Der Tanz Der Klingen
»Herr? Wer ordnete an, die Kutschen mitten in der Nacht vorzubereiten?«
János bedachte den vorlauten Lakaien mit einem zornigen Blick. »Keine Ahnung. Ich habe Besseres zu tun, als Untersuchungen beizuwohnen, bei denen sich plappernde Klatschmäuler tummeln. Ich könnte mir denken, es war eine gefälschte Nachricht oder etwas in der Art. Wenn man, so wie die Untersuchung, zu dem Schluss gelangen wollte, dass die Großherzogin und ihr Sohn bei einem bedauerlichen Unfall ums Leben kamen, gab es dafür reichlich Beweise. Zog man es vor zu glauben, dass sie mit jemandem das Weite gesucht hatte, der nicht ihr Ehemann war, ging auch das in Ordnung. Alle offenen Fragen wurden hinlänglich geklärt. Nur wer der Mann mit der Kapuze war, bleibt bis heute ein Geheimnis.«
»Wer«, beharrte Glockmann in die Stille hinein mit jenem tödlichen Tonfall, den er verwendete, wenn er in eine Stimmung wie die augenblickliche verfiel, »war es denn laut den Klatschmäulern? Ich bin sicher, sie haben ihm einen Namen gegeben.«
János schnaubte. »Ratet mal?«
»Prinz Karl?«
Der Graf nickte und trank einen weiteren Schluck Wein.
Überrascht schaute Johanna auf. »Wieso denkt Ihr das? Wer hat es Euch gesagt?«
Ringwald hatte die Möglichkeit nie in Erwägung gezogen. Wenn sowohl Rubin als auch Volpe einen Sohn in jener Kutsche hatten, wer hatte sie dann in den Abgrund stürzen lassen?
»Ihr, Euer Gnaden«, antwortete Glockmann. »Oder vielmehr Euer Sohn. Soweit ich mich von meinen Schwestern erinnere, beruhigt man ein schreiendes Kleinkind zuallerletzt dadurch, dass man es einem Fremden gibt, geschweige denn einem fremden Mann. Dennoch habt Ihr uns erzählt, dass der Schwindler Frederik an sich nahm und der Knabe zu weinen aufhörte. Ich vermute mal, Karl wurde seither nicht mehr gesehen?«
»Offensichtlich«, bestätigte János. »Bei der Untersuchung wurde angedeutet, er hätte Annäherungsversuche bei Ihrer Hoheit unternommen. Sie hätte ihn ermutigt und so weiter und so fort. Selbstverständlich wurden derlei Bemerkungen aus der Mitschrift gestrichen.«
»Selbstverständlich.« Glockmann spähte zu Johanna, aber sie schaute weder auf, noch sprach sie. »Ihr habt zuvor erwähnt, Herr, dass Ihr glaubt, der Mann, der sich als Großherzog ausgibt, sei ein Hochstapler. Wieso glaubt Ihr das, und wann denkt Ihr, wurde der Wechsel vollzogen?«
»Ihr stellt eine Menge Fragen, Freundchen.«
»Er stellt sie für mich«, erklärte Johanna, während sie auf ihre Hände blickte. »Glockmann kann sie schneller und klarer stellen als ich. Ihr schuldet mir ein paar Antworten.«
»Tue ich das?«, knurrte der Graf und griff nach der Weinflasche. »Wann der Wechsel vollzogen wurde, weiß ich nicht. Falls überhaupt einer stattgefunden hat. Ihr habt mir gesagt, Ihr hieltet den Rubin, der in Fadrenschloss auftauchte, für Fürst Volpe mit einem jener Medaillons. Damals habe ich dem wenig Glauben geschenkt. Ich bin noch nicht einmal sicher, ob ich es jetzt tue, aber vor einer Woche kam einer der Brüder hier vorbei, um Zuflucht zu suchen. Er meinte, er würde nie nach Vamky zurückkehren. Der Bursche bot an, mir die Gefolgstreue zu schwören – was wohl die Höhe war, zumal er eben erst gestanden hatte, ein anderes Treuegelübde gebrochen zu haben. Als Grund gab er an, dass er Großherzog Rubin dort in einem Verlies eingekerkert gesehen hätte.«
Niemand gab eine Meinung dazu ab. Wahrscheinlich waren alle zu beschäftigt mit dem Versuch, diesen Neuigkeiten einen Sinn abzuringen. Ringwald wusste nicht einmal, wo er beginnen sollte. Nur Glockmann besaß genug Verstand für solche Rätsel. Warum sollte Volpe den Herzog einkerkern lassen, um dessen Stelle einzunehmen? Es würde ihn niemals freilassen können, weshalb also tötete er ihn nicht gleich? Und warum sollte er sich bei einer Trauung als der rechtmäßige Herzog ausgeben? Irgendjemand schien bei dieser Geschichte unglaublich verschlagen oder unglaublich dumm zu sein.
Der Graf kicherte seltsam glucksend. »Und es ist ziemlich schwierig zu erklären, wie er in Vamky in Ketten verrotten kann, wenn er gleichzeitig in Krupa umherläuft, um seine Hochzeit vorzubereiten, nicht wahr?«
»Erzählt uns von der Hochzeit!«, forderte Glockmann in einem Tonfall, den Adelige nur selten von Untertanen zu hören bekamen. Doch János hatte mittlerweile zu viel Spaß, um ihn zu bemerken.
»Übermorgen bei Sonnenuntergang. In Krupa. Fürstin Margarita, die Tochter des Markgrafen.«
Die Volpe heiratete. In dem Glauben,
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