Der Tag des Königs
einem Dorf gehört, Douar Dbaba.«
»Kenne ich.«
»Schon mal da gewesen?«
»Ja, ja. Lange her. Nicht allein. Aber ohne etwas zu unternehmen. Die Prostituierten waren dort zu alt, zu schmutzig. Sie stanken nach Fusel.«
»Wo ist dieses Dorf, Douar Dbaba?«
»Hinter dem Dorf Al-Karya.«
»Und wo liegt das?«
»Irgendwo an der StraÃe nach Fès.«
»Also an der, die zum Flughafen führt. Das heiÃt die StraÃe, an der wir gerade auf Hassan II . gewartet haben.«â
»Ja, ja.«
»Also befindet sich Douar Dbaba hinter dem Dorf Al-Karya, das irgendwo an dieser StraÃe liegt.«
»Genau, Khalid.«
»Und ist dieses Dorf Al-Karya weit von hier?«
»Nein. Direkt gegenüber vom Flughafen. Ich würde sagen .â.â. dass .â.â.«
»Bist du sicher?«
»So gut wie sicher. Vor nicht allzu langer Zeit war ich dort, um einem Cousin zu helfen, einen Haschisch-Dealer wiederzufinden.«
»Lenke jetzt nicht vom Thema ab.«
»Also eine Nutte für meinen Vater.«
»Also .â.â.«
»Ich bin einverstanden, Khalid.«
»Gehen wir jetzt zu diesem Douar Dbaba? Führst du mich hin?«
»Ganz schön riskant.«
»Warum?«
»Für Leute wie dich, dort. Das ist riskant. Du bist zu sauber, denen fällst du sofort auf. Ich will nicht, dass dir etwas passiert. Die sind ein bisschen gefährlich dort, weiÃt du.«â
»Du bist ja bei mir. Du wirst mich beschützen. Wie immer. Du bist stark. Du wirst dich stark geben.«
»Mit Douar Dbaba ist es nicht so einfach. AuÃer den Prostituierten gibt es die Zuhälter, die Drogendealer. Die Verrückten. Und auch Mörder. Kinderdiebe.«
»Du schaffst es nicht, mir Angst zu machen. Ich will dahin. Ich will es. Hörst du?«
»Bist du sicher, dass wir für meinen Vater eine Prostituierte in diesem Douar Dbaba suchen werden?«
»Ich habe noch nie eine gesehen.«
»Was?«
»In echt, meine ich.«
»Khalid .â.â.«
»Ich will es. Ich will es. Unbedingt.«
»Khalid, hör mal, heute passt es nicht so gut.«
»Warum?«
»Mein Vater ist traurig, zu traurig. Er will keine Prostituierte. Er ist nicht einmal fähig zu gehen. Vor allem will er meine Mutter. Sonst niemanden.«
»Wird deine Mutter wieder zurückkommen?«
»Glaube ich nicht. Dieses Mal ist sie gegangen. Für immer. Von nun an werde ich mein Leben mit meinem Vater zubringen. Allein mit meinem Vater. Und ihn versorgen. Unter Männern. Ich werde die Frau meines Vaters sein.«â
»In dieser Rolle wirst du perfekt sein.«
»Mach damit keine Witze.«
»Bist du traurig? Sei nicht traurig, mein kleiner Omar.«â
»Bin ich ja nicht. Obwohl â ein bisschen schon .â.â.«
»Ach! Nicht doch.«
»Ein bisschen.«
»Vergessen wir also diese Geschichte mit der Prostituierten?«
»Ich habe einen besseren Vorschlag. Einen viel besseren.«
»Und was? Was? Sag. Sag schon.«
»Hast du eine Schere dabei, in deiner kleinen Tasche?«
»Ja.«
»Gleich wirst du sehen, was wir machen.«
»Was? Wann? Wo?«
»Lass uns weiter weggehen von der StraÃe. Erst gehen wir ein wenig weiter in den Wald hinein. Komm .â.â. Komm .â.â. In die Mitte des Waldes. Wir werden frei sein. Frei und nackt.«
»Nackt!«
»Ja, nackt, alle beide. Wie in deinem Zimmer, Khalid.«
»Bist du nicht mehr traurig?«
»Ich bin mit dir zusammen.«
»Ich bin mit dir zusammen.«
Die Stunde der Rache hatte geschlagen. Der Wald war kein Wald mehr. Ich hatte die Angst hinter mir gelassen. Früher oder später musste Khalid dafür bezahlen. Zumindest all dem zuhören, was ich an Gehässigkeiten gegen ihn auf dem Herzen hatte. Gegen seinen Namen. Gegen seine Herkunft. Er und ich, wir waren noch immer Brüder, mehr denn je, aber trotzdem würde der Krieg erklärt und ganz zu Ende geführt werden.
Â
»Wer ist Hassan II .?«
»Hör mal, Omar! Was soll dieser Blödsinn?«
»Ich meine es ernst. Wer ist Hassan II .?«
»Hör auf. Er ist der König. Der KÃNIG . Hör mit dem Quatsch auf.«
»Ich meine: Wer ist er auÃerhalb seines königlichen Amtes?«
»Wer kann das schon wissen?«
»Du, Khalid. Du, du wirst es wissen, denn nächste Woche hast du die
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