Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tanz Der Klingen

Der Tanz Der Klingen

Titel: Der Tanz Der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
Vom Netzwerk:
beschloss er, weit genug entfernt zu sein.
Ein paar angespannte Augenblicke später hetzten drei Männer mit Laternen und Schwertern von Ebene 1 herauf und weiter nach oben Richtung Ebene 3. Sofern einer der drei Samuil war, hatte er sich Zeit genommen, sich umzuziehen. Radu ertastete sich den Weg zurück zur Gabelung – wobei er sich bemühte, den leichten Moder verbrannter Wolle zu verdrängen – und erklomm die lange Treppe zum Besenschrank. Er hatte keine Möglichkeit, den Großherzog zu retten; es würde all seines Verstandes bedürfen, sich selbst zu retten.
Vom Oktogramm in Blau 3, J 6 aus wusste er selbst in der Finsternis, wohin er ging. Aber wohin waren seine Verfolger gerannt? Einer hatte sich so gut wie sicher aufgemacht, Hilfe herbeizurufen. Ein anderer, um dem Probst Bericht zu erstatten. Einer vielleicht, um eine Trage für den Mann mit den Verbrennungen zu holen. Radu durchquerte Oktogramm B 5 und wählte die Rampe zum weißen Flügel. Er bediente sich der üblichen Gangart eines Ritters, indem er mit geneigtem Haupt und einer Hand am Schwert lief. Sollte sich ihm jemand ernsthaft in den Weg stellen, so beschloss er zu kämpfen, aber die wenigen Männer, denen er begegnete, schenkten ihm keine Beachtung. Lampen glommen, erste Anzeichen von Helligkeit zeigten sich entlang der Ränder der Läden, doch alle Gedanken an Bett und Schlaf mussten verworfen werden. Er musste das Kloster und Krupina verlassen, bevor er in Stücke gehackt wurde.
Aber wie? Niemand verließ Vamky ohne Pass, und Pässe wurden nur von den höchsten Rängen ausgestellt. Jedes Fenster des Bauwerks wies auf einen tödlichen Abgrund hinaus. Außerdem konnte man ohnehin kein Pferd über ein Seil hinablassen, und ohne Pferd würde man ihn binnen einer Stunde ergreifen.
Und wenn er einfach so täte, als wüsste er von nichts? Wenn er den Brief vernichtete, sodass es keine sichtbare Verbindung zwischen ihm und dem unbekannten Spitzel gäbe? Falls Dusburg sich nach der Reise erkundigte, konnte er behaupten, Meistersinger Groningen hätte ihm lediglich mitgeteilt, sein Urlaub sei zu Ende und er könne nach Hause zurückkehren, Punkt und aus. Kein Brief. Würde Dusburg ihm das glauben? Hatte Samuil gehört, wie der Herzog Radus Namen sprach? Konnten sie ihn aus dem Herzog herausprügeln? Der Bruder in der Buchhaltung würde jedenfalls nicht freiwillig erzählen, dass er eine vertrauliche Anschrift herausgegeben hatte, und wieso sollten die Verräter auf den Gedanken kommen, ihn zu fragen? Schließlich konnten sie unmöglich wissen, dass der Spitzel, den sie um ein Haar gefasst hätten, erst in dieser Nacht nach Vamky zurückgekehrt war.
Während Radus Füße die Rampe von Rot 4 nach Grün 5 erklommen, waren seine Gedankengänge etwa an dieser Stelle angelangt, als ihm bewusst wurde, dass erden Brief von Groningen nicht mehr hatte. Er besann sich, ihn gehalten zu haben, als er das Gittertor aufschob. Danach hatte er ihn unter den Gürtel gesteckt, um eine Hand dafür frei zu haben, an Samuils Tür zu klopfen. Das war die letzte Erinnerung, die er an den Brief hatte. Man würde ihn finden – hatte ihn vielleicht bereits gefunden – und zum Tor laufen, um sich zu erkundigen, wer in jener Nacht eingetroffen war. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass man längst in Grün 5, F 97 auf ihn wartete. Er war so gut wie tot.
Da er keine anderen Anweisungen hatte, blieben seine Füße auf demselben Pfad, während sein Verstand wie eine Motte um ein Leuchtfeuer um dieselben, schrecklichen Gedanken kreiste. Seine Finger fanden seine Zellennummer. Auf dem Gang lauerten keine Wachen. Doch sie konnten auch drinnen auf ihn warten. Er hatte keinen wirklichen Grund hineinzugehen, keine Habseligkeiten außer einem Kamm. In seiner Zelle mochte eine Todesschwadron auf ihn warten, und dennoch war sie sein Zuhause bis zu dem Tag, an dem er starb und der draußen bereits anbrechen mochte. Irgendwie schien ihm die Zelle wie eine Zuflucht, die sie gewiss nicht war.
Er hob den Riegel an und ging hinein. Niemand hielt ihm ein Schwert an die Kehle. Niemand war da. Die einzige Veränderung in der Kammer war eine in sechs Monaten gewachsene Staubschicht, auf die Maßnahmen der Liste drei standen. Seine Decke lag ordentlich auf der Matratze, genauso, wie er sie hinterlassen hatte, als der Novize mit Dusburgs Ruf damals an seine Tür hämmerte. Radu öffnete die Läden, ließ das Licht und frische, kalte Bergluft herein. Er war tot, tot, tot.
Drei Briefe lagen auf dem

Weitere Kostenlose Bücher