blick ging abwesend über sie hinweg. »Zum Glück ließ sich dieses Zeug leicht herauslösen. Ein Unfall?«
    »Äh …« Frafa schüttelte kaum merklich den Kopf.
    »Ich hatte dich für Besorgungen ausgeschickt …«, murmelte Aldungan. Er senkte den Blick und sah sie an.
    »Äh …«, stammelte Frafa wieder. »Der Drauzwinkel … war so voll … wegen der Hinrichtung.« Konnte sie Aldungan verraten, dass sie mit Bleidan unterwegs gewesen war? Nein, auf keinen Fall würde

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