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Der Tag der roten Nase

Der Tag der roten Nase

Titel: Der Tag der roten Nase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikko Rimminen
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nichts anderes übrig, als mit dem Leiern zu pausieren und einen Blick auf die Wüterichin vor der Windschutzscheibe zu werfen. Sie schien etwas zu sagen wie: »Damit wirst du nicht durchkommen«, und durch das Glas hindurch klang ihre Stimme gedämpft und erstickt, ein bisschen so, als wenn in der Nachbarwohnung jemand zornig würde, aber sie sah wirklich böse aus, da biss die Maus keinen Faden ab, wie auch nicht von der Tatsache, dass sie in Wirklichkeit sozusagen in theoretischer Reichweite wütete.
    Dann sprang er doch noch an, der Motor, das Auto, wahrscheinlich beim letztmöglichen Versuch, und brach in lautes, verschnupftes Ansprungsknurren aus.
    Rückwärts löste ich mich aus dem Schatten der großen Autos rechts und links. Für einen Moment sah es so aus, als stünde noch eine handgreifliche Auseinandersetzung mit FrauHätilä in Aussicht, weil sie mich um keinen Preis alleine wegfahren lassen wollte, sondern sich an die Scheibenwischer klammern würde, sich zum Glück aber dann doch nicht zum Beispiel mit dem ganzen Körper auf die Kühlerhaube warf und sich auch nicht an irgendwelchen irrsinnigen Heldentaten versuchte, sondern ziemlich schnell losließ und dann am Rand des Parkplatzes stehen blieb, die schwarze Jacke voller Schnee und Knitter. Es sah aus, als würde sie ein lautes Zischen von sich geben. Ich konnte es nicht länger mitansehen, sondern beförderte das Auto mit Gewende und Gekurble in Richtung Tor.
    Im blendenden Schneelicht kamen mir Menschen entgegen, vermutlich die Leute von vorhin, und sosehr ich in dem Moment vor ihnen allen Angst haben musste, so befürchtete ich doch auch kurz, einen von ihnen blindlings zu überfahren; das wäre an Ironie des Schicksals dann doch enorm über das hinausgegangen, was ein einzelner Mensch hätte ertragen können. Es gelang mir jedoch, mich zwischen den schwarzen, unscharfen Gestalten hindurchzuschlängeln, ohne jemanden zu erkennen oder übel zuzurichten, und nach der Parkplatzausfahrt auf der durch den Kahlschlag halbierten Fichtenallee weiterzufahren, wo das einzige Lebenszeichen in einem irgendwo in der Ferne aufblinkenden, rotgrauen Eichhörnchen bestand, das wie ein Klumpen verdorbenen Fleisches wirkte.
    Auf der verschneiten Straße war nur eine Reifenspur zu sehen, die vermutlich von dem Auto stammte, das mich auf dem Parkplatz um ein Haar über den Haufen gefahren hätte. Als ich am Ende der Allee rechts abbog, bei der so gespenstisch platzierten Fleischräucherei, wäre ich fast von der Straße abgekommen und im Feld gelandet, weil es glatt war, gefährlichglatt für meine Fahrkünste; jedes Mal, wenn ich nur ein bisschen Gas gab, drehten die Räder durch und das Auto fuhr, wohin es wollte. Die letzte Kurve vor der großen Straße musste ich in Kriechgeschwindigkeit nehmen. Zwei kleine Jungen rannten vorbei, deuteten mit den Fingern auf mich und lachten. Unter anderen Umständen hätte auch ich vielleicht gelacht. Ich konnte noch sehen, wie die Jungen hüpfend in der Sonne verschwanden, die tief stand, aber so hell schien, dass die kleinen Schlawiner mit ihr zu verschmelzen schienen.
    An der Kreuzung geriet ich in Panik und in die Sackgasse und tat daraufhin etwas wahnsinnig Dummköpfiges und Unverzeihliches. Ich trat das Gaspedal durch und ließ die Kupplung kommen. Mit einem Schluckaufruck schoss das Auto los. Die anderen, die kleinen Autos und die großen Autos und die viel zu großen donnernden Laster, kamen in fürchterlichem Tempo aus beiden Richtungen, und da konnte ich nicht groß nachdenken, sondern kniff die Augen zu, lenkte energisch nach links und gab noch mehr Gas. Die letzte Maßnahme entfaltete insofern ihre Wirkung, als der Motor ausging. Am liebsten hätte ich laut geschrien, o nein und großer Gott und ein paar Gottlosig- und Ungeheuerlichkeiten hinterher, aber anstatt zu jammern, drehte ich, von irgendeinem Instinkt unterstützt, einfach den Schlüssel im Schloss, und da stürmte es dann weiter voran, das Auto, und wenn mir auch nur ein kleiner Moment zum Nachdenken geblieben wäre, hätte ich den Mechanismus wohl irgendwie verstanden, aber nun konnte ich mich nur darüber freuen, dass etwas passierte. Und so drehte ich den Schlüssel einfach noch einmal und noch einmal und immer weiter, bis das Auto quasi irgendwie schmüggelte, ein anderes Wort für die Kombination von Geräusch und Bewegungwar schwer zu finden, es schmüggelte über die Straße auf die Bushaltestelle zu, die sich dort nun einmal zufällig befand, ich

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