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Der Tag mit Tiger - Roman

Der Tag mit Tiger - Roman

Titel: Der Tag mit Tiger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Vorderpfoten umklammert hielt und sich in das bloße Fleisch unter der kurzen Hose verbiss. Ein Klappmesser lag auf dem Boden. Bei dem Anblick erschauderte Anne kurz, dann griff auch sie an. Alles, was sie an Krallen hatte, zog sie über die Wade, die ihr am nächsten war. Stoff riss, Blut quoll unter ihren Tatzen hervor, Flüche und Schmerzensgeheulerklangen. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Tigers Gegner auf den sich an ihn klammernden Kater einschlug. Auch ihr Opfer versuchte sie abzuschütteln. Es gelang ihm, und Anne flog in die Büsche. Im selben Moment war Tiger neben ihr.
    »Weg!«
    Sie schossen durch das Gestrüpp und blieben schließlich schweratmend vor einer undurchdringlichen Dornenhecke stehen.
    »Die … die wollten meinen Schwanz abschneiden«, keuchte Anne.
    »Große Bastet!« Tiger sah sie fassungslos an. »Ich war ein Idiot«, grummelte er einen Moment später. »Noch alles dran?«
    Etwas ruhiger geworden, machte Anne Bestandsaufnahme und stellte schließlich fest, dass sie das Abenteuer unbeschädigt überstanden hatte. Zwar taten ihr die Rippen noch weh, und der Geschmack in ihrem Mund war nicht vom Feinsten, aber das würde wohl bald vergehen.
    »Danke, Tiger«, sagte sie. »Danke für die Hilfe. Ich bin ziemlich dumm gewesen.«
    »Konntest du ja nicht wissen. Draußen schläft man nicht. Kannst dich bei Nina bedanken, die hat die Jungs zuerst bemerkt.«
    »Das will ich gerne machen. Wo ist sie?«
    Tiger setzte sich auf und lauschte. Seine empfindlichen Ohren drehten sich in alle Richtungen.
    »Die Luft ist rein, komm mit.«
    Sie fanden die Kätzin tief im Gebüsch, wohin sie sich vor den Menschen versteckt hatte. Als Anne ihren Dank aussprach, wirkte Nina etwas kleinlaut.
    »Du hältst mich jetzt bestimmt für feige.«
    »Aber nein, warum? Ich glaube, wenn ich den Jungs noch einmal begegne, werde ich mich in die tiefste Höhle verkriechen.«
    Nina ließ den Kopf hängen. »Sie … sie haben mal versucht, mir etwas Brennendes an den Schwanz zu binden. Aber da waren sie nur zu zweit, und ich konnte fliehen.«
    »Das hast du mir gar nicht erzählt«, murrte Tiger und streckte sich dann. »Aber egal, jetzt ist es vorbei. Wir behalten die Jungs im Auge und gehen ihnen möglichst weit aus dem Weg. Und jetzt beenden wir endlich unsere Runde. Ich will Jakob nicht noch einmal in die Quere kommen.«

Besuch bei Anne
    Tiger schritt voran, Nina und Anne folgten ihm gehorsam. Hinter der Brombeerhecke blieb er stehen und bemerkte beiläufig: »Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich habe einen kleinen Appetit.«
    Annes Lebensgeister hatten sich wieder eingefunden und in der richtigen Reihenfolge aufgestellt. Sogar ihr Sinn für Humor war zurückgekehrt.
    »O weh, Nina, dann kann er gleich wieder nicht mehr denken. Ich glaube, wir sollten uns schnellstmöglich auf den Weg zu ihm nach Hause machen, bevor er auch noch die Orientierung verliert.«
    Nina grinste, und Tiger fuhr Anne erbost an: »Du musst nicht glauben, du hättest jetzt einen Freibrief für respektlose Bemerkungen erhalten. Ich habe dir schon einmal versichert, dass mein Denkvermögen durch nichts getrübt wird.«
    »Ist ja in Ordnung, keinen Streit. Ich mache dir auch wieder ein Döschen auf.«
    Gemeinsam wandten sie sich dem Haus zu. Bevor sie die Straße überquerten, blieb Tiger noch einmal sinnend stehen, als versuche er sich an irgendetwas zu erinnern, schüttelte dann aber den Kopf und lief weiter. Er kroch unter dem Zaun und der Hecke hindurch und verschwand dann mit einem kühnen Sprung durch die Gardine in der Wohnung. Anne folgte langsamer, und Nina kam hinter ihr her. Vor der Terrassentür blieb sie stehen und schaute Anne fragend an: »Darf ich wirklich mit reinkommen? Ich meine, es ist doch euer Revier.«
    »Na komm schon, du bist herzlich eingeladen. Das Futter wird auch für drei reichen.«
    Tiger war schon in der Küche und maunzte laut. Der Einkaufskorb stand noch immer auf dem Küchentisch, und Anne musste heimlich lächeln. Er hätte ihn schon lange plündern können, wenn ihn nicht dieses ausdrückliche Verbot, nicht auf Tische zu springen, gehindert hätte. Sie hingegen kannte solche Skrupel nicht, hüpfte auf die Arbeitsplatte und fischte die beiden letzten Schleckerkatz-Döschen aus dem Korb. Mit einem Pfotenschnick warf sie sie zu den beifällig emporblickenden Katzen auf den Boden hinunter. Kaum waren sie gelandet, zeigte Tiger Nina stolz, wie sie zu öffnen waren. Dann begannen die beiden ihre Portion zu

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