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Der Tag mit Tiger - Roman

Der Tag mit Tiger - Roman

Titel: Der Tag mit Tiger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Freundinnen ließen sie sich erst recht nicht beeinflussen. Man fand sie abends recht häufig mit einer Kiste Bier an der Bushaltestelle sitzen und Passanten anpöbeln. Gelegentlich fuhren sie mit Alfs rotem Auto Rallyes durch die schmalen Straßen der Nachbardörfer. Beliebt waren sie bei keinem der Dorfbewohner, aber es gab auch niemanden, der sich bemüßigt gefühlt hätte, ihrem Treiben Einhalt zu gebieten.
    An diesem Spätnachmittag hatten sie sich ebenfalls wieder getroffen und zogen lärmend zu der Brücke über das Bächlein, nicht ohne den stinkenden Mülleimer umgedreht und den Inhalt über den Weg verteilt zu haben.

Bedrohter Schwanz
    Dick wirbelte gelangweilt mit dem langen, pelzigen Schwanz, der an seinem Schlüsselbund befestigt war, und rülpste ausgiebig.
    »Gott, was für ein ödes Kaff! Absolut nichts los hier. Was habt ihr vor?«
    Seine drei Kumpels antworteten mit Schulterzucken.
    »Ich hab ’ne neue DVD. Können wir uns bei dir reinziehen.«
    »Geht nicht, das dämliche Gerät spinnt.«
    »Und bei dir, Alf?«
    »Mein Alter ist heute zu Hause. Der hat schon mittags rumgezofft.«
    Sie diskutierten verschiedene Formen der Belustigung, doch keine fand besonderen Anklang. Erst als Dick der Schlüssel mit seinem Anhänger aus der Hand flog, kam Stone der erlösende Einfall.
    »Mann, son Ding hätt ich auch gerne.«
    »Tja – dann besorg dir doch eins.«
    »Brauch ich Hilfe. Weißt doch, wie es das letzte Mal war.«
    »Hey, aber Spaß hat es gemacht. Los, suchen wir uns eine Katze!«
    Anne lag in ihrer Grasmulde und schlief zusammengerollt, die Nase auf den Schwanz gebettet. Dummerweise hatte Tiger sie nicht darauf aufmerksam gemacht, dass eine Katze in der freien Natur sich immer unsichtbar machen musste und auch nie wirklich in einen tiefen Schlummer versinken durfte. Dösen war gestattet, denn dabei waren wenigstens einige Sinne noch soweit aktiv, dass sie eine herannahende Gefahr wahrnehmen konnten.
    So aber lag Anne schutzlos und ganz und gar in Traumwelten versunken.
    Daher war ihr Erwachen mit maßlosem Entsetzen verbunden.
    Eine muffige Decke lag über ihr, und im ersten Moment wusste sie überhaupt nicht, wo sie war. Was war mit ihrer Bettdecke passiert? Wieso roch die nach Motoröl? Und warum war das Laken unter ihr verschwunden?
    Und dann verlor sie den Kontakt zum Boden.
    Ein Schrei löste sich aus ihrer Kehle, und plötzlich war die Erinnerung wieder da – sie befand sich in einem Katzenkörper.
    Und der wurde soeben gewaltsam entführt!
    Sie zappelte mit allen Gliedmaßen, aber jemand hielt sie in einem brutalen Griff fest.
    »Bring sie hinter die Büsche, Stone. Sonst wird noch irgendson Depp aufmerksam«, hörte sie eine junge Männerstimme sagen. Ein hämisches Lachen folgte.
    »Mann, war doch ganz easy, die einzupacken.«
    »Wart’s ab, was passiert, wenn du ihr an den Schwanz gehst.«
    »Dann musst du sie eben festhalten.«
    Anne würgte vor panischer Angst. Himmel, was hatten die mit ihr vor? Sie versuchte, den Kopf aus der stickigen Decke zu bekommen, um zu sehen, wer ihre Entführer waren, aber es gelang ihr nicht. Immerhin aber bekam sie eine Pfote frei, und in blinder Wut krallte sie zu.
    Jemand schrie. Laut.
    Anne wurde fallen gelassen und schlug mit dem Kopf zuerst auf dem Boden auf. Wenigstens dämpfte die Decke den Aufprall, aber sie brauchte kostbare Zeit, um sich aufzurappeln.Wieder drückte man sie nieder. Und eine Hand tastete sich durch die Decke.
    »Verdammt, wo ist hier vorn und hinten?«
    »Da, wo es beißt, ist vorne«, höhnte es.
    Finger näherten sich ihrem Kopf.
    Annes Furcht wuchs und dehnte sich zur Todesangst aus.
    Zu kätzischer Todesangst.
    Eine Katze will überleben, koste es, was es wolle.
    Plötzlich zuckte ein Energiestoß durch sie hindurch, und mit aller Kraft wand sie sich unter dem Haltegriff. Sie erwischte einen Finger und schlug die Zähne hinein.
    Blut füllte ihre Kehle, ein weiterer Schrei ihre Ohren.
    »Scheiße, die hat mich gebissen!«
    »Die gibt keine Ruhe, verdammt, ich kann die nicht mehr halten!«
    »Nimm das Messer und stich zu! Irgendwas wirste schon treffen.«
    »Nein!«, kreischte es in Anne.
    Und dann kreischte es auch außerhalb von ihr.
    Nie hatte sie Tigers Stimme mehr geliebt.
    Der Druck der Hände über der Decke verschwand, und ein weiteres Schmerzensgebrüll ertönte. Sie kam mit dem Kopf aus dem Stoff hervor und sah gerade noch, wie der Kater auf den Hinterbeinen stehend den Oberschenkel eines der Jungen mit den

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