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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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genannt Albert der Klops, der dickste Junge in der ganzen Schule war, und Jack glaubte es ohne weiteres; sein Zimmer enthielt eine erstaunliche Menge von Süßigkeiten und anderem Knabberkram – es war der Hort eines Jungen, dessen schlimmste Alpträume nicht davon handeln, aus der Basketball-Mannschaft hinausgeworfen zu werden oder eine Mathe-Arbeit zu verhauen, sondern davon, dass er in der Nacht aufwacht und nicht imstande ist, ein Ring-Ding oder einen Erdnußriegel zu finden. Vieles von dem Zeug war ausgekippt. Das Glas, in dem Zuckerwatte gewesen war, war zerbrochen, aber Jack hatte sich ohnehin noch nie etwas aus Zuckerwatte gemacht. Auch die Lakritzstangen ließen ihn kalt – Albert der Klops hatte einen ganzen Karton davon auf dem oberen Bord seines Schrankes stehen. Auf einer der Deckelklappen des Kartons stand: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Deine Dich liebende Mom.
    Es gibt liebende Mütter, die Kartons mit Lakritzstangen schicken, und liebende Väter, die Blazer von Brooks Brothers schicken, dachte Jack müde, und wenn darin irgendein Unterschied liegt, ist Jason der einzige, der ihn kennt.
    Im Zimmer von Albert dem Klops fanden sie genug zu essen, um eine Art verrückter Mahlzeit zu halten – Slim Jims, Peperonischnitten, Kartoffelchips. Sie beschlossen die Mahlzeit mit einer Packung Keks. Jack hatte Alberts Stuhl vom Flur zurückgeholt und saß am Fenster. Richard saß auf Alberts Bett.
    »Du bist wirklich nervös«, pflichtete ihm Richard bei und schüttelte ablehnend den Kopf, als Jack ihm den letzten Keks anbot. »Paranoisch sogar. Das kommt davon, dass du die letzten Monate auf den Straßen verbracht hast. Aber das gibt sich, sobald du wieder daheim bei deiner Mutter bist.«
    »Richard«, sagte Jack und warf die leere Kekstüte auf den Boden, »hör endlich auf mit dem Quatsch. Siehst du denn nicht, was da draußen auf deinem Campus vorgeht?«
    Richard befeuchtete seine Lippen. »Das habe ich erklärt«, sagte er. »Ich habe Fieber. Wahrscheinlich passiert nichts von alledem, und wenn, dann sind es völlig normale Dinge, und mein Verstand verzerrt und übertreibt sie. Das ist eine Möglichkeit. Die andere ist – ja – Drogenhändler.«
    Richard lehnte sich auf dem Bett von Albert dem Klops vor.
    »Du hast doch nicht etwa mit Drogen experimentiert, Jack? Während du unterwegs warst?« In Richards Augen war plötzlich das Licht durchdringender Intelligenz wieder aufgeflackert. Hier ist eine mögliche Erklärung, ein möglicher Ausweg aus diesem Wahnsinn, sagten seine Augen. Jack ist in irgendeinen verrückten Rauschgiftring geraten, und all die Leute sind ihm hierher gefolgt.
    »Nein«, sagte Jack verdrossen. »Ich habe dich immer für einen Meister des Realen gehalten, Richie. Und ich hätte nie gedacht, dass ich einmal erleben müsste, dass du – ausgerechnet du – deinen Verstand dazu benutzt, die Tatsachen zu verdrehen.«
    »Jack, das ist nichts als ein Rauschgift-Schlamassel, und das weißt du!«
    »Drogenkrieg in Springfield, Illinois?« fragte Jack. »Wer redet jetzt Seabrook Island-Kram?«
    Und in diesem Augenblick flog plötzlich ein Stein durch Albert Humberts Fenster und ließ Glassplitter auf den Fußboden regnen.

 
Dreiunddreißigstes Kapitel
     
    Richard im Dunkeln
     
    1
     
    Richard schrie auf und hob einen Arm, um sein Gesicht zu schützen. Glassplitter flogen herum.
    »Schick ihn raus, Sloat!«
    Jack stand auf, von dumpfer Wut erfüllt.
    Richard packte seinen Arm. »Jack, nein! Bleib vom Fenster weg!«
    »Lass das!« fauchte Jack. »Ich habe es satt, dass man von mir redet, als wäre ich eine Pizza.«
    Das Etheridge-Ding stand jenseits der Straße auf dem Gehsteig am Rand des Hofes und blickte zu ihnen herauf.
    »Verschwindet hier!« brüllte Jack es an. Eine plötzliche Inspiration flammte in seinem Kopf auf wie eine Fackel. Er zögerte, dann rief er: »Ich befehle euch, von hier zu verschwinden! Alle miteinander 1 . Ich befehle es euch im Namen meiner Mutter, der Königin 1 .«
    Das Etheridge-Ding fuhr zurück, als hätte ihm jemand einen Peitschenschlag ins Gesicht versetzt.
    Dann verschwand der Ausdruck gequälter Überraschung wieder, und das Etheridge-Ding begann zu grinsen. »Sie ist tot, Sawyer!« rief es hinauf – aber Jacks Blick war während seiner Zeit auf den Straßen irgendwie schärfer geworden, und unter dem geheuchelten Triumph sah er den Ausdruck nervösen Unbehagens. »Königin Laura ist tot, und deine Mutter ist auch tot – tot in New Hampshire

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