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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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Rolltreppe gelegen. Jack schob wieder die Hand in die Hosentasche und berührte seine Rolle Geldscheine. Speedys Gitarren-Plektron und Hauptmann Farrens Münze steckten zusammen mit etwas Kleingeld auf dem Grund der Tasche.
    Im Erdgeschoß, in dem Jack sich befand, gab es zwischen einem Plätzchenladen und einem Spirituosengeschäft, das SONDERANGEBOTE für Hiram Walker-Bourbon und Inglenook Chablis offerierte, ein Schuhgeschäft von Fayva. Vor dem Geschäft stand ein langer Tisch mit Turnschuhen. Der Mann an der Kasse beugte sich vor und beobachtete Jack, der sich die Schuhe ansah; er argwöhnte ganz offensichtlich, dass Jack versuchen würde, etwas zu stehlen. Die Markennamen auf dem Tisch waren Jack unbekannt. Es gab weder Nike noch Puma – die Schuhe trugen Namen wie Speedster oder Bullseye oder Zooms, und die Schnürsenkel jedes Paars waren miteinander verknotet. Es waren Turnschuhe, keine richtigen Laufschuhe, aber sie würden ihren Zweck erfüllen.
    Er kaufte das billigste Paar, das es in seiner Größe gab, blaues Segeltuch mit roten Zickzackstreifen. Einen Markennamen konnte er nirgendwo entdecken, aber sie schienen sich nicht von den anderen Schuhen auf dem Tisch zu unterscheiden. An der Kasse legte er sechs schlaffe Dollarnoten auf den Tresen und sagte dem Kassierer, er brauchte keine Tüte.
    Jack setzte sich auf eine der Bänke vor der hohen Fontäne und streifte seine zerfetzten Schuhe ab, ohne die Schnürsenkel zu lösen. Als er in die neuen schlüpfte, atmeten seine Füße vor Dankbarkeit regelrecht auf. Jack verließ die Bank und warf seine alten Schuhe in einen hohen schwarzen Abfallbehälter mit der weißen Aufschrift SEI KEIN SCHMUTZFINK! Darunter stand in kleineren Buchstaben Die Erde ist unsere einzige Heimat.
    Jack begann ziellos durch den langen Gang im Erdgeschoß zu wandern und nach den Telefonen Ausschau zu halten. Am Popcorn-Karren trennte er sich von fünfzig Cents und erhielt dafür eine große Tüte mit frischem, fettglitzerndem Popcorn. Der Mann in mittleren Jahren mit Bowler, Schnauzbart und Ärmelhaltern, der ihm das Popcorn verkaufte, sagte ihm, die Telefone wären in einer Ecke neben 31 Flavors, oben. Dabei deutete er vage auf die nächste Rolltreppe.
    Jack schaufelte sich das Popcorn in den Mund, während er auf der Rolltreppe nach oben fuhr – hinter einer Frau in den Zwanzigern und einer älteren Frau mit Hüften, die so breit waren, dass sie fast die gesamte Breite der Rolltreppe ausfüllten; beide trugen Hosenanzüge.
    Wenn Jack innerhalb des Einkaufszentrums flippen würde – oder auch zwei oder drei Kilometer davon entfernt –, würden dann die Mauern beben und die Decken einstürzen und Ziegelsteine und Balken, Lautsprecher und Beleuchtungskörper herabprasseln lassen auf jedermann, der das Unglück hatte, sich gerade hier aufzuhalten? Und würde es darauf hinauslaufen, dass die Prinzessinnen aus der zehnten Klasse und sogar der arrogante Timmy und auch die meisten anderen Leute mit Schädelbrüchen und abgerissenen Gliedmaßen und zerschmettertem Brustkorb dalagen? Eine Sekunde, bevor er das obere Ende der Rolltreppe erreichte, sah Jack riesige Gipsbrocken und Stahlträger herabstürzen, hörte er das entsetzliche Bersten der Zwischengeschoßdecke, vernahm er die Schreie – noch unhörbar, noch in die Luft geschrieben.
    Angola. Die Rainbird Towers.
    Jack spürte, wie seine Handflächen zu jucken und zu schwitzen begannen, und er wischte sie an seinen Jeans ab.
    THIRTY-ONE FLAVORS schrieb ein kaltes weißes Leuchtstoffschild zu seiner Linken, und als er darauf zuging, sah er, dass neben dem Laden ein Gang abzweigte. Glänzende braune Fliesen an den Wänden und auf dem Boden; und als ihn die Windung des Ganges von all den Leuten im Zwischengeschoß getrennt hatte, sah Jack drei Telefone, die mit durchsichtigen Plastikhauben abgedeckt waren. Gegenüber den Telefonen lagen die Türen zu MEN und LADIES.
    Jack trat unter die mittlere Haube, wählte zuerst die Null, dann die Vorwahlnummer und schließlich die des Alhambra Inn and Gardens. »Ein bezahltes Gespräch?« fragte das Mädchen in der Vermittlung, und Jack sagte: »Nein, dies ist ein R-Gespräch für Mrs. Sawyer in vier-null-sieben und vier-null-acht. Von Jack.«
    Die Hotelvermittlung meldete sich, und Jacks Brust krampfte sich zusammen. Das Gespräch wurde in die Suite gelegt. Das Telefon läutete einmal, zweimal, dreimal.
    Dann sagte seine Mutter. »Mein Gott, wie bin ich froh, von dir zu hören! Dieses

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