Der Tag Des Falken
des Drogenkartells waren in Gon-zales Rodriguez Gachez' Büro in der Innenstadt von Medellin zusammengekommen, um die Katastrophe zu besprechen, die über sie hereingebrochen war.
»Du redest von nur fünf Milliarden Dollar, Gachez. Nur fünf Milliarden?
Da kannst du noch dasitzen und grinsen und so tun, als sei nichts gewesen?«
Gachez grinste nicht wirklich, aber er jammerte auch nicht wie dieses fette Schwein Pena. Die Nachricht von Salazars Tod und dem Verlust ihrer drei größten Lieferungen war schlimm, sehr schlimm. Sie hatten schon früher Verluste hinnehmen müssen - aber noch nie so schwere. Trotzdem mußte er darauf achten, nicht vernichtet zu wirken.
Sich Schwäche anmerken zu lassen, wäre bei diesen Männern tödlich gewesen.
»Du jammerst zuviel«, sagte Gachez gelassen. »Du hast weniger Ware verloren als die meisten von uns, Pena. Ich persönlich habe zwei Milliarden Dollar eingebüßt. Escalante«, er nickte einem der anderen Männer zu, »hat fast eine Milliarde verloren.«
»Zum Teufel mit dir, Gachez! Du und deine großartige Bildung!
Viel beigebracht haben sie dir anscheinend nicht.« Penas Stimme wurde vor Erregung lauter. »Im Vergleich zu dir ist mein Verlust vielleicht nicht hoch, aber ich hab' alles verloren. Du kannst die Kokainproduktion wiederaufnehmen und in ein paar Wochen neue Ware auf Lager haben. Ich hab' keine Möglichkeit, meinen Verlust wettzumachen. Und das ist deine Schuld!«
»Ich habe deine Ware nicht verloren«, stellte Gachez richtig.
»Salazar war allzu optimistisch, zu sehr von sich überzeugt... zu geldgierig. Er hat sich eingebildet, die gesamte Border Security Force ausgeschaltet zu haben. Wie wir jetzt wissen, war das eine Illusion, die uns schweres Geld gekostet hat...«
»Was war mit Van Nuys?« fragte Pablo Escalante ruhig. »Du hast ihn bei dir untergebracht. Du hast ihn mit Salazar nach Mexiko geschickt...«
»Van Nuys hatte gute Verbindungen. Van Nuys ist ein wertvoller Mitarbeiter gewesen. Aber ein Verräter beim mexikanischen Zoll hat ihn den Hammerheads ausgeliefert. Ich verspreche euch, daß ich den Zollamtsdirektor persönlich...«
»Dafür ist's zu spät. Der ist längst untergetaucht«, sagte Escalante.
Gachez starrte ihn an. Escalante, der normalerweise freundlich und umgänglich war, hatte sich während dieser Besprechung auffällig zurückgehalten. Er besaß nicht den Rang, der traditionell erforderlich war, um die Leitung des Kartells zu übernehmen, aber er war so reich und mächtig, daß ihm jeder zuhörte, wenn er sprach. Wie oft hatte er mit den anderen gespro chen...?
»Macht nichts, ich spüre ihn überall auf«, behauptete Gachez mit weniger Überzeugungskraft in der Stimme, als er sich gewünscht hätte. »Hört zu, Freunde, es ist sinnlos, sich gegenseitig Vorwürfe zu machen. Bis wir wieder Ware herstellen und versenden können, erhalten alle Mitglieder Entschädigungszahlungen aus unserem reichlich gefüllten Katastrophenfonds. Keiner muß den ganzen Verlust allein tragen. Wir werden Mittel und Wege finden, um die neue Struktur der Border Security Force zu durchbrechen. Ich schlage vor, daß wir zunächst...«
Die Tür des Konferenzraums flog krachend auf. Kolumbia-
nische Polizeibeamte stürmten mit schußbereiten Waffen herein.
Gachez sprang auf, als sie die Kartellmitglieder umzingelten. »Was soll der Scheiß? Ihr seid wohl übergeschnappt?«
Keiner sagte ein Wort. Außer ihm war niemand aufgestanden, hatte keiner protestiert. Tatsächlich schien Gachez von allen Anwesenden der einzige zu sein, für den diese Razzia überraschend kam.
Dann betrat der örtliche Polizeichef den Raum. Gachez sah Escalante an, der seinen Blick mit einem Schulterzucken erwiderte.
»Sie alle sind wegen des Verdachts auf illegalen Drogenhandel festgenommen«, verkündete der Polizeichef. »Falls Sie be-
waffnet sind, fordere ich Sie hiermit auf, ihre Waffen abzuliefern und sich zu ergeben, bevor...«
Gachez konnte nicht länger schweigen. »Sie werden von mir bezahlt.
Ihr alle werdet von mir bezahlt. Ich gebe hier die Befehle!«
Nun stand Escalante langsam auf, und der Polizeichef trat an seine Seite. Gachez verstand, was das bedeutete, ohne es wirklich glauben zu können. »Du?Du, Pablo? Glaubst du, daß sie dir Gefolgschaft leisten? Du hast nicht genug M ut, nicht genug Verstand, um diese Organisation zu führen. Dazu braucht man Energie und die Bereitschaft, sie auch einzusetzen...«
Wie als Antwort griff Escalante in seine
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