Der Tanz Der Klingen
euch bleibt hier.«
»Wettrennen!«, rief Trudy. Damit hob sie ihr Kleid an und preschte davon.
Glockmann und Kühn ließen sie gewinnen, hätten aber auch alle Mühe gehabt, es zu verhindern. Zielstrebig marschierte sie den Balkon entlang zur Tür, zu der sie wollte.
»Da drin.«
Kühn schaute zu Glockmann.
»Das Zimmer des Barons«, erklärte Letzterer.
Kühn wirkte etwas verlegen. »Schwester Gertrudes Wort sollte als Rechtfertigung genügen, es zu durchsuchen.«
Glockmann kicherte. »Dachtest du etwa, ich hätte etwas dagegen?« Er verspürte keinerlei Lust mitzuerleben, wie seine Freunde oder er selbst sich in mordlüsterne Leichname verwandelten. Zu seinen Pflichten dem Großherzog gegenüber gehörte es jedenfalls nicht, einen Mörder zu schützen, falls der Baron einer war.
»Fremdes Hoheitsgebiet!« Nun wirkte Kühn noch unglücklicher. »Ein Staatsoberhaupt zu Besuch? Rechtlich könnte dieses Gebäude derzeit als krupinesisches Hoheitsgebiet gelten. Es gab zwar nichts Offizielles vom Rat, aber ich wurde gewarnt, vorsichtig zu sein.«
Glockmann wog seine Treuepflichten ab – seinem neuen Arbeitgeber, seinem König, seinen Freunden gegenüber … »Seine Majestät hat dem Großherzog bislang noch keine königlichen Ehren zugestanden. Seine Hoheit hat mich nicht angewiesen, Unantastbarkeit vor den Gesetzen Chivials zu beanspruchen. Ich könnte die Grenze ziehen, indem ich dich nur sein eigenes Zimmer durchsuchen lasse, aber da er euch als Wachen angenommen hat, dürfte er wohl auch erwarten, dass ihr eure Pflicht erfüllt. Wenn ich dafür gefeuert werde, tut es mir Leid, aber ich tue, was ich für richtig halte.«
»Danke. Meister Glockmann«, verkündete Kühn formell, »die Königliche Garde hat Grund zu der Annahme, dass sich in diesen Räumlichkeiten unerlaubte Beschwörungen befinden und macht nun von ihrem Recht Gebrauch, sie zu überprüfen.«
Glockmann grinste. »Als Vertreter des Großherzogs behalte ich ihm das Recht vor, Beschwerde angesichts dieser Belästigung einzureichen.«
»Ach, die Pestsoll dich holen! Nein, lass mich öffnen, falls an der Tür eine Falle angebracht ist.«
»Denkt Ihr etwa, ich würde es Euch nicht sagen, wenn da eine Falle wäre?«, empörte sich Trudy.
Die Tür war versperrt.
Kühne brüllte zu seinen Männern hinunter, und Sir Ost kam mit einem riesigen Schlüsselbund heraufgerannt. Beim dritten Versuch fand Kühn einen Schlüssel, der passte, und warf die Tür auf. Das Zimmer war groß genug, um ein scheunengroßes Himmelbett, zwei prunkvolle Sofas, vier Stühle, ein paar Tische, einen Waschtisch, einen Schreibtisch und ein Bücherregal zu beherbergen und dennoch geräumig zu wirken. Die Läufer waren dick, die Vorhänge verschwenderisch, die Wandbehänge mit verschlungenen Mustern bestickt. Ohne zu zögern stapfte Trudy zu zwei mit Nieten verzierten Reisetruhen aus Rindsleder, die schäbig und abgewetzt waren, weshalb sie inmitten all des Prunks seltsam fehl am Platz wirkten.
»Diese hier. Nicht anfassen!«, fügte sie hinzu, als die Männer neben ihr eintrafen.
»Eine Schutzkordel?« Um die Truhe, auf die Trudy es abgesehen hatte, war ein unscheinbares Seil mit einem höchst einfachen Knoten gewickelt.
»Eindeutig. Zwar nicht derselbe Zauber, den Inquisitoren verwenden, aber er enthält genug Tod, um gehörig wehzutun.«
»Ich glaube, diese Truhe wurde überprüft, als Ihro Gnaden eintraf«, gab Kühn bekannt, der wieder höchst unbehaglich wirkte.
Trudy bedachte ihn mit einem breiten Grinsen. »Aber nicht geöffnet. Und jetzt haben wir fünf Todesfälle aufzuklären. Überrascht mich, dass der Leichenbeschauer die Truhe nicht als Beweismittel beschlagnahmt hat. Bitte geht aus dem Weg, Glockmann. Und hebt mir das Ding ein Stück von der Wand weg, aber rührt bloß nicht das Seil an.« Dann sank sie auf Hände und Knie, um oben und seitlich an der Truhe entlangzuspähen. Anschließend kroch sie weiter, um den Vorgang aus einem anderen Winkel zu wiederholen. Kein Wunder, dass man auch die Schwestern bisweilen als Schnüfflerinnen bezeichnete.
»Da ist eine Menge seltsames Zeug drinnen«, murmelte sie. »Alles vermischt. Das ist natürlich eine Möglichkeit, Elemente des Todes zu verbergen. Ohne Tod als Zutat kann man nichts Gefährliches zusammenschustern. Es ist sogar schwierig, überhaupt irgendetwas ohne eine Brise Tod zu machen.«
Nun fühlte Kühn sich noch unbehaglicher. »Habt Ihr nicht letztes Mal gesagt, etwas wirklich Gefährliches könntet Ihr von unten aus
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