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Der Tag der roten Nase

Der Tag der roten Nase

Titel: Der Tag der roten Nase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikko Rimminen
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mir war das Zeitgefühl inzwischen vollkommen abhandengekommen bei all den taktungleichen Uhren inmitten der peinlichen Situation. Irgendwo rauschte es in einem Rohr. Opa Hätilä tippte nervenaufreibend mit der Pantoffelsohle auf den Fußboden.
    »Sind Sie hinter dem Geld meines Vaters her?«, fragte die fürchterliche Frau dann unvermittelt.
    Stumm sah ich sie an. Sie beugte sich beinah triumphierend über den Tisch. Der Alte hingegen produzierte weiterhin ein Tiefenlächeln und hatte allem Anschein nach nichts mitbekommen. Von draußen war das Gezanke kleiner Jungen zu hören, drinnen überfiel den Kühlschrank ein neuer Kälteschauer, aber dann setzte die Frau ihre Inquisition fort, wahrscheinlich hatte sie irgendwo eine Folterausbildung gemacht, weil sie ihre Frage von eben einfach überging und stattdessen sagte: »Ach ja, was Ihre Fragen betrifft, bestimmt haben Sie die entsprechenden Unterlagen dabei, fangen wir ruhig an.« Einige Zeit verging, bevor ich überhaupt etwas herausbrachte, aber als die Wörter dann kamen, stiegen sie erstaunlich stabil und klar in die Zimmerluft auf; ich sagte, ich sei erfahren genug, um meine Fragen bei Bedarf auswendig zu wissen, fügte allerdings hinzu, ich könne gern auch ein Blatt Papier zur Hand nehmen, falls die Dame dies wünsche. Dann wühlte ich wichtig in meiner Handtasche und erkannte sehr bald, dass sie nichts weiter enthielt als ein paar lächerliche alte, zerknitterte Zettel, die aktuellen Blätter hatte ich allesamt daheim liegen lassen.
    Das einzige Ding in der Tasche, das wenigstens ein bisschen nach Angelegenheitserledigung aussah, war der Kalender, in dem ich dann auch möglichst eilfertig blätterte. Esstand nichts darin. Heftig schlug ich die Seiten des Büchleins hin und her, ein seltsamer, gedämpfter rollender Ton drang mir aus der Kehle, meine Hände fingen an zu zittern. Schließlich hielt ich ganz hinten in der Notizabteilung an und glotzte ohne etwas zu verstehen auf die ziemlich sinnlosen Fragen, die ich irgendwann im Halbschlaf aufgeschrieben und wohl als eine Art Notbehelf vorgesehen hatte. Jetzt allerdings halfen sie nicht im Geringsten.
    Sind Sie in Ihrer Familie der Hauptentscheidungsträger bei Anschaffungen im Bereich der Automobilität?
    Ich blickte vom Kalender auf und war schon kurz davor, über die nahezu vollkommene Unangemessenheit der Frage zu lächeln, da traf mich der düstere Blick der Furcht einflößenden Frau, der binnen vernichtend kurzer Zeit verriet, dass sie mich mindestens für eine Gaunerin, Schwindlerin, Dummköpfin und irgendwie auch für eine Irre hielt. Im Hinblick auf die letztgenannte Bestimmung erwachte in mir sogleich die Befürchtung, ich könne meine Frage versehentlich vor mich hingenuschelt haben, und je länger die lastende Stille anhielt, desto sicherer war ich mir.
    Ich suchte Hilfe bei dem Alten, mit dem es schließlich angenehm und entspannt zugegangen war, trotz seiner Jenseitigkeit und meiner Inkompetenz, aber er taugte kein bisschen zum Retter, er lächelte bloß über irgendeinen unbekannten Faktor und sah aus, als würde er am liebsten lachen, traute sich aber nicht. Ich versuchte aus dem Fenster zu schauen, als wäre nichts. Da ich es aber auch nicht wagte, allzu lange die blöde Kiefer anzustarren, musste ich mich richtig strecken, um von so weit oben bis auf den Erdboden hinunter sehen zu können. Ein kleiner Junge stellte einen roten Plastikeimer aufs Karussellund gab Schwung. Als das Tempo zunahm und der Eimer von seiner Untertasse schoss, reckte der Knirps die Arme und jubelte und hüpfte auf der Stelle und jauchzte dermaßen, dass man es bis hier oben hörte.
    Dann musste ich aber doch in die Welt und an den Tisch zurückkehren und den Blick auf die Furcht einflößende Frau richten.
    »Verschwinde!«, zischte sie.

Ich verschwand, und zwar zügig, murmelte einen von Angst zerknüllten Abschiedsgruß, und bevor ich mich versah, stürmte ich bereits über den Parkplatz, wobei mein offener Mantel im Wind knatterte. Als ich zwischen den Kiefern hindurch in Richtung Bushaltestelle galoppierte, hörte ich eine eisklare Kleinjungenstimme rufen: »Guck mal, Mama, was der Onkel für eine komische Nase hat.«
    Nach ungefähr einem Kilometer schweratmigem Rennen, fähig nur zu dem Gedanken, so weit wie möglich von der grauenvollen Frau wegzumüssen, erreichte ich eine Kreuzung, an der es mir trotz all der gleich aussehenden Häuser und Bäume gelang, meine Position zu bestimmen. Ich ging nach rechts;

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