Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
hinfällig.«
Er arbeitete wie abwesend weiter. »Du kannst mir helfen, die Tiere wieder einzufangen. Die Goblins haben viele erschlagen, aber ich höre und sehe und spüre noch viele von den flinkeren hier im Gebäude. Pass auf, einige sind gefährlich.«
»Ich weiß«, sagte Frafa. Zögernd ging sie ihm zur Hand. »Ich war hier, als es passierte. Ich habe auf deine Tiere aufgepasst, während du fort warst …« Sie vollführte eine hilflose Geste durch den Raum, und es kam ihr alles so sinnlos vor. »Glaura hat einen Vogel genommen, um sich seine Schwingen zu borgen, aber ich musste mich an einem Seil aus dem Fenster hinunterlassen.«
Nach und nach erzählte sie Bleidan alles, was geschehen war. Sie berichtete, wie sie in der verwüsteten Xotoc-Stube Unterschlupf gefunden hatte, und schließlich, zögernd und ganz am Ende, schilderte sie auch noch, wie es ihr bei ihrer Mutter ergangen war.
»Hm«, sagte Bleidan. »Erstaunlich. Ich dachte immer, Daugrula wäre diejenige gewesen, die ihre jüngere Schwester verachtet hat. Sie hat ihr vorgeworfen, Menschenblut in den Adern zu haben – so viele Muskeln wie ein Mensch, so viel Magie wie ein Zwerg, das hat Daugrula über Swankar gesagt. Man darf sich wohl nicht wundern, wenn man von der anderen Seite nichts Besseres zu hören bekommt.«
»Daugrula hat meine Mutter vor aller Ohren verspottet?« Frafa war entsetzt. Womöglich hätte ihr das Genugtuung bereiten sollen, nach allem, was sie selbst sich von ihrer Mutter hatte anhören müssen. Dennoch fühlte sie sich nun von beiden Seiten gekränkt … Aber vielleicht war das auch der Grund gewesen, weshalb Daugrula sie nicht im Palast behalten und selbst ausgebildet hatte: weil sie das Kind ebenso verachtet hatte wie die Mutter.
Bleidan fegte kleinere Splitter mit einem Brett zusammen. »Daugrula war Aldungans Meisterschülerin, lange bevor ich in diese Stellung aufgestiegen bin«, sagte er. »Sie war oft zu Gast und sprach freimütig. Vor allem, als sie dich in Aldungans Obhut brachte, war deine Mutter natürlich Gesprächsstoff. Mach dir keine Gedanken darüber. Ein dummer Zwist unter Schwestern. Er betrifft dich nicht.«
Frafa sah das anders. Immerhin hatte Swankar ihr vorgehalten, dass Frafas Blut ebenso unrein war wie das von Daugrula. »Stimmt es denn?«, fragte sie. »Ich meine, dass wir Elfenblut in unseren Adern haben? Wir alle, die wir mit unserer Magie die Mächte der Natur beherrschen können?« Sie glaubte sich zu erinnern, dass selbst Bleidan etwas Ähnliches erzählt hatte.
Bleidan lachte leise und trocken. »Wer weiß? Womöglich haben alle Alben Elfenblut in den Adern. Vielleicht aber auch nicht. Wen kümmert es? Jeder von uns ist, was er ist. Nur das zählt. Genau wie deine Mutter nicht gleich zum Vampir wird, nur weil der Weg einer Kriegerin ihr mehr liegt als der des Magiers.«
»Meine Mutter hat sich mit Menschen eingelassen und Vampirkinder zur Welt gebracht«, sagte Frafa. »Treue Knechte, die für sie kämpfen. Ich habe gesehen, wie sie in ihrem eigenen Haus mit einem Vampir das Fechten geübt hat. Ich habe einen Vampir als Halbbruder, fürchte ich!«
Sie hörte ein leises Klatschen hinter sich. Eine spöttische Stimme sagte: »Oh, eine rührende Familiengeschichte. Welch bittere Tragik. Fast möchte man meinen, die Alben hätten einen Winkel in ihrem Herzen bewahrt, der nicht mit Magie und dem Wunsch nach Macht ausgefüllt ist.«
Frafa wirbelte herum. Ein Gnom stand grinsend hinter ihr, bewaffnet mit den schimmernden Knochenwaffen, die man seit Kurzem bei den Spähertrupps sah, und bekleidet mit einer abgenutzten Lederweste.
»Was … Aber wie …«, stotterte Frafa.
»Darf ich vorstellen«, sagte Bleidan müde. »Darnamur, der ›Protektor‹ von Daugazburg. Ich hätte nicht erwartet, dass Ihr unser Haus heute noch mit Eurem Besuch beehrt«, fügte er an den Gnom gewandt hinzu.
»Aber wo kommt er her?«, fragte Frafa fassungslos. »Ein Gnom kann sich nicht unbemerkt an einen Nachtalb anschleichen!«
»Jetzt schon«, sagte Bleidan. »Ich habe ihm eine alchemistische Substanz gemischt, welche die magische Aura eines verkleinerten Gnoms vor den Sinnen der Alben verbirgt. Eine ›vertrauensbildende Maßnahme‹. Obwohl es nicht unbedingt für Vertrauen sorgt, sich an arglose Personen heranzuschleichen und ihre privaten Gespräche zu belauschen.« Er schaute Darnamur an.
Der zuckte die Achseln. »Ich hatte dir gesagt, ich würde das Mittel erproben, Bleidan.«
»Aber die Gnome werden
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