Der tanzende Tod
Feinden nach seinem Mörder suchen sollten.«
»Bei wem? Arthur Tyne?«
»Möglicherweise.«
»Dann hoffe ich bei Gott, dass du Unrecht hast. Es würde noch schlimmere Folgen haben als bei Clarinda, wenn er jemals zu reden begänne.«
»Falls er sich dieses Mordes schuldig gemacht hat, wird er dieses Thema aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in einer Unterhaltung erwähnen.«
»Doch, das wird er tun, wenn er ein Dummkopf ist, und bei der Beerdigung beeindruckte er mich nicht sonderlich durch seinen Witz. Aber ich glaube, ich sollte ihm einen Besuch abstatten, nur um sicherzugehen.«
»Dies wäre eine sehr schlechte Idee.« Er bedachte mich mit einem weiteren Stirnrunzeln, aber ich begann, mich daran zu gewöhnen. »Du willst einen Skandal vermeiden. Also ist der beste Weg der, dich möglichst von Mr. Tyne und seinesgleichen fern zu halten, solange du nur kannst. Er gehört nicht zu deinem üblichen Freundeskreis, nicht wahr?«
»Natürlich nicht.«
»Und auch nicht zu dem meinen. Wir werden einfach weitermachen, als sei nichts geschehen, und dieser Kelch wird einfach an uns – und der Familie – vorübergehen. Aber wenn du dich einmischst und die Angelegenheit in Wallung bringst, könnte sich dies schneller als das Wetter ändern.«
Edmond gefiel dieser Vorschlag nicht, und sei es nur, weil er von mir stammte, aber in diesem Fall erkannte er widerstrebend den Sinn darin. Das magische Wort Familie hatte ihn überzeugt, Vorsicht walten zu lassen. Ich würde dies in Erinnerung behalten und den Begriff in Zukunft häufiger anführen.
»Ich muss mich nun auf den Weg machen«, meinte ich und erhob mich. »Der Abend neigt sich seinem Ende zu.«
»Was für Angelegenheiten hast du denn zu erledigen?«
Er würde dies vermutlich ohnehin denken, egal, was auch immer ich ihm erzählte. »Nur ein wenig Hurerei, lieber Vetter, sonst nichts. Da gibt es eine wunderbare Dame, nicht weit von hier. Ich bin sicher, sie kann dir eine ebenso wunderbare Gefährtin besorgen, solltest du den Wunsch hegen, mich zu begleiten. Oder wir teilen sie uns, wenn du möchtest.«
Mit Hilfe eines zutiefst verächtlichen und bedrohlichen Hohnlächelns gab er mir ohne jeden Zweifel zu verstehen, dass ein gemeinsamer Besuch mit mir an einem solchen Ort das Allerletzte sei, was er zu tun wünschte.
»Dann eben ein anderes Mal«, entgegnete ich mit einem breiten, unschuldigen Lächeln und nahm meinen Stock. Aber als ich an der Tür war, spürte ich den Anflug eines Schuldgefühles aufgrund meiner Unverschämtheit und drehte mich um. »Edmond, ich weiß, dass du wegen der ganzen Angelegenheit aufgebracht bist, aber es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass der Mord nichts mit Clarinda zu tun hat.«
»Das glaube ich nicht«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme.
»Ich ebenfalls nicht, aber es besteht zumindest eine geringe Chance. Du musst darauf hoffen, aber dich auf das Schlimmste gefasst machen.«
»Und wie soll ich das anstellen?«
Ich zog den Dubliner Revolver gerade weit genug heraus, damit er sehen konnte, worum es sich handelte. »Besorge dir einen von diesen, solltest du noch keinen besitzen, und gib gut Acht. Sollte Clarinda irgendwie darin verwickelt sein, erinnere dich daran, dass sie weder dir noch mir liebevolle Gefühle entgegenbringt.
Sorge dafür, dass deine Bediensteten vertrauenswürdig sind und die Notwendigkeit, die Türen und Fenster zu verriegeln, vollkommen verstehen, und obgleich ich zu Gott bete, dass es unnötig ist, solltest du ihnen Anweisung geben, mich oder Oliver sofort zu benachrichtigen, sollte dir etwas Schlimmes zustoßen. Wenn sie herausgelassen würde, könnte sie einen von ihnen überzeugen, dass sie wieder die Herrin über ihr eigenes Haus sei, und würde auf diese Weise ihre Freiheit zurückerlangen.«
Er schürzte die Lippen und runzelte die Stirn, aber er hörte mir zu.
»Und im Übrigen solltest du der Welt ein normales Gesicht zeigen und wie sonst weitermachen.«
Tapfere Worte, dachte ich, während ich ihn mit raschem Schritt zu seiner Kutsche zurückbegleitete. Um unsere Sicherheit zu gewährleisten, hatten wir uns entschieden, gemeinsam zu gehen. Auf dem Weg überprüfte ich die Straße gründlich, fand aber nichts, was von Belang gewesen wäre. Nebenbei befragte ich Mr. Dunnett, als wir erneut an ihm vorbeikamen. Er sagte, alles sei ruhig, und angesichts der Belohung, die ich ihm gegeben hatte, wusste ich, dass ich seinem Bericht trauen konnte.
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