Der Tag wird kommen
Petter:
Toll. Aber es muss doch auch irgendwelche Scheißjobs geben?
Fera:
Alle Arbeitsaufgaben sind nützlich und wichtig.
Hans Petter:
Kommt es denn nie vor, dass du mal Lust hast, was anderes zu machen? Was du gut kannst? Geschichte studieren, zum Beispiel.
Du könntest ja über mich forschen. Wieso wirst du nicht Historikerin?
Fera:
Ich weiß doch, dass ich am besten in dem bin, was ich jetzt mache. Ich bin tatsächlich unglaublich gut darin. Und wir haben auch gar keine Historiker bei uns.
Hans Petter:
Nicht, aha. Dafür gibt es bestimmt auch einen Grund.
Fera:
Worauf hast du denn Lust? Du kannst es dir ja frei aussuchen.
Hans Petter:
Ich weiß nicht. Merkwürdig, du redest, als ob es vorherbestimmt ist, dass du was mit Technologie machst. Ich habe manchmal das Gefühl, dass aus mir etwas Großes wird. Ganz egal, was passiert.
Als ob das, was ich in der Schule aushalten muss, mich auf etwas vorbereitet. Ohne dass ich richtig weiß, auf was.
Fera:
Hört sich an, als ob du glaubst, du hättest keine Wahl.
Hans Petter:
Es ist ein bisschen peinlich, darüber zu reden. Aber es ist, als ob etwas in mir steckt, als wäre ich für etwas auserwählt. Vielleicht hast du recht, vielleicht ist es was Angeborenes.
Fera:
Aber in deiner Zeit hat ja keiner die Kontrolle über die Gene, über dein Potenzial.
Hans Petter:
Nein, wir müssen alles selbst herausfinden.
Fera:
Ist das nicht beängstigend?
Hans Petter:
Ein bisschen vielleicht. Es könnte ja passieren, dass man sich falsch entscheidet und als Kassierer im Supermarkt endet.
Fera:
Ich meine, was ist, wenn das, was deiner Meinung nach in dir steckt, zu nichts Gutem führt? Wenn es dich in eine Richtung drängt, der du besser nicht folgen solltest?
Hans Petter:
Wenn ich zum Beispiel einen starken Drang zu organisierter Kriminalität oder bestialischen Morden hätte?
Fera:
So was in der Art, ja.
Hans Petter:
Meinst du, das liegt in den Genen, als ein unentwickeltes Talent? Ein Verbrecher-Gen?
Fera:
Es gibt kein Verbrecher-Gen. Aber man kann eine ungünstige Ausgangsbasis haben. Das ist ja noch ein weiterer Grund dafür, dass eine Befruchtung auf natürliche Weise nicht ideal ist.
Hans Petter:
Also wenn alle den richtigen DNA-Mix haben, wird niemand mehr zum Dieb?
Fera:
Das hat wohl eher etwas damit zu tun, wie unsere Gesellschaft eingerichtet ist. Wenn alle das bekommen, was sie brauchen, gibt es keinen Grund mehr zu stehlen.
Hans Petter:
Und was ist, wenn man mehr haben will, als man braucht?
Fera:
Ich verstehe nicht ganz, wieso man sich das wünschen sollte?
Hans Petter:
Ach komm. Jeder will doch möglichst viel haben.
Fera:
Ich glaube nicht, dass alle so denken wie du. Vergiss nicht, du lebst in einer anderen Zeit als ich.
Hans Petter:
Bei euch gibt es also keine Polizei? Keine Soldaten? Ihr braucht niemanden, der darauf aufpasst, dass sich alle an die Gesetze halten?
Fera:
Die Wachen des Rats passen auf. Klar kann man nicht immer perfekt sein. Aber ein Verstoß ist nicht dasselbe wie ein Verbrechen. Es bedeutet nur, dass man daran erinnert werden muss, welche Regeln wir haben und warum.
Hans Petter:
Ja, ja. Das hört sich an, als hättet ihr da drüben in der Zukunft alles unter Kontrolle. Kein Grund zur Sorge.
Fera:
Es ist ja schon einmal schrecklich schiefgegangen. Wir haben große Angst, dass etwas so Grauenhaftes wieder passieren könnte. Deshalb tun wir alles, was wir können, um das zu verhindern.
Hans Petter:
Also das ist der Grund, warum du mit mir redest. Damit du mehr darüber erfährst, was du nicht tun darfst.
Fera:
Irgendwie schon. Und weil ich dich mag.
Hans Petter:
Vielen Dank. Ich bin also ein sympathisches Forschungsobjekt.
Fera:
Ich forsche nicht. Ich bin nur neugierig.
Hans Petter:
Ich eigentlich auch. Mir wird gerade klar, dass ich mehr über die Zukunft herausfinden sollte. Ich kann ja reich werden, wenn ich voraussehen kann, was passieren wird.
Fera:
Jetzt wackelt hier wieder alles. Ich muss sehen, dass ich rauskomme. Erdbeben.
Hans Petter:
Schon wieder?
Fera hat sich ausgeloggt.
Meine Augen müssen sich erst mal an die Dunkelheit gewöhnen, als ich in die Kneipe komme, aber ich entdecke Dad sofort. Er sitzt lässig über den Tresen gebeugt und hat sein Bier schon halb ausgetrunken. Seine Augen lächeln mich über das Glas hinweg an. Anscheinend freut er sich, mich zu sehen. Heute ist es ein bisschen voller hier, es ist mehr los als sonst, trotzdem herrscht eine gemütliche
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