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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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kommt darauf an, dass wir beide uns gefunden haben, dass wir glücklich werden, dass ich dich liebe …« Mitten im Satz verstummte sie. Das hatte sie noch nie jemandem gesagt. Mit diesem Satz wurde man verletzlich und angreifbar, das durfte man lieber gar nicht sagen …
    Verwundert erwiderte Brandon ihren Blick. »Ich dachte, so etwas kommt niemals aus deinem Mund? Du bist doch die Herrin der großen Gefühle, die Frau, die niemals sagt, wie es ihr wirklich geht.«
    Mit einem Schlag fühlte sich Sinas Mund ganz trocken an. »Ich sage es nur, wenn ich mir ganz sicher bin«, murmelte sie schließlich. »Du bist der Erste, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will. Es ist mir doch völlig egal, ob du ein viertel oder ein halber Maori bist, ob dein Großvater eigentlich lebenslänglich verdient hätte oder ein Heiliger war. Es geht mir nur um dich! Dich!«
    Für einen Moment hörten beide nur die Brandung, das Schreien der Möwen und hin und wieder das entfernte Bellen eines Seehundes. Dann räusperte sich Hakopa.
    Â»Ich würde mich ja wieder dezent zurückziehen und euch alleine lassen. Aber dieses Mal geht das nicht, dieses Mal geht die Geschichte auch mich etwas an. Außerdem sollten wir den Haka noch einmal üben …«
    Er sah Sina und Brandon an, die sich immer noch an den Händen hielten. Und mit einem Schlag breitete sich ein Grinsen in seinem Gesicht aus. »Hey, jetzt sind wir alle miteinander verwandt. Ist das nicht einfach unglaublich!« Er sprang auf und umarmte sie. »Das ist etwas zum Feiern. Egal, wie tragisch und traurig diese Tage sind, aber die Wahrheit ist doch auch, dass unsere Familien plötzlich viel größer werden!«

34.
    Unter den sechs Männern sah Brandon wie ein Fremdkörper aus. Alle sechs trugen weiße Hemden, schwarze Hosen und waren barfuß. Mehr Ähnlichkeit gab es nicht. Fünf von ihnen hatten schwarze Haare, dunkle Augen und eine olivfarbene Haut. Brandon mit seinem blonden Wuschelkopf und seinen grauen Augen sah nicht im Entferntesten wie ein Cousin der anderen aus. Und doch war er genau das. Er war – ebenso wie die anderen – ein Enkel der verstorbenen Ruiha, zu deren Ehre sie heute tanzten.
    Es begann so wie in Sinas Traum, der sie in Neuseeland so lange verfolgt hatte. Alle sechs standen breitbeinig nebeneinander und klopften sich rhythmisch auf die Brust und die Oberschenkel. Dazu stießen sie Rufe aus, die wie eine wütende Kampfansage klangen.
    Anders als in ihrem Traum, schien die Sonne von einem wolkenlosen Himmel, wirkte der Tanz wie eine Darbietung zu Ehren einer Toten – nicht wie eine Anklage gegen den Himmel und die Ungerechtigkeit der Welt.
    Während Ruihas Enkel Abschied von ihrer Großmutter nahmen, ließ Sina ihren Blick über die Trauergemeinde schweifen. Da waren Hakopas Mutter und ihre beiden Brüder. Gestern erst hatten sie den dreien von Ruihas Geheimnis erzählt. Dem Schock wich bald die Trauer darüber, dass Ruiha ein so gewaltiges Geheimnis ihr ganzes Leben lang mit niemandem hatte teilen können.
    Dann kam die ohnmächtige Wut auf George Cavanagh, der so leichtherzig mit dem Leben der anderen Menschen gespielt und sich dann einfach in eine neue Existenz geflüchtet hatte. Etwas später verspürten die drei Geschwister dann Freude darüber, dass ihre Familie noch größer war, als sie immer angenommen hatten. Sina konnte sich nicht erinnern, dass sie jemals irgendwo so herzlich aufgenommen worden war wie bei Ruihas Kindern und Kindeskindern. Bis weit in die Nacht hinein hatten sie noch zusammengesessen und Geschichten aus Ruihas Leben und dem ihrer Kinder und dem Leben von Brandon und Sina ausgetauscht. Keine Sekunde zweifelte jemand an Brandons Recht, zu Ehren seiner Großmutter den Haka mitzutanzen.
    Sina sah sich weiter um. Anarus Verwandte, die offensichtlich überrascht von Brandons Teilnahme waren. Sie würden wahrscheinlich nie den wahren Grund erfahren. Ruihas Familie hatte am Vortag beschlossen, dass sie die alten Geschichten lieber ruhen lassen wollten.
    Â»Wenn Ruiha nicht die Leben der anderen aufstören wollte, dann sollten wir das respektieren«, hatte ihr ältester Sohn Rawiri erklärt. »Warum sollten wir im Nachhinein ein dunkles Jahr in ihrem Leben alles überschatten lassen?«
    Brandons Anwesenheit wollten sie einfach mit seiner tiefen Verbundenheit mit seinem Freund und dessen

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