Der Tanz Der Klingen
Tod aus Krupina wurde, kümmerte ihn keinen Deut. Aus diesem Winkel betrachtet, wäre Frederik ein Fehler gewesen, vielleicht ein Fehler, den es zu berichtigen galt. Natürlich hatte der falsche Herzog keine Ahnung von dem Hinterhalt gehabt.
Johanna schüttelte sich, um die Albträume zu vertreiben. Der Baron musterte sie. Er wirkte um zehn Jahre älter als noch zwei Tage zuvor.
»Gebt mir einen Rat, Herr«, forderte sie ihn auf.
»Das kann ich nicht«, antwortete er verärgert. »Ich bin zu alt, um ein solches Gewirr aufzulösen. Ich sehe so viele mögliche Erklärungen! Gab es zwei Verschwörungen? Oder war es eine Doppellist? Wer war das beabsichtigte Opfer? Vielleicht wusste Rubin tatsächlich von einem geplanten Staatsstreich, bei dem er gestürzt werden sollte. Also schickte er dich und deinen Sohn in Sicherheit, ohne zu ahnen, dass Volpe so weit gehen würde, der Kutsche aufzulauern. Aber wo steckt dein Gemahl jetzt? Und wer herrscht in Krupa?«
Und wagte sie es, dorthin zurückzukehren?
»Ich bin noch nicht in der Lage zu reisen«, sagte Johanna.
»Natürlich nicht.« Der Baron stemmte seinen massigen Körper aus dem Stuhl und watschelte zum Fenster, um hinauszustarren. »Tageslicht!« Er seufzte. »Weder der Kutscher noch die Frau konnten identifiziert werden. Die Kutsche war nur noch Feuerholz. Aber die Pferde trugen das Brandzeichen des Großherzogs. Als wir die Leichen gestern holten, war es bereits zu spät, um noch eine Botschaft nach Krupa zu schicken, verstehst du? Zumindest kann ich das behaupten. Aber ich wage nicht, es noch länger hinauszuzögern. Heute muss ich eine Nachricht in den Palast senden. Sofort! Noch vor Einbruch der Dunkelheit wird jemand hier sein. Und wenn dein Verschwinden bereits bekannt ist, könnte noch früher jemand hier auftauchen. Dies ist der erste Ort, an dem man nach dir suchen wird.«
Johanna erkannte, dass nicht nur sie selbst in Gefahr schwebte. Sie verbreitete die Gefahr wie eine Seuche. »Ihr dürft meinetwegen kein Wagnis eingehen, Herr.«
Der Baron stand am Fenster wie ein steinernes Denkmal und blickte hinaus auf die Berge. »Es ist kein Wagnis. Nur sehr wenige Menschen wissen, dass du hier bist, und sie mussten mir allesamt Verschwiegenheit schwören. Immerhin könntest du auch durch die Wälder irren oder in der Hütte eines Köhlers Zuflucht gesucht haben.«
»Nein!« Jäh stand sie auf, wodurch sie unverzüglich an ihre Wunden und Abschürfungen erinnert wurde. »Ihr dürft Euch nicht in Gefahr bringen!«
Mit gerunzelter Stirn drehte er sich zu ihr um. »Sei nicht töricht, Johanna. Für ein paar Tage ist es keine Gefahr. Dein Gemahl hat dir gesagt, dass Aufwiegler im Begriff wären, den Palast zu stürmen. Du wurdest von einem Unbekannten entführt. Dein Gemahl ist tot. Er hat versucht, dich zu töten. Sein Onkel hat versucht, dich zu töten. Zwar können nicht alle diese Aussagen zutreffen, aber jede davon reicht als Grund, dich zu verstecken, bis es nachweislich sicher ist, um sich wieder an die Öffentlichkeit zu wagen. Ich habe den Fuchsbau schon vorbereiten lassen.«
»Aber die Gemahlin des Großherzogs vor ihm zu verstecken, muss doch mindestens Hochverrat sein!«
»Unfug. Sie vor Aufwieglern zu verstecken, zeugt von wahrer Gefolgstreue. Fadrenschloss wird dir Zuflucht gewähren, und ich dulde keine Widerrede.«
Nun war sie wieder das Kind. Sie ging zu ihm hinüber und umarmte ihn innig.
8
Der Fuchsbau hatte sich nicht verändert. Er war bereits vor ihrer Ehe ihre Zuflucht gewesen, und nun würde er ihr denselben Dienst erneut erweisen. Frederik fand den seltsamen, gewundenen, düsteren kleinen Raum durchaus einen Besuch wert – aber nur, solange es dauerte, zur Pritsche am fernen Ende und wieder zurück zu tapsen.
»Wir werden eine Weile hier bleiben, Liebling«, erklärte ihm seine Mutter. »Sieh nur, wie hübsch alles für uns geputzt und vorbereitet wurde! Bist du hungrig? Durstig? Wir haben Essen hier. Und ich glaube, in dieser Kiste sind Spielsachen. Wir haben alles, was wir brauchen.«
»Muss aufs Töpfchen«, tat der Markgraf entschieden kund.
Erschrocken sah Johanna sich um. Fast alles.
Nachdem der Notfall bereinigt war – die Lösung befand sich unter dem Bett –, war Frederik rundum zufrieden damit, seine Mutter für sich allein zu haben und nicht in einer Kutsche zu sein. Die eigenen Blutergüsse und Abschürfungen störten ihn, hingegen fand er ihr geschwollenes Auge sehr lustig. Fortwährend versucht er, darauf zu hauen. So wie kleine
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