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Der Tag des Königs

Der Tag des Königs

Titel: Der Tag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdellah Taïa
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weiß es, aber ich bin mir nicht sicher.«
    Â»Weißt du's, oder weißt du's nicht?«
    Â»Ich weiß es, Khalid, ich weiß es.«
    Â»Also sag.«
    Â»Ich weiß es und habe Angst.«
    Â»Sag schon.«
    Â»Ich kann auch schreien.«
    Â»Zuerst die Antwort.«
    Â»Ich schreie lieber zuerst. Das hilft mir, mich zu entscheiden. Zuerst der Schrei.«
    Â»Die Antwort. Die Antwort zuerst . . .«
    Â»Die Antwort!«
    Â»Sag.«
    Â»Ich komme. Sie kommt. Sie kommt, Khalid . . .«
    Â»Kommt beide zugleich . . . Schnell . . . Omar, schnell.«
    Â»Schnell!«
    Â»Der Monat des Königs! Das ist das Ende. Schnell. Das Ende in fünf Sekunden.«
    Â»Fünf Sekunden!«
    Â»Fünf . . . vier . . . drei . . .«
    Â»Drei.«
    Â»Zwei . . . eins . . .«
    Â»Juni.«
    Â»Falsch.«
    Â»Falsch!«
    Â»Führt ihn ab!«
    Â»Ich kann nichts dafür.«
    Â»Du wirst nie wieder aufwachen. So lautet dein Urteil.« 
    Â»Grässlich, dieses Spiel, Khalid. Du kennst kein Mitleid.«
    Â 
    Wir hatten die Grenzen überschritten. Wir setzten unsere freie, unverfrorene Rede immer weiter fort. Die Menge rings um uns wurde uns gleichgültig. Ihre Stille wie ihre Geräusche betrafen uns nicht mehr. Wir waren ja nicht die Menge. Sie konnte den Taumel nicht verstehen, in dem wir unsere Unabhängigkeit erklärten. Wir entfernten uns von ihr, immer weiter.
    Â 
    Â»Schönes Wetter heute Morgen, Omar.«
    Â»Normal. Am Tag des Königs. Re-Animator läuft immer noch im Kino An-Nasr, schon gewusst?«
    Â»Das ist ein Horrorfilm.«
    Â»Ich glaube. Ein Mann erweckt die Toten zum Leben.« 
    Â»Aber lebt er denn?«
    Â»Weiß ich nicht.«
    Â»Ich habe Angst vor Horrorfilmen.«
    Â»Ich bin ja bei dir, Khalid. Du bist nicht allein, Kindchen.« 
    Â»Mach dich nur lustig über mich, du Hund.«
    Â»Morgen ist Programmwechsel im Kino An-Nasr.«
    Â»Ja und?«
    Â»Wir müssen ihn uns angucken, heute Nachmittag oder nie.«
    Â»Also wenn der Festzug von Hassan II . vorbei ist.«
    Â»Abgemacht?«
    Â»Haben wir bis dahin für alles Zeit? Du weißt, dass wir in der Schule erwartet werden.«
    Â»Du meinst wohl: Du wirst erwartet. Du wirst gefeiert, Khalid. Du wirst der König sein.«
    Â»Freust du dich nicht für mich, Omar?«
    Â»Du hattest es mir nicht gesagt. Ich schämte mich vor den anderen. Ich habe die Neuigkeit im selben Augenblick wie alle anderen erfahren. Ich schämte mich für mich. Warum hast du es mir nicht früher gesagt? Warum?«
    Â»Ich . . . Ich . . . Ich konnte nicht. Ich war nicht sicher. Es war noch nicht sicher, noch nicht offiziell.«
    Â»Ich schämte mich für unsere Freundschaft.«
    Â»Ich schwöre es dir, Omar, ich sage die Wahrheit.«
    Â»Bist du mein Freund? Immer noch mein Freund? Wir haben doch schon alles . . . alles zusammen gemacht . . . sogar gebumst.«
    Â»â€ºSich lieben‹ nennt man das.«
    Â»Ich bin aber nicht so zimperlich wie du.«
    Â»So habe ich das nicht gemeint.«
    Â»Antworte. Antworte, Khalid.«
    Â»Worauf? Auf welche Frage?«
    Â»Stell dich nicht dümmer, als du bist.«
    Â»Okay.«
    Â»Bin ich immer noch dein Freund?«
    Â»Ja. Ja. Mein einziger Freund. Omar, du bist mein einziger Freund. Freust du dich jetzt?«
    Â»Dann kommst du heute Nachmittag mit mir Re-Animator angucken.«
    Â»Na gut, na gut. Nicht weinen.«
    Â»Ich weine nicht.«
    Â»Könnte man aber meinen.«
    Â»Ich habe heute Nacht von dir geträumt. Wieder einmal.«
    Â»Haben wir uns geliebt?«
    Â»Nein, Herr Khalid. Nein. Du hast mich einem Verhör unterzogen.«
    Â»Hoffentlich einem handfesten Verhör.«
    Â»Du hast mich vernommen. Du hast mich gefoltert. Ganz im Ernst.«
    Â»Und du hast geweint, stimmt's?«
    Â»Nein.«
    Â»Dann weinen wir heute Nachmittag . . . alle beide . . . wenn wir deinen Horrorfilm angucken.«
    Â»Auf dem Plakat trägt der Hauptdarsteller eine Brille.«
    Â»Na und?«
    Â»Wie du früher.«
    Â»Komm jetzt, komm. Wir müssen uns beeilen. Hassan II . wird jetzt bald da sein.«
    Â»Quatsch. Das wird noch lange dauern, bis er kommt.«
    Â»Hast du ihn schon mal gesehen, Omar?«
    Â»Schon öfter. Von

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