Der tanzende Tod
Liebster. Ich freue mich darauf.«
»Dann lasse uns dafür sorgen, dass es bald sein wird.« Hätte ich mich bewegen können, hätte ich versucht, sie erneut zu lieben. Himmel, es war so verdammt lange her. Aber sie war wieder bei mir, und die Dinge versprachen sich zwischen uns besser denn je zu entwickeln.
»War dein Tod schmerzhaft?« Ihre Frage, die meine Gedanken aus heiterem Himmel unterbrach, verblüffte mich. »Wenn du nicht darüber reden möchtest –«
»Nein, es ist in Ordnung. Ich habe einfach nur noch nie darüber gesprochen. Ich wollte Vater und Elizabeth kein Unbehagen bereiten, und es ist keine meiner Lieblingserinnerungen. Aber um dir zu antworten: Ja, es war schmerzhaft, aber es ging sehr schnell. Ich habe seitdem Schlimmeres erlebt.«
»Was könnte denn schlimmer sein?«
»Wenn ich dir dies erzählen würde, wären wir die ganze Nacht hier.«
»Hast du noch etwas anderes zu tun?«
»Ja, aber ich fürchte, dies würde uns beiden einen zu großen körperlichen Tribut abverlangen.«
»Du Schelm. Du musst mir noch erklären, warum du im leeren Hause deines Vetters mit einer Pistole herumschleichst.«
»Du liebe Güte, ja. Bist du wach genug, um dir eine lange Erzählung anzuhören?«
»Du musst inzwischen wissen, dass wir nicht schlafen wie andere Leute.«
»Dies weiß ich tatsächlich, und es war eine solche Plage, mich daran zu gewöhnen.«
Sie legte mir die Hand auf die Wange. »Es tut mir wirklich Leid.«
Ich küsste ihre Handfläche. »Es ist alles in Ordnung. Ich verstehe es jetzt. Es ist vorbei und vergessen. Nun ist es an der Zeit, in die Zukunft zu blicken.« Ich hielt einen Moment inne, um nachzudenken und mich zu sammeln ... wo sollte ich beginnen? Am Anfang? Und wann und wo mochte dies sein? Ich nahm an, an jenem heißen Augustmorgen, als Beldon und ich unsere unglückliche Begegnung mit Lieutenant Nash und diesen Söldnern hatten. Ich hatte Nash nie gefragt, warum er auf der Insel mit einer Gruppe deutscher Soldaten herumgelaufen war. Sie hätten mit ihren eigenen Offizieren unterwegs sein müssen. Ich nehme an, er war gezwungen gewesen, die Leute zu Hilfe zu nehmen, welche auch immer sich anboten, um die Brüder Finch zur Strecke zu bringen. Wäre die Sache anders ausgegangen, wenn Beldon und ich einige Minuten früher oder später das Haus verlassen hätten? Oder wenn ich eine Jacke in einer anderen Farbe getragen hätte?
Vorbei und vergessen, dachte ich. Glücklicherweise besaß ich dank Nora noch immer eine Zukunft. Eine, in welcher Nora eine Rolle spielte. Dies war alles, was ich je gewollt oder gebraucht hatte. Ich drehte mich wieder auf die Seite, legte einen Arm um sie und begann, ihr alles zu erzählen.
Unterbrechungen sind bei einem dermaßen langen Bericht unvermeidlich, aber Nora beschränkte die ihren auf ein Minimum. Dennoch schien es mir, dass es noch eine bemerkenswert lange Zeit dauerte, bis ich daran dachte, eine Pause einzulegen, und die Vermutung wurde zur Gewissheit, als ich das nächste Mal auf die Kaminuhr blickte. Die Dämmerung stand zu kurz bevor. Nun, da Nora hier war, würde es mir immer so scheinen, als stünde die Dämmerung zu kurz bevor.
Wir verließen den Kaminvorleger und kleideten uns wieder an. Dieses Mal setzte sie sich neben mich aufs Sofa, so nah, wie sie nur konnte.
»Ich hoffe, der Gedanke an die anderen macht dir nichts aus«, meinte ich nach meiner diplomatisch kurz gehaltenen Erwähnung der Art und Weise, wie ich meine fleischlichen Gelüste mit anderen Frauen gestillt hatte.
»Gingst du vorsichtig mit ihnen um?«, fragte sie. Das Thema schien sie nicht im Mindesten zu stören. Das war eine Erleichterung für mich.
»Immer. Vielleicht war ich vorsichtiger, als es notwendig gewesen wäre.«
»Ich bin froh, dies zu hören. Es schien dir bei deiner Veränderung recht gut ergangen zu sein, indem du dich einfach von deiner eigenen Urteilskraft leiten ließest.«
»Und ich nahm mir ein Beispiel an dem, woran ich mich bei dir erinnerte ... obwohl ich bei dir kein einziges Mal gesehen habe, wie du dich auflöst.«
»Ich tue es nicht oft. Es ermüdet mich.«
»Warum sind wir dazu in der Lage?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, warum, ich weiß nur, dass wir es können. Vielleicht wurde uns diese Fähigkeit gegeben, damit wir in der Nacht leicht aus unseren Gräbern entkommen und am Morgen rasch in sie zurückkehren können.«
»Bei jenem ersten Male war es für mich sehr nützlich, aber ich war seitdem nicht wieder in
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