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Der Tanz Der Klingen

Der Tanz Der Klingen

Titel: Der Tanz Der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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stahl einen Jungen, der unter meinem Schutz stand. Von Euch weiß ich, dass sein Bruder Harald ein Mörder war, und er ist ein Spitzel und Wendehals. Deshalb wird er morgen gehängt. Kommt ruhig und seht es Euch an.«
»Nein!« Johanna stand langsam auf. »Ich will mit ihm reden.«
Das hat doch wohl bis nach dem Abendessen Zeit, dachte Ringwald. Wie hungrig konnte ein Mann werden, ehe er ins Gras biss?
»Redet morgen früh mit ihm«, schlug János vor, »wenn wir ihm den Abschiedskragen umlegen. Das wird ihn aufmuntern.«
»Nein!« Ihre Hoheit blickte stur. »Ich kannte Radu schon, bevor er nach Vamky ging.«
»Das bedeutet gar nichts mehr, sobald sie ihren Eid geschworen haben«, gab János zurück. »Denkt daran, wie Harald gelogen hat!«
»Trotzdem will ich Radu verhören.«
Der Graf schüttelte den großen Kopf wie ein zorniger Bulle. »Er wurde bereits gründlich verhört, sehr gründlich. Viel mehr erträgt er nicht. Und ich will nicht, dass er stirbt, bevor wir ihm den Strick um den Hals legen.«
Ungeachtet ihrer Erschöpfung und ihres Grams sprach Johanna nun mit ihrer Großherzoginnenstimme. »Schwester Gertrude! Hat der Graf die Wahrheit gesagt?«
»Großteils, Hoheit«, antwortete Trudy ruhig. »Aber er war bei der Untersuchung.«
»Nennt Ihr mich einen Lügner?«, brüllte János.
»Schwester Gertrude besitzt die Gabe, Falschheit zu erkennen. Stellt sie doch auf die Probe. Wie viele Söhne habt Ihr?«
»Sechs.«
»Stimmt nicht«, verkündete Trudy. »Wisst Ihr überhaupt, wie viele Söhne Ihr habt?«
»Sicher!«
Trudy seufzte. »Wieder gelogen. Als Ihr bei der Untersuchung wart, habt Ihr da mit dem Herzog oder dem Schwindler gesprochen, der sich als der Herzog ausgibt?« »Nein.«
»Das stimmt! Habt Ihr versucht, unerkannt zu bleiben?«
»Natürlich nicht.«
»Falsch. Was …«
»Na schön, Ihr habt mich überzeugt.« Um der Gefahr vorzubeugen, weitere persönliche Geheimnisse preiszugeben, glitt János von seinem Stuhl. »Ihr könnt zu dem Gefangenen.«
Ringwalds Magen tat knurrend seine Missbilligung kund.
    Zwei Söhne des Fürsten gingen mit Laternen voraus. Dahinter kamen János und Johanna, dicht gefolgt von den Klingen. Glockmann, Trudy und zwei weitere Männer mit zusätzlichen Laternen bildeten die Nachhut. Das Haus des Grafen war ein seltsames, zusammenhangloses Gebilde. Durch einige Teile zogen köstliche Kochgerüche, denen Ringwald nur zu gern auf den Grund gegangen wäre, was er jedoch nicht konnte. Als der Pfad sich abwärts zu neigen begann, wurde ihm klar, dass sie sich unter der Erde befanden. Keine natürlich gewachsene Höhle konnte so ebenmäßig sein, und die Wände waren eindeutig von Menschenhand geschaffen. Die Luft war kalt und schal.
    Johanna hielt inne. »Könnt Ihr ihn zu uns bringen lassen?«
»Nein«, antwortete der Graf. »Wenn Ihr ihn sehen wollt, müsst Ihr zu ihm.«
»Dann geht voraus«, forderte sie ihn zögernd auf und sah sich nach Glockmann um. Dieser drängte sich an den Klingen vorbei und ergriff ihre Hand.
Wenn das Haus zusammenhanglos war, glichen die Kellergewölbe einem Irrgarten, der sich ständig verzweigte und neigte, sich an manchen Orten feucht, an anderen trocken präsentierte. Einige Gabelungen waren durch dicke Holztüren versiegelt, andere mit uraltem Gerümpel übersät. Die Führer brachten sie zu einer hüfthohen Holzabsperrung einige Schritte abseits einer Felswand, die kennzeichnete, wo die Grabungsarbeiten an diesem bestimmten Zugang aufgegeben worden waren.
»Priboi!«, brüllte János, und seine mächtige Stimme hallte gespenstisch wider.
Als Ringwald sich neben sein Mündel drängte, stolperte er beinahe über eine am Boden liegende Holzleiter. Als er über die Absperrung spähte, schaute er in eine Grube hinab, einen etwa drei Meter tiefen Schacht, der kaum breit genug war, dass ein Mann sich darin ausstrecken konnte. Die Wände schimmerten im Schein der Laternen feucht, der Boden jedoch lag im Schatten.
Da keine Antwort kam, brüllte János erneut. Wieder geschah nichts.
»Radu?«, rief die Herzogin. »Ich bin es, Johanna Schale. Du musst mir etwas über meinen Sohn erzählen.«
Ringwald spürte, wie sie zitterte. Er konnte es ihr nachempfinden. Auch er mochte enge Orte nicht. Er fügte das Licht einer weiteren Laterne hinzu.
Etwas dort unten regte sich, ein Schemen, der begann, sich langsam zu bewegen. Er keuchte ein paar Mal, ein Laut, der an jemanden erinnerte, der Schmerzensschreie unterdrückte, aber schließlich gelang es ihm,

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