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Der Tag des Königs

Der Tag des Königs

Titel: Der Tag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdellah Taïa
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dir, dass ich dich beschütze?«
    Â»Es gefällt mir, ja, es gefällt mir. Beschütze mich, Omar, beschütze mich.«
    Â»Darf ich mal deine Ohren anfassen?«
    Â»Warum? Von mir aus!«
    Â»Ich mag deine kleinen Ohren.«
    Â»Sie werden noch wachsen. Autsch . . . Autsch . . . Du tust mir weh. Du tust mir weh.«
    Â»Gut so.«
    Â»Böser Omar.«
    Â»Ja, ich bin böse. Omar der Böse.«
    Â»Lass mich jetzt an deine ran.«
    Â»Nur zu, Monsieur Khalid. Aber nicht zu doll, sonst mache ich hier einen Skandal inmitten dieser Menschenmenge, die auf Hassan II . wartet. Los, aber sachte.«
    Â»Zart sind sie, deine Ohren. Bist du zart geworden, Omar?«
    Â»Bald werde ich es nicht mehr sein. Jetzt, hier. Sofort.«  
    Â»Warum denn?«
    Â»Ich werde mich rächen. Ich werde Hadda für die Schande rächen, die ihr deine Mutter zugefügt hat, als sie behauptete, sie habe Schmuck gestohlen.«
    Â»Schon wieder Hadda?!«
    Â»Ich werde mich für alles Böse rächen, das du mir antust. Ich werde mich rächen.«
    Â»An mir? Hier? Wann gehen wir zu den Huren von Azemmour?«
    Â»Ich werde mich rächen.«
    Â»Jetzt, sofort? Wenn Hassan II . vorbeigefahren ist?«
    Â»Hast du auch schön gepisst, Omar?«
»Was?«
    Â»Gestern . . . Heute Morgen . . . Hast du auch schön gepisst?«
    Â»Was?«
    Â»Du hast es anscheinend vergessen. Du hast mir schon mal die ganze Geschichte erzählt. Du brauchst dich nicht zu schämen. Dein Vater . . . Das Wunderheilmittel. Auf sich pissen, um Wunden auszukurieren.«
    Â»Das soll ich dir alles erzählt haben . . . dieses Geheimnis? Wann denn?«
    Â»Gleich bei unserer ersten Begegnung. Weißt du wirklich nicht mehr?«
    Â»Nein, Khalid.«
    Â»Nein?«
    Â»Nein.«
    Â»Macht nichts. Wie geht es deiner Verletzung an der Wade? Hast du gestern auch richtig darauf gepisst? Und heute Morgen? Hast du richtig gepisst, wie es dir dein Vater empfohlen hat?«
    Â»Nein . . . Ja . . . Habe ich. Das heißt, nicht wirklich. Aber ich hatte nicht genug Pisse. Ich weiß nicht, ob ich es richtig gemacht habe. Heute Morgen war es genauso, ich habe es nicht geschafft zu pissen, nur ein paar Tropfen.«
    Â»Zeig mir deine Verletzung. Dein Vater hat recht. Pisse ist ein hervorragendes Antiseptikum.«
    Â»Anti. . . was?«
    Â»Um Wunden zu desinfizieren, gibt's nichts Besseres.«
    Â»Danke, Herr Krösus.«
    Â»Hör auf, den Armen zu spielen, und zeig mir deine Verletzung.«
    Â»Knie dich runter und sieh's dir aus der Nähe an. Mach schon.«
    Â»Sieht schlecht aus. Du baust Mist, Omar. Du hättest wirklich regelmäßig auf die Wunde pissen sollen. Jetzt ist sie infiziert. Das Blut ist mit Eiter vermischt.«
    Â»Ist es schlimm, Herr Doktor?«
    Â»Mach keine Witze. Ich meine es ernst. Wir müssen eingreifen. Und zwar sofort.«
    Â»Wie gesagt, ich habe ein Problem, seit gestern kann ich nicht mehr pissen.«
    Â»Wir müssen etwas tun.«
    Â»Was?«
    Â»Keine Ahnung. Soll ich dich anpissen?«
    Â»Gerne, Monsieur Khalid.«
    Â»Ich meine es ernst.«
    Â»Ich auch.«
    Â»Dann komm mit. Weg von dieser grässlichen Menge.« 
    Â»Wo willst du denn hin?«
    Â»Da ist doch ein Wäldchen auf der anderen Straßenseite, stimmt's?«
    Â»Es ist kein Wäldchen.«
    Â»Ich weiß, ich weiß. Da fängt der Mamora-Wald an, der größte Marokkos.«
    Â»Gehen wir.«
    Â»Gehen wir.«
    Â»Pass auf beim Überqueren der Straße, Khalid.«
    Â»Keine Angst. Die Straße ist heute gesperrt, stillgelegt. Keiner darf sie befahren.«
    Â»Umso besser.«
    Â»Komm mit.«
    Â»Geh schon.«
    Â 
    Ein wenig später hatte Khalid im Inneren dieses dunklen Waldes, von dem wir nur ein kleines Stück kannten, eine erstaunliche Idee. Er vergaß sichtlich immer mehr, wer er war und vor allem wer sein Vater war. Der Wald umgab uns, nah, sehr nah, die Menge hatten wir hinter uns gelassen, als wir unsere ernsthafte und zugleich wahnwitzige Unterhaltung wiederaufnahmen. Dieses Mal war ich derjenige, der kaum folgen konnte und der Sache nicht gewachsen war.
    Â 
    Â»Wie wär's, wenn wir für deinen Vater eine Prostituierte finden würden?«
    Â»Heute?«
    Â»Warum nicht?«
    Â»Aber wo, Khalid?«
    Â»Ich habe von

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