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Der Tag der Rache. Private Berlin

Der Tag der Rache. Private Berlin

Titel: Der Tag der Rache. Private Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson , Mark Sullivan
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Tom lobte die Maultaschen, von denen er die letzte gerade aus der Schüssel pikste, in den höchsten Tönen. Ilona hatte nur eine gegessen, stimmte aber in Toms Lob mit ein, was sich Tante Cäcilia gerne gefallen ließ.
    »W enn du mir eine Decke und ein Kissen gibst, werde ich heute Nacht auf dem Sofa schlafen«, sagte Tom zu Mattie, nachdem der Tisch abgeräumt war.
    Mattie runzelte die Stirn. »D as ist nicht…«
    »D och, das ist nötig«, unterbrach Tom sie. »S ie ist eine der letzten beiden.«
    »D ie letzten beiden von was?«, fragte Niklas.
    Ilona machte ein entsetztes Gesicht. Sokrates sprang von ihrem Schoß.
    »E ine der letzten beiden wirklich netten Frauen, die wir kennen«, antwortete Mattie rasch, verärgert über Toms Bemerkung. »J etzt aber ab ins Bett. Ich bin in einer Minute bei dir, um dir Gute Nacht zu sagen.«

9 1
    Mattie unterdrückte ihren Ärger, bis Tante Cäcilia das Zimmer verlassen hatte, um Ilona Frei zu zeigen, wo sie schlafen könnte, und bis Niklas die Tür zu seinem Zimmer geschlossen hatte. Dann verschränkte sie die Arme und drehte sich zu Tom. »I ch versuche, Niklas so gut es geht vor dem abzuschirmen, was ich tue. Ich möchte ihm nicht all die Mordfälle erklären. Sie würden ihm Angst machen. Er ist erst neun.«
    »D u meinst, weil ich gesagt habe, Ilona sei eine der beiden Letzten, die noch übrig sind?«, fragte er niedergeschlagen.
    Mattie nickte. »E r ist weit für sein Alter, aber auch sehr sensibel.«
    »E s tut mir leid, wirklich«, entschuldigte sich Tom mit ernster Stimme. »E s wird nicht wieder vorkommen.« Er schwieg einen Moment. »I rgendwie machst du die Sache mit ihm gut.«
    Matties Gesichtsausdruck wurde weicher. »D anke, Tom. Es ist nett, dass du das sagst.«
    Er zögerte. »G ibt es einen Papa?«
    Sie wusste nicht, ob sie darauf antworten wollte. »N ein«, sagte sie schließlich. »N iklas’ Vater war eine Inkonsequenz in meinem Leben, eine unüberlegte Beziehung, aus der das Wunder entstand, das mein Sohn ist. Er wollte an diesem Wunder nicht teilhaben, und wenn ich ehrlich bin, wollte ich ihn auch nicht daran teilhaben lassen.«
    »D ann hast du ihn alleine aufgezogen?«, fragte Tom. »D as ist alles in allem beeindruckend.«
    »M eine Mutter hat mir bis zu ihrem Tod geholfen, und Tante Cäcilia tut es immer noch«, erklärte sie mit einem Gefühl der Abwehr. »U nd was heißt ›alles in allem‹?«
    »N a ja, wegen der Arbeit, natürlich. Ich weiß, wie fordernd sie manchmal sein kann.«
    Mattie ließ ihre Schultern sinken. »D u weißt längst nicht alles.«
    »D ann erzähl es mir«, bat Tom.
    Sie betrachtete ihn aufmerksam und überlegte, ob sie ihm ihre Situation erklären sollte oder nicht. Doch Toms mitfühlender Gesichtsausdruck machte ihr die Entscheidung leicht.
    »I ch habe meine Stelle bei der Polizei verloren, weil ich nicht bereit war, Kompromisse einzugehen, wenn es um Niklas ging«, begann Mattie. »I ch will dich nicht mit Einzelheiten langweilen, aber weil ich einmal, als Niklas furchtbar krank war, zu Hause blieb, statt nach einem Mord am Tatort zu erscheinen, wurde ich in die Presseabteilung versetzt und durfte nicht mehr ermitteln. Ich habe meine Dienststelle verklagt und verloren.«
    Toms Augenbrauen hoben sich. »W ar es das, was Dietrich meinte, als er sagte, dein Ruf eile dir voraus?«
    Mattie bekam rote Wangen. »J a, ich vermute. Und apropos Hauptkommissar Dietrich, ich glaube, es ist Zeit, ihm zu erzählen, was heute passiert ist.«
    Tante Cäcilia kam mit einer Decke und einem Kissen zurück. »S ind Sie sicher, dass Ihnen das Sofa reicht? Ihre Beine werden überhängen.«
    Tom grinste und nahm ihr die Sachen ab. »I ch kann überall schlafen.«
    »G ute Nacht, Tom«, sagte Mattie. »U nd danke, dass du bleibst.«
    »E s ist am besten so.«

92
    Der fast volle Mond ergoss sein blasses Licht durch eine Wolkenlücke über den Treptower Park und ließ dunkle Schatten hinter den Statuen der knienden russischen Soldaten entstehen.
    Hauptkommissar Dietrich saß mit krummem Rücken auf der Steintreppe zwischen diesen Schatten, in der Hand eine Wodkaflasche, und starrte benommen über die Gräber von Stalins Männern auf die Silhouette des großen sowjetischen Kriegers, der das deutsche Kind auf den Armen hielt.
    Dietrich erinnerte sich, wie sein Vater ihn, als er sechs oder sieben Jahre alt gewesen war, genau zu diesen Stufen mitgenommen hatte, kurz nachdem seine Mutter an einer Lungenentzündung gestorben war. Hier hatte

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