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Der Tanz Der Klingen

Der Tanz Der Klingen

Titel: Der Tanz Der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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sein Losungswort, das Reiherflug lautete, und die Verwaltungslakaien fanden seine Karte so schnell, als wäre er kein halbes Jahr, sondern bloß einen Tag fortgewesen.
    Er ritt zum Arsenal hinüber, um den Stahl abzugeben, den er so lange getragen hatte. Der Knappe, der ihm half, stieß einen leisen Pfiff aus, als er die Delle im Brustharnisch bemerkte, doch er war klug genug, nicht zu fragen, wer dafür wie teuer bezahlt hatte. Radu zog sich vom Hals abwärts aus und legte die weiße Kutte an, die ihm gereicht wurde. Dann drehte er sich um, nahm den Helm ab und setzte die Kapuze auf. Gesichtslos war er aufgebrochen, und gesichtslos kehrte er zurück.
    Männer aus den Stallungen und der Quartiermeisterei trafen ein, um ihm alles übrige abzunehmen. Nur mit einer Kutte bekleidet, den Sandalen und einem Schwert begab er sich ins eigentliche Kloster, und nicht einmal diese Ausrüstung war seine eigene. Die Wachen würden Bannerherrn Dusburg darüber in Kenntnis setzen, dass sein Gesandter zurückgekehrt war, und Dusburg würde ihn entweder wieder auf die Reise schicken oder Bannerherrn Catavolinos mitteilen, dass er seinen Untergebenen zurückhaben konnte. Seine einzige unmittelbare Pflicht bestand darin, den Brief, den er von Meistersinger Gruningen mitgebracht hatte, Kantor Samuil zu überbringen und eine Empfangsbestätigung dafür zu erhalten. Kantor war der unterste Beschwörerrang, stand jedoch im Kloster über einem Bannerherrn. Radu kannte den Mann zwar nicht, wollte ihn aber mit Freuden aus dem Bett zerren. Sechs Monate mit einem sattelwunden Hintern schrien förmlich nach Genugtuung.
    Er ging in die Buchhaltung, eine staubige, muffige Kammer, in der Novizen den ganzen Tag an Schreibtischen standen und Listen in riesige Wälzer abschrieben. Wie alle Brüder hatte auch Radu zahlreiche unerfreuliche Erinnerungen an diesen Ort der Langeweile. Er erkundigte sich nach Kantor Samuils Zellennummer. Der einsame Novize, der Dienst versah und sowohl schläfrig als auch dumm wirkte, blätterte eine Weile in dem Verzeichnis vor und zurück, dann verschwand er durch eine Hintertür. Kurz bevor Radu so weit war, aus der Haut zu fahren und die Regeln zu brechen, um sich auf die Suche nach ihm zu begeben, kehrte der Novize mit einem Mann zurück, der den braunen Schwertgurt eines Jungritters trug, einen anderen Band aus dem Regal nahm und ihn aufschlug.
    »Herr. Diese Auskunft ist nicht verfügbar.«
»Bruder, ich muss unbedingt zum Kantor.«
»Herr. Ich bin nicht berechtigt, seinen Aufenthaltsort
    preiszugeben.«
»Bruder, die letzten drei Männer, die versucht haben,
mich von der Erfüllung meiner Mission abzuhalten, habe
ich getötet. Ich befehle dir, es mir zu sagen.«
»Herr. Ich habe bereits meine Befehle«, entgegnete
der Mann verdrossen. Er hörte sich alt für einen Jungritter an und nicht annähernd hochnäsig genug, um sich
seiner Sache sicher zu sein.
Zweifellos war die Depesche, die Radu bei sich hatte,
völlig belanglos, aber seine Pflichten waren klar, und eine Untersuchung würde sein Verhalten gutheißen. Er
hielt sich an die Verfahrensregeln, indem er die Kapuze zurückwarf und das Schwert halb aus der Scheide zog.
»Bruder, ich will dein Gesicht sehen!«
Der Novize wurde kalkweiß, vermutlich weil er sich
vorstellte, wie er Offiziere höchsten Ranges aus dem Bett
zerren musste, um den Streit zu schlichten.
Sein Vorgesetzter gab sich geschlagen. »Blau 1, A 5.« »Wie bitte?«
»Herr! Blau 1, A 5.«
»Bruder, ich wusste gar nicht, dass es eine Ebene 1 im
blauen Flügel gibt.«
»Herr. Hier steht, man muss zu einer mit ›Besen‹ gekennzeichneten Tür auf Blau 3, J 6. Ihr werdet eine Laterne brauchen«, fügte der Jungritter in einem verspäteten Anflug von Kooperationswillen hinzu.
    In Vamky gab es sieben Flügel. Der blaue befand sich so weit vom Haupttor entfernt, wie es überhaupt ging, da das Kloster dort an den Berg grenzte. Radu kannte Blau 3 recht gut, weil dort die Knappen ihre Grundausbildung in Beschwörungskunde erhielten. Oktogramme mussten sich ebenerdig befinden, wo Elemente der Luft und der Erde einander begegneten. Der Rücken stieg dort steil an, folglich ruhte Ebene 3 unmittelbar auf der Felssohle. Daher auch seine Überraschung.
    Als er auf Blau 3 eintraf, fand er Gang J dunkel vor. Kein leuchtender Stern am fernen Ende wies ihm den Weg. In Vamky waren alle Laternen gleich, bestanden im Wesentlichen aus einer Glasflasche, die sich in der Mitte verengte, damit man sie halten konnte. Radu

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