Der Tag der Traeume
mehr so erstrebenswert vor wie früher? Die Antwort lautete, dass sie sich in dieser Stadt heimisch zu fühlen begonnen hatte. Und ihre Beziehung zu Rick nicht beenden mochte. Aber ob es ihr gelingen würde, ein Mal in ihrem Leben ihre Angst vor Zurückweisungen und Verlust zu überwinden, stand auf einem anderen Blatt.
»Eine Wohnung wäre für ihn erträglich, aber nicht empfehlenswert. Ich rate den Leuten immer, sich zu fragen, womit sie ihrem Hund einen Gefallen tun und womit nicht. Dieser Bursche hier wiegt fünfunddreißig Pfund, hat aber Untergewicht. Er wird noch zulegen, wenn er gut ernährt wird, und er braucht viel Freiraum.«
Genau wie seine neue Besitzerin. Zumindest hatte Kendall das bisher gedacht. Jetzt war sie sich da nicht mehr so sicher. Sie war beruflich in eine neue, erfolgreiche Phase eingetreten, ihre Schwester hatte Freunde gefunden und sie selbst gerade einen Hund adoptiert.
»Sehe ich Sie heute Abend bei der Diashow?«, erkundigte sich Dr. Sterling.
»Ich gehe auf jeden Fall hin.«
»Gut. Wenn Sie noch Fragen haben, finden Sie mich dort.« Er grinste, dann öffnete er eine Schublade und zog ein Halsband nebst Leine hervor. »Das dürften Sie auch brauchen. Sie können es mir irgendwann mal wiedergeben. Aber es eilt nicht.«
Kendall nickte benommen. Innerhalb eines einzigen kurzen Tages hatte sie sich stärker an diese kleine Stadt gebunden als je zuvor an einen Ort. Sie wusste nur nicht, ob sie für Yorkshire Falls bereit war – oder Yorkshire Falls für sie.
Rick holte Kendall um halb neun ab. Als er wie üblich an die Tür klopfte, wurde er von wüstem Gebell begrüßt. Noch ehe er sich von seiner Überraschung erholte hatte ging die Tür auf, und Kendall erschien im Rahmen. Sie hielt ein zottiges Fellbündel an der Leine.
»Komm rein, ehe er unbedingt raus will.« Der Hund zerrte an der Leine, und Kendall zog ihn mit einiger Mühe ins Haus zurück.
Rick folgte ihr und schlug die Tür hinter sich zu. »Wo kommt der denn her?« Er hatte die Frage kaum ausgesprochen, als der Hund auch schon einen Satz machte und ihm die Vorderpfoten auf die Brust legte.
Kendall lachte. »Er mag dich. Happy, Platz!« Sie zog den Hund von ihm weg.
»Happy?«
»Sieh dir diesen Wackelschwanz an. Kannst du dir einen besseren Namen für ihn vorstellen?« Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, wie er wirklich heißt. Er trug kein Halsband, als ich ihn gefunden habe.«
Kendall nahm einen streunenden Hund in ein Haus, in dem sie nicht bleiben wollte, und lächelte dabei auch noch zufrieden? In der letzten Zeit musste er wohl zu viel gearbeitet haben, scheinbar litt er unter Halluzinationen. »Du hast ihn gefunden?«, wiederholte er fassungslos.
»Eigentlich hat er mich gefunden. Draußen vor der Tür. Wie dem auch sei, jetzt gehört er wohl mir. Dr. Sterling sagte, er würde sich umhören, aber anscheinend vermisst ihn niemand.« Beim Sprechen kraulte sie geistesabwesend Happys Nacken, was sie wohl schon öfter getan hatte, denn sie fand genau die richtige Stelle, und der Hund wand sich förmlich vor Behagen.
Ganz offensichtlich liebte er diese Streicheleinheiten. »Ich kann’s dir nachfühlen, mein Junge«, murmelte Rick.
»Wie bitte?«
Rick schüttelte nur den Kopf. »Du willst ihn behalten?«, fragte er statt einer Antwort.
»Ja. Dr. Sterling hat mir Futter mitgegeben, und ich hab mir auf dem Rückweg von deiner Mutter einen Korb für ihn geliehen.« Sie verschränkte die Hände hinter dem Rücken, sichtlich zufrieden mit sich.
Auch Happy schien mit ihr zufrieden zu sein, er machte es sich auf ihren nackten Füßen bequem.
»Woher wusstest du, dass meine Mom einen Hundekorb hat?«
»Weil mir Dr. Sterling von deiner Vorliebe für Streuner erzählt hat. Hätte ich auch selbst drauf kommen können. Mich hast du ja schließlich auch aufgelesen.«
Sie grinste, und er hätte sie am liebsten in die Arme genommen und geküsst.
»Wollen wir gehen? Die Show wartet«, fragte sie.
Rick legte ihr eine Hand auf die Stirn. »Übermäßig heiß fühlst du dich gar nicht an.«
Sie zog verwirrt die Brauen zusammen. »Wie meinst du das?«
»Kendall, was soll denn aus dem Hund werden, wenn du hier weggehst?« Er zwang sich, ihr diese Frage zu stellen, obwohl es ihm zutiefst widerstrebte.
Sie sah ihn ernst an. »Ich mag ja impulsiv sein, aber ganz dämlich bin ich nicht. Ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht. Zumindest ein paar.« Sie biss sich auf die Unterlippe.
»Und was ist dabei
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