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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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Maul einen Spaltbreit und züngelte. Frafa trat vor den Schreibtisch, und Darnamur wies auf die Pergamentbögen, die vor ihm lagen.
    Eine große Zeichnung zeigte eine Kuppel auf einem Mauerrund. Erst auf den zweiten Blick erkannte man vor dem bogenförmigen Eingang eine breite Freitreppe mit Gestalten darauf und einen Kranz von Bäumen rings um das Bauwerk. Dieser Maßstab verriet die gewaltigen Ausmaße des Gebäudes, das jeden Turm von Daugazburg weit überragen würde. Die Außenwand war so dick, dass der Eingang wie ein Tunnel in der Finsternis verschwand.
    Darnamur schlug den Pergamentbogen um und zeigte einen weiteren, der darunterlag. Darauf war eine runde, säulengetragene Halle abgebildet. Lichtstrahlen stachen wie Lanzen durch Fensteröffnungen ganz oben unter der Decke. Im Vordergrund sah man zwei steinerne Gestalten auf Sockeln stehen: eine Nachtalbe und eine Gnomin.
    »Deine Tante und ich, wir haben uns gut verstanden«, sagte Darnamur. »Ich wollte ihr ein Denkmal errichten lassen, in der Halle der Helden. Gleich hinter dem Eingang.«
    »Die Halle der Helden?« Frafa beugte sich neugierig vor und studierte das Bild. »Und warum ist die Gnomin ebenso groß wie die Albe?«
    »Es sind Gedenksteine«, sagte Darnamur. »Und wir gedenken nicht der Körpergröße, sondern der Taten. Daugrula und Skerna. Sie starben, als wir Leuchmadans Kästchen zurückbrachten und die Grauen Lande retteten.«
    Darnamur seufzte. Er wies auf die Pergamente. »Und die Halle der Helden siehst du hier. Das sind die Skizzen des Baumeisters, den ich beauftragt habe. Sollte man glauben, dass ein kleiner Kobold so zyklopenhafte Gedanken in seinem Kopfe ausbrütet?
    Die Halle wird auf dem heutigen Drauzwinkel stehen. In dem Saal gedenken wir der Helden, die den Wandel brachten; in der Kuppel darüber tagt der Hohe Rat. Wer diese Halle betritt, wird auf einen Blick sehen, dass die Völker von Daugazburg zusammenarbeiten und dass keiner mehr zählt als der andere, wie unterschiedlich der Körperbau auch sein mag. Du siehst, ich habe deine Tante nicht vergessen. Sie wird ihren Platz im zukünftigen Daugazburg erhalten.«
    Frafa richtete sich auf und warf den Kopf zurück. »Warum erzählst du … erzählt Ihr mir das?«, fragte sie. »Was habe ich mit meiner Tante zu schaffen? Ihr meintet doch, Ihr hättet einen Platz für mich !«
    Darnamur grinste und rutschte von seinem Stuhl. »So gefällt mir das. Eine Nachtalbe, in der Tat. Dann komm mit, ich will dir deinen Platz zeigen.«
    Frafa hatte einen Kloß im Hals. Sie war überzeugt davon, dass überall im Zimmer unsichtbare Gnome versteckt waren, die jederzeit hervorspringen und sie niederstrecken konnten, mit einem tückischen Messerstich in den Rücken, mit einem Armbrustbolzen ins Herz …
    Sie schluckte und versuchte, sich zusammenzunehmen. Frafa wusste nicht, wie sie diesem Gnom gegenübertreten sollte. Er war nur ein Gnom, aber mit einem eigentümlichen Titel: Protektor! Und ohne Zweifel besaß er die Macht, alle Goblins von Daugazburg über die Nachtalben herfallen zu lassen. Sie hatte sich hierher gewagt, sie versuchte ihr Bestes, aber ganz gewiss wagte sie das alles nicht, um sich jetzt Geschichten von ihrer Tante erzählen zu lassen!
    Darnamur ging voraus. Frafa drückte Balgir fester und schaute sich verstohlen um. Anscheinend nahm der Gnom ihr den Ausbruch nicht übel, denn nichts geschah. Er schloss die rückwärtige Tür des Kontors auf, und sie gelangten in einen weiteren, größeren Raum.
    Hier sah Frafa ein Podest mit einem goldplattierten Thron. Fledermausschwingen zierten die Lehne. Edelsteine waren kunstvoll eingearbeitet, wo ihr Funkeln die Schnitzereien am besten zur Geltung brachte. Das ganze Zimmer war mit weichen Teppichen ausgelegt. Wandmalereien zeigten eine fantastische Landschaft mit bizarren Pflanzen in Rot und Violett und mit Feien und Nachtalben, die darin lustwandelten.
    Es war ein weiterer Thronsaal der Fei, ihr Arbeitszimmer, zu dem die Kanzlei das Vorzimmer darstellte. Frafa hatte bereits gehört, dass die Gnome den Turm der Fei geräumt und verriegelt hatten, ebenso wie den Gebäudeflügel, der daran grenzte. Der Protektor hatte seinen Sitz im Zimmer des Kanzlers. Alles dahinter war sein eigenes, sein geheimes Reich geworden. Und er hatte aus dem Arbeitszimmer der Fei eine Abstellkammer gemacht, wie Frafa nun erkannte.
    Vor dem Thron stand ein reich verziertes Stehpult. Aber das Pult und der Boden darum herum waren mit Schriftrollen bedeckt. Weitere

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