Der Tanz Der Klingen
beschuldigt ihr ein Mitglied meines Gefolges fünf versuchter Anschläge auf mein Leben und des Mordes an über einem Dutzend Menschen! Das sind schwerwiegende Anklagen.«
O nein! Das wäre ein aufsehenerregender Beginn und ein noch aufsehenerregenderes und jähes Ende ihrer Laufbahn, doch so einfach wollte Trudy sich nicht in die Falle locken lassen. »Euer, äh, Gnaden. Bei allem Respekt, etwas Derartiges habe ich nie behauptet! Ich habe lediglich gemeldet, dass sich in jener Truhe zahlreiche Zauber befinden, von denen einige gefährlich sind. Sogar tödlich. Sie sollten ordnungsgemäß überprüft werden. Das ist alles, was ich sage.«
»Die Truhe wurde bei unserer Ankunft von den Weißen Schwestern genehmigt. Sie wurde sogar in der Nacht des Anschlags überprüft.«
»In jener Nacht war ich hier, Euer Gnaden. Kurz darauf starben fünf Männer. Aber niemand hat die Truhe geöffnet, beide Male nicht. Niemand ging auch nur in ihre Nähe. Außerdem hat sie sich seither verändert.«
Der Herzog legte die Stirn in Falten. »Und wurde Euch aufgetragen, sie heute Nacht erneut zu überprüfen?«
»Nein, Euer Gnaden. Mir wurde nur aufgetragen, meine Pflicht zu tun.«
»Habt Ihr Eure Pflicht beim ersten Mal denn nicht getan?«
»In jener Nacht hatte nicht ich die Aufsicht. Ich wollte die Truhe eingehender in Augenschein nehmen, was mir jedoch untersagt wurde. Sir Kühn kann meine Aussage bezeugen.«
Sir Kühn nickte, doch der Herzog hielt den stirnrunzelnden Blick unbeirrt auf Trudy gerichtet.
»Obwohl Ihr sorgsam darauf bedacht seid, es nicht auszusprechen, wollt Ihr zweifellos andeuten, dass etwas in jener Truhe dazu verwendet werden könnte, um die Schattenherren heraufzubeschwören. Aber die einzigen, die Zugang zu dieser Truhe haben, befanden sich in jener Nacht allesamt in diesem Gebäude. Der Übeltäter hätte sich demnach selbst in Gefahr gebracht.«
Trudy hatte zwar noch nie die Klinge mit einem Staatsoberhaupt gekreuzt, doch immerhin ließ sie sich selbst von Obermutter nicht einschüchtern, und so gedachte sie auch nicht, vor diesem alten Tränensack zu duckmäusern.
»Ich bin keine Beschwörerin. Daher weiß ich auch nicht, wie man Schattenherren heraufbeschwört, obwohl ich vermute, dass man zu Beginn eine besondere Art ansteckendes Gift verwendet, um das erste Opfer zu töten. Das wäre gewiss einfacher, als eine Beschwörung von Krupina aus zu senden, oder? Ich sage lediglich …«
»Sie sagt viel zu viel!«, brüllte der Baron. »Hoheit, das ist eine unduldbare Unverschämtheit!«
Großherzog Rubin nickte, als wollte er ihm beipflichten, was er hingegen sagte, war: »Vielleicht habe ich zu viel zugehört und zu wenig nachgedacht. Fahrt fort, Schwester.«
Das war schmeichelhaft. »Es ist spät, Euer Gnaden. Wenn ich mich irre und alles in der Truhe harmlos ist, wird mich die Schwesternschaft bestimmt maßregeln und sich bei Eurer Lordschaft entschuldigen. Warum lasst Ihr sie nicht bis morgen von den Klingen bewachen? Dann könnten wir weitere Schwestern rufen, um einen Blick darauf zu werfen. Ich bin zwar sehr gut, aber beim Schnüffeln ist es stets weise, mehrere Meinungen einzuholen.«
»Eure Hoheit wissen ganz genau, dass alles in dieser Truhe harmlos ist!«, schrie der Baron.
»Ihr lügt«, erklärte Trudy.
Ahem. Das war wohl etwas unbesonnen. Bestürzt starrten alle auf Gertrude. Der Baron lief purpurn an, sein Schnurrbart drohte, vor Weißglut in Brand zu geraten. Sogar der Großherzog runzelte wieder die Stirn, dabei hatte Trudy ihn schon fast auf ihrer Seite gehabt.
»Das hätte ich nicht sagen sollen, Euer Gnaden.«
»Nein, ganz gewiss nicht!«
»Aber nicht, weil es nicht stimmt! Nur deshalb, weil es uns nicht zusteht, lügenerkennende Fähigkeiten für uns zu beanspruchen. Das machen die Inquisitoren. Aber auch die meisten Weißen Schwestern sind dazu in der Lage, weil Wörter offensichtlich aus Luft bestehen, außerdem aus Weisheit, was Licht bedeutet, und Licht ist größtenteils Feuer. Also sind Wörter Luft und Feuer sowie ein wenig Erde zwecks Festigkeit. Lügen aber enthalten auch Tod und Wasser. Wasser für die Gestaltlosigkeit. Es können also zahlreiche Schwestern ebenso gut Lügen erkennen wie die Schnüffler, aber es ist kein Teil unserer Zuständigkeit, deshalb sollte ich es nicht erwähnen.« Trotzig schaute sie zu dem fetten, alten Baron. »Er hat gelogen.«
»Hoheit!«, gellte der Greis.
Der Herzog hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen und lächelte milde. »Bedenkt,
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