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Der Tag der roten Nase

Der Tag der roten Nase

Titel: Der Tag der roten Nase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikko Rimminen
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Polizist.
    Die letzten Worte sprach ein fassartiger Mann, der sich dunkelrot geweint hatte. Er stützte Arja, die vor Trauer kaum mehr wahrzunehmen war, und einen Jungen im Teenageralter, und er sah aus, als wollte er in dem Moment am allerwenigsten Polizist sein, oder genau genommen natürlich am wenigsten ein Vater, der gerade seinen Sohn beerdigt hatte, aber offenbar meinte er, selbst in seiner Trauer noch seinem Beruf verpflichtetzu sein, ich weiß es nicht, vielleicht muss ein Polizist einfach Polizist sein, ganz gleich, wo er ist und unter welchen Umständen, so ist es jedenfalls im Fernsehen, jedenfalls sah ich zwischen den Wacholdernadeln hindurch, wie er sich von seiner verbliebenen Familie löste, der Mann, und sich beängstigend und aktionsbereit vergrößerte, und alle anderen Leute um ihn herum, unter ihnen auch Irja, wie ich noch registrieren konnte, wichen zurück, jeder, wie es seine Fähigkeiten erlaubten, als stünde eine Attacke bevor.
    »Ach Gott, ach Gott«, hörte ich Irja noch flüstern, bevor ich etwas unternehmen musste.
    Irjas Tochter forderte sie nun schon ziemlich laut auf, endlich weiterzugehen, und ich merkte, dass ich mich sozusagen darauf vorbereitete, dass mich der große Polizist gleich ansprang und in Handschellen legte oder etwas in der Art. Ich musste ihn loslassen, den Baum. Ich rannte los, das ging an sich ganz einfach, bloß von Richtung und Ziel hatte ich erst mal keine Vorstellung, weil in meinem Kopf einzig und allein der Drang tobte, all dem zu entkommen, und zuerst wäre ich fast direkt in das klaffende Grab galoppiert und hätte dabei einen erschrockenen Totengräber, der bestimmt um die Hälfte größer war als ich, umgerissen, aber ich schaffte es dann doch mit Ach und Krach, die Grube zu umgehen und zwischen einer anderen Grabsteinreihe auf den nächsten Weg zu gelangen. Beim Rennen stieß ich dermaßen viele schöne Blumengestecke und Kränze und tränende Kerzen um, dass ich, wäre ich in meiner Panik eines Gedankens fähig gewesen, wohl am ehesten so etwas gedacht hätte wie: Wenn es dort oben einen Gott gibt, komme ich nach einem solchen Tanz auf den Gräbern nicht ungestraft davon.
    Dem Himmel oder einer sonstigen höheren Instanz sei Dank trampelte ich wenigstens nicht über einen trauernden Menschen, der sich über ein Grab beugte, hinweg, stattdessen erreichte ich bald einen anderen Weg und rannte, was die Beine hergaben, und das ging jetzt schneller, weil mir beim Lospreschen der Rocksaum gerissen war, was den Schritten mehr Raum gab. Einmal wagte ich es, mich umzublicken, das war ein Fehler, ein schmerzhafter Fehler, denn ich registrierte lediglich, dass das, was ich hinter mir ließ, noch wesentlich näher war, als ich gedacht hatte, alle, das offene Grab und der noch immer verdutzt an dessen Rand stehende Totengräber und die Menschenschar ganz in der Nähe, kaum dreißig Meter entfernt; und es verschaffte mir auch kein bisschen Erleichterung, als Nächstes zu begreifen, dass mir jemand hinterherrannte, eine dunkle Gestalt, von der natürlich auf den ersten Blick schwer zu sagen war, welche Person unter der schwarzen Bekleidung steckte, aber sie kam jedenfalls schnell hinter mir her, so schnell, dass sie mir jeden Moment im Nacken sitzen würde.
    Es wäre sicher vernünftig gewesen, stehen zu bleiben und die Angelegenheit sozusagen aufzuklären, aber da in dem für die Beinbewegung zuständigen Teil des Kopfes der Fluchtbefehl nun einmal erteilt war, hielten sie einfach nicht mehr an, die Beine. Und sie waren erst recht nicht mehr zum Anhalten fähig, als ich denselben Fehler ein zweites Mal machte und mich erneut umdrehte und zunächst zu meiner sehr, sehr kurzen Erleichterung feststellte, dass der Polizist lediglich an seinem Handy herumfummelte, dann aber, dass die Person, die mir hinterherrannte und den Abstand schon bestimmt um die Hälfte verringert hatte, ja also, dass es sich dabei natürlich um die schreckliche Hätilä-Frau handelte. Außerdem nahmich noch Irja und ihr weißes, unter dem schwarzen Pillbox-Hut hervorscheinendes Gesicht wahr: Es wirkte erschrocken, traurig, gespannt und – zu allem Elend – irgendwie ziemlich enttäuscht, und das löste in mir ein fast lähmend jämmerliches Gefühl aus.
    Aber so gern ich mich am liebsten unter einem x-beliebigen Vorwand auf die Erde geworfen hätte, um zu wehklagen und alles zu erklären – ich musste weiterlaufen. Aus einem Baum stob ein großer Schwarm rundlicher kleiner Vögel auf mich herab,

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