Der Tag der Rache. Private Berlin
drehte ihn und öffnete die Tür.
1 3
Das Ledersofa und die Sessel waren umgekippt und aufgeschlitzt, die Füllung war herausgerissen worden. Bücher pflasterten den Boden. Schränke standen offen, der Inhalt lag in der ganzen Wohnung verteilt, und der Müll in der Küche stank bereits. Irgendwo miaute eine Katze.
»S okrates?«, rief Mattie und trat ein. »K omm her.«
»D as ist jetzt ein Tatort«, warnte Tom sie. »W ir können nicht reingehen.«
»D as ist eine durchwühlte Wohnung«, schoss sie zurück. »L ass uns nachsehen, ob was fehlt.«
Mattie blieb stehen und zog sich dieselben Latexhandschuhe an, die sie bereits im Schlachthaus getragen hatte. Die Katze hörte auf zu miauen.
Tom zog eine Grimasse, folgte Mattie aber auf dem Fuß.
Vorsichtig ging sie durch das Chaos hindurch. Auch Glasscherben von den gerahmten Fotos lagen herum. Auf mehreren Bildern waren Chris und Mattie zu sehen, die Arme umeinandergelegt. Sie lächelten, als wären sie das glücklichste Paar der Welt.
Mit ihrer Beziehung hatten sie ja ganz schön Schiffbruch erlitten. Warum nur?
Und wie war das hier passiert? Der Chip. Der Einbruch ins Rechnernetz. Und jetzt die durchwühlte Wohnung. Warum? In welcher Sache hatte Chris gerade ermittelt?
Mattie erreichte die Nische, in der Chris oft saß, wenn er zu Hause arbeitete. Sie erblickte den zertrümmerten Laptop auf dem Boden, ging in die Hocke und schob mit einem Kugelschreiber die Teile auseinander. Sie merkte nicht, dass Tom nach einem Foto mit Chris und einem Jungen griff.
»M attie, ist das…?«, begann Tom.
»S cheiße!«, rief Mattie. »S eine Festplatte wurde geklaut!«
»G ut, wir wissen also, worauf sie es abgesehen hatten«, schlussfolgerte Tom und legte das Bild zur Seite. »W ir räumen das Feld und rufen die Polizei.«
Mattie erhob sich und drückte sich an ihm vorbei. »I ch muss seine Katze suchen. Geh du schon runter zum Wagen.«
Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern ging den Flur entlang und an der Küche vorbei, wo schmutziges Geschirr und leere Schachteln vom Thailänder zu dem Gestank beitrugen. Durch den Mund weiteratmend, betrat sie das Schlafzimmer.
Hier war alles leuchtend weiß: die Wände, die Tagesdecke, die Vorhänge, die sich vor dem offenen bodentiefen Fenster mit Blick zum Innenhof im Wind bauschten. Der Teppich vor dem Fenster hatte sich mit Regenwasser vollgesaugt.
Neben dem Bett stand ein voller Papierkorb, einer der wenigen Behälter in der Wohnung, die nicht umgekippt worden waren. Ganz oben lagen mehrere zerknüllte Blätter. Mattie griff sich eins, als sie ein Miauen hörte. Sie drehte sich um– Sokrates, Chris’ grau-schwarz getigerter Kater, kam aus dem Badezimmer. Mattie trat einen Schritt auf ihn zu und grinste. »D a bist du ja.«
Dann entdeckte sie die Abdrücke von Schuhen auf dem nassen Teppich. Diesen folgte sie mit dem Blick zu einer Schranktür gleich rechts von ihr, schob das zerknüllte Papier in ihre Jackentasche und wollte schon nach ihrer Pistole greifen. »B raver Sokrates. Hast du Hunger?«
In dem Moment schien die Schranktür zu explodieren.
1 4
Ein stämmiger Mann in schwarzer Lederkombi, das Gesicht unter einem Helm versteckt, rammte Mattie von links. Als sie neben Sokrates auf den Teppich knallte, wollte der Mann ihr einen Tritt in den Bauch verpassen, doch sie sah den Fuß auf sich zukommen und zog die Beine an. Der Schuh traf nur ihren Schenkel.
In zwei Schritten war der Kerl am Fenster und sprang hinaus.
Mattie erhob sich und zog ihre Pistole, während unten bereits das Motorrad aufheulte. Als sie das Fenster erreichte, legte er den Gang ein. Gras wirbelte auf dem Weg zum Durchgang auf.
Ohne nachzudenken sprang Mattie hinterher, landete auf dem nassen, frisch bepflanzten Beet und rollte wie ein Fallschirmspringer zur Seite. Krauss, der Hausmeister, rannte mit erschrockenem Gesicht von der gegenüberliegenden Seite auf den Hof.
»M attie!«, rief er.
Sie hatte keine Zeit für Erklärungen. Der Motorradfahrer drohte ihr durch die Lappen zu gehen. Sie rannte auf die Straße, kam jedoch zu spät. Sie sah ihn zwar noch, aber ein Nummernschild konnte sie nicht mehr erkennen.
»S cheiße!«, rief sie.
Der BMW blieb mit quietschenden Reifen neben ihr stehen. Tom saß am Steuer. »S teig ein«, rief er ihr zu.
Kaum saß sie auf dem Beifahrersitz, jagten sie dem Motorrad hinterher, das bremste und Richtung Süden auf die Englische Straße bog.
Als sie die Kreuzung erreichten, bog das Motorrad bereits
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