Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag der roten Nase

Der Tag der roten Nase

Titel: Der Tag der roten Nase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikko Rimminen
Vom Netzwerk:
selbst auf die Nerven, das ewige Mhm, irgendwie war das jetzt eingerissen, obwohl ich gerade diese unfreundliche Abgehacktheit vermeiden wollte. Man verschaffte sich damit natürlich immerhin eine Sekunde Bedenkzeit, mit so einem Mhm, ich wusste bloß nicht, was ich hätte bedenken sollen.Ich fühlte mich nur irgendwie komisch. Dann redete ich aber doch weiter, sagte, man hätte halt gleich das Gefühl, dass sie einem nichts als Sorgen machte, so eine Karre, und dabei wisse ich eigentlich nicht mal, wo ich damit überhaupt hinfahren solle.
    »Auch wieder wahr«, sagte Virtanen zerstreut, stand auf, streckte sich zum Kühlschrank und angelte sich eine hellblaue Dose mit fertiger Gin-Tonic-Mischung aus der Tür. »Das stört doch nicht, oder?«, fragte er kurz, knackste dabei aber schon die Büchse auf, führte sie schlackernd an die aufgesprungenen Lippen und ließ die Flüssigkeit in die Kehle rinnen.
    »Überhaupt nicht«, sagte ich.
    Dann kam plötzlich etwas aus seinem Mund, das wie »glägr« klang, vermutlich versuchte er es anders zu formulieren, hatte aber Flüssigkeit in der Kehle. Er gurgelte eine Zeitlang vor sich hin, fing dann an zu husten und zu keuchen, schaffte es aber schließlich, die Gin-Tonic-Mischung in den Magen zu befördern, und sprach dann schlagartig mit wunder Stimme: »Entschuldigung, ist mir in die falsche Röhre geraten. Das Getränk hier. Was wollte ich sagen, ach ja, hast du eine Erlaubnis?«
    »Hä?«, machte ich. Auf einmal kam es mir vor, als würde mich ein Behördenvertreter arglistig mit unverständlichen Ausdrücken verhören, was natürlich in ziemlich traurigem Widerspruch zu der Tatsache stand, dass ich ja gekommen war, um eine Art Zuflucht zu suchen, bei Virtanen, unter allen Menschen auf der ganzen Welt ausgerechnet bei Virtanen.
    »Anwohner!«, juchzte er plötzlich und angesichts seiner ramponierten Erscheinung uncharakteristisch schwungvoll. Er stand noch immer vor dem Kühlschrank und sah auf schwachsinnigeArt begeistert aus. Mein Grauen wurde stärker, ich kapierte immer weniger und wimmerte »Entschuldigung«. Auf Anhieb war schwer zu sagen, ob ich damit wirklich um Entschuldigung bat oder doch eher um ein Aufklärung.
    »Anwohner!«, rief er jedoch erneut. »Anwohnerparken! Anwohnerparkerlaubnis! Schein!«
    »Alles klar«, sagte ich ein bisschen so, als wollte ich einen Durchgedrehten, der ein Gewehr im Anschlag hielt, besänftigen.
    »Anwohnerparkerlaubnisschein!«
    Endlich begriff ich, was er meinte, zumindest teilweise, und auch in Virtanens Hirn schien etwas anzukommen. Vielleicht wurde ihm bewusst, dass er sich ein bisschen übertrieben laut geäußert hatte, wer konnte das wissen, jedenfalls sah er ziemlich schnell so aus, als hätte sich in seinem Inneren eine Feder gelockert, und so fing er dann an zu erklären, sagte, gute Frau du kannst das nicht einfach so da stehen lassen da kriegst du ein Knöllchen, Was für ein Knöllchen, Na ein Knöllchen eben, ein Bußgeld wegen Falschparkens, Aha, Du brauchst einen Erlaubnisschein, Mhm, Einen Anwohnerparkerlaubnisschein, Wo krieg ich so was denn her, Das will ich ja die ganze Zeit sagen ich hab nämlich einen, Ach so, Hier beziehungweise da, Ach so, Weil ich hab nämlich ein Auto, Aha, Das heißt ich hatte eins, Mhm, Jetzt hab ich keins mehr weil es mir weggenommen worden ist, Du Ärmster, Aber den Schein hab ich noch, Den Anwohnerparkerlaubnisschein, Ich hab ihn rechtzeitig rausgenommen weil ich irgendwie schon geahnt hab dass sie kommen werden, Sie, Das heißt er, Das verstehe ich jetzt nicht so ganz, Na der GV, Das verstehe ich jetzt auch wieder nicht so ganz, Na der Gerichtsvollzieher beziehungsweiseeine Vollzieherin war es ja, Aha, Die hat es vor zwei Wochen mitgenommen, So was, Aber der Schein ist noch bis Ende des Jahres gültig, Ach du Ärmster, Nee ich meine du kriegst den Schein, Das ist lieb von dir, Ich kann damit ja nichts anfangen, Stimmt, Der liegt hier irgendwo ich muss bloß ein bisschen suchen.
    Und mochte er seine Suchbereitschaft auch noch so beteuern, er musste doch sitzen bleiben und einen Schluck nehmen, aber nach zehn Sekunden Geschnaufe war er anscheinend doch tatkräftig genug, um aufzustehen und in den Flur zu gehen, um dort zu wühlen und zu rascheln. Ich blieb am Tisch sitzen und nahm die eigenartige Wärme wahr, es bereitete mir gute Laune, dass er mir helfen wollte, und endlich war sie kurz da, zwischen all den bösen Ahnungen, die Zuflucht, nach der ich mich als Gegengewicht zu all

Weitere Kostenlose Bücher