Der Tanz Der Klingen
János zog die abreiten Schultern hoch und ließ den Blick über Tru und die Schwertkämpfer wandern. Es bedurfte keiner Weißen Schwester, um zu erkennen, dass er sehr besorgt war.
»Genießen diese Burschen Euer Vertrauen, Hoheit?«
»Uneingeschränkt. Was stimmt denn nicht?«
»Vieles, offen gesagt. Viele, viele Dinge. Zunächst, dass Euer Gemahl in Krupina herrscht und im Begriff ist, die Tochter des Markgrafen zu heiraten.«
»Davon habe ich gehört.«
»Aber er ist nicht Euer Gemahl. Er ist ein Schwindler, wie Ihr es mir gesagt habt. Offen gestanden, habe ich Euch anfangs nicht geglaubt. Selbst Ernst habe ich nicht wirklich geglaubt. Ich dachte, Euer Medaillon sei das Werk eines Scharlatans. Nun, es muss noch eines geben. Ich habe mich geirrt.«
Das änderte die Dinge gehörig!
Johannas Stimme schwoll eine Oktave an. »Wisst Ihr das mit Sicherheit?«
»So gut wie.« János hörte sich ausweichend an und schien etwas zu verbergen. »Ich habe einen unabhängigen Zeugen, obwohl ich ihm nicht alles abkaufe, was er erzählt. Wenn Ihr möchtet, könnt Ihr mit ihm reden. Es ist ein Glück, dass Ihr heute eingetroffen seid. Morgen früh lasse ich ihn aufknüpfen.«
»Wie geht es meinem Sohn?«, wollte die Großherzogin wissen.
Die Antwort blieb dem Grafen durch zwei Männer erspart, die eine lange Bank hereintrugen und sie neben den Stühlen abstellten. Dankbar setzte sich der Rest der Gruppe, wobei Ringwald den Platz neben seinem Mündel für sich beanspruchte.
Ihr Gastgeber nützte die Gelegenheit, um sich weniger tückischen Belangen zuzuwenden. »Ist Euch bekannt, dass unsere geliebte Großherzogin letzten Frühling unter beklagenswerten Umständen verschwand? Nachdem man nicht weit von Fadrenschloss die Überreste einer Kutsche fand, wurde ein beträchtlicher Skandal daraus. Den Fahrer erkannte man als einen Kutscher des Palasts, einen der Fahrgäste als die Amme des Markgrafen. Beide waren tot. Ein Großteil der Trümmer war über …«
Diener brachten Wein, Kelche und einen Tisch herein. Ringwald brauchte etwas zu essen, nicht zu trinken.
»Zeugen sagten einstimmig aus, dass sie freiwillig in die Kutsche einstieg und das Kind trug. Den männlichen Begleiter hat niemand erkannt …«
Die Diener schlossen die Tür. Binnen eines Lidschlags war Johanna auf den Beinen, sodass sie sich in Augenhöhe mit dem kleinwüchsigen Mann auf dem erhöhten Stuhl befand.
»Wo ist mein Sohn?«
Er verzog das hässliche Gesicht. »Ich habe Euch noch gewarnt, dass er hier im Tal unter meinen Augen bleiben sollte.« Seine mächtige Stimme schwoll noch lauter an, übertönte sie. »Aber nein! Ihr musstet ja darauf bestehen, ihn in den Wäldern zu verstecken, wo ihn niemand beschützen konnte.«
»Wo ist er?«
János zog einen Schmollmund. Es fiel ihm schwer, ein Versagen einzugestehen. »Ich weiß es nicht. Etwa einen Monat, nachdem Ihr aufgebrochen wart, kam eine Schwadron der Brüder und holte ihn. Sie nahmen …«
Johanna stürzte auf ihn zu und hätte ihm wohl die Augen ausgekratzt, wäre sie nicht in Raunzers Arm gerannt. Ringwald stellte verärgert fest, dass er selbst eine Winzigkeit langsamer gewesen war.
»Langsam mit den Pferden, Euer Gnaden!«, mahnte er.
»Das hilft auch nichts.« Die beiden Klingen drückten sie zurück auf den Stuhl.
»Gebt Ihr Wein!«, knurrte János und trank selbst einen großen Schluck. »Sie nahmen auch Eure Schwester und ihren Mann mit. Ich erfuhr erst davon, nachdem es vorüber und sie verschwunden waren. Sie wurden nach Vamky gebracht.«
Johanna ließ sich etwas Wein einflößen. Ihr Antlitz war so fahl, dass es in der zunehmenden Dunkelheit zu schimmern schien.
»Falls es ein Trost ist«, fügte der Graf hinzu, »ich habe den Mann, der dafür verantwortlich ist. Morgen könnt Ihr beobachten, wie er in drei Meter Höhe an einem ein Meter langen Seil baumelt.«
»Also sind Frederik und ich offiziell tot?«, murmelte sie, ohne ihn anzusehen.
Frederik wohl mehr als nur offiziell, vermutete Ringwald.
»Seid Ihr. Offiziell. Rubin ließ eine öffentliche Untersuchung der Angelegenheit durchführen. Die Beweise waren sehr überzeugend. Einige Eurer Habseligkeiten wurden eine Wegstunde flussabwärts gefunden. Das Einzige, das nicht mit Sicherheit geklärt wurde, ist, wer Euer mutmaßlicher Liebhaber war. Der Großherzog selbst hielt sich in der fraglichen Nacht bei einer Geburtswochenfeier in Zolensa auf, einer ehrenwerten Veranstaltung mit zahlreichen Zeugen.«
Stille.
Glockmann ergriff das Wort.
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