Der taubenblaue Drache / eBook (German Edition)
Sie rein«, sagte Earl und beobachtete, wie Charleys Taxi in Richtung Innenstadt verschwand. »Maude und ich machen uns gerade fertig zum Feiern. Warum bleiben Sie nicht
einfach zum Abendessen und zeigen uns dabei, wie einige der schicken Apparaturen funktionieren?«
»Danke, aber ich werde zu Hause erwartet. Ich kann aber noch kurz hierbleiben und erklären, was Sie noch nicht so ganz verstehen. Zu schade aber auch, daß Sie Freeman nicht zum
Bleiben überreden konnten.«
Maude zwinkerte Earl zu. »Wir haben ihn gebeten, aber er hatte noch viele Besorgungen zu erledigen.«
»Ja, eben schien er es richtig eilig zu haben. Wissen Sie«, sagte Converse nachdenklich, »Typen wie Freeman sind komisch. Bei ihnen kriegt man gleichzeitig ein gutes und ein
schlechtes Gefühl.«
»Was hältst du davon, Maude?« sagte Earl. »Lou ging es bei Charley instinktiv genauso wie uns! Was meinen Sie genau damit, Lou, mit dem guten und dem schlechten
Gefühl gleichzeitig?«
»Nun, gut, weil man froh ist, daß es immer noch solche Menschen gibt auf der Welt«, sagte Converse. »Und schlecht ... Tja, wenn man so einem Mann begegnet, kann man
nicht anders; man muß sich fragen, was man aus seinem eigenen Leben gemacht hat.«
»Ich verstehe Sie nicht«, sagte Earl.
Converse zuckte die Achseln. »Oh, Gott weiß, daß wir nicht alle unser Leben so aufopfernd verbringen können wie er. Können nicht alle Helden sein. Aber wenn ich an
Freeman denke, finde ich, ich hätte ein bißchen mehr tun können, als ich getan habe.«
Earl tauschte Blicke mit Maude. »Was hat Charley Ihnen denn gesagt, was er getan hat, Lou?«
»Slotkin und ich hatten nicht viel von ihm. Wir hatten nur ein paar Minuten, während Sie und Maude sich umgezogen haben, und ich habe mir gedacht, irgendwann erzählen Sie mir die
ganze Geschichte. Er hat uns nur gesagt, daß er die letzten dreißig Jahre in China war. Dann ist mir eingefallen, daß heute morgen etwas Großes über ihn in der Zeitung
stand, ich hatte nur vergessen, wie er heißt. So habe ich erfahren, wie er sein ganzes Geld in ein Krankenhaus da drüben gesteckt und es geleitet hat, bis die Kommunisten ihn eingesperrt
und schließlich rausgeschmissen haben. Eine ziemliche Geschichte.«
»Ja ...«, sagte Earl trostlos und beendete damit eine tödliche Stille, »eine ziemliche Geschichte, stimmt.« Er legte den Arm um Maud, die durch das
Aussichtsfenster den Grill anstarrte. Er drückte sie sanft. »Ich sagte, daß das eine ziemliche Geschichte ist, stimmt’s, Mutti?«
»Wir haben ihn wirklich gebeten zu bleiben«, sagte sie.
»Das sieht uns gar nicht ähnlich, Maude, und wenn es uns doch ähnlich sieht, möchte ich es nicht mehr. Komm, Süße, machen wir uns nichts vor.«
»Ruf ihn im Hotel an!« sagte Maude. »Genau. Das machen wir. Wir sagen ihm, das mit meiner Schwester war ein Irrtum, wir sagen ihm ...« Die Unmöglichkeit jeder
Art von Wiedergutmachung ließ sie abbrechen. »Ach, Earl, Schatz, warum mußte er sich gerade heute aussuchen? Wir haben unser ganzes Leben lang für heute gearbeitet, und dann
mußte er kommen und es verderben.«
»Er hat wirklich sein Bestes versucht, es zu vermeiden«, seufzte Earl. »Aber die Chancen standen zu schlecht.«
Converse sah die beiden voll Unverständnis und Mitgefühl an. »Tja, was soll’s, wenn er Besorgungen hatte, hatte er Besorgungen«, sagte er. »Das sagt doch gar
nichts über Ihre Gastfreundschaft aus. Meine Güte, im ganzen Land gibt es keinen Gastgeber, der besser zum Bewirten von Gästen ausgestattet wäre als Sie beide. Sie brauchen nur
einen Hebel zu bedienen oder auf einen Knopf zu drücken, und schon hat man alles, was man sich nur wünschen kann.«
Earl ging über den dicken Teppich zu einer Ansammlung von Knöpfen neben der Bücherwand. Lustlos drückte er auf einen, und rings um das Haus herum gingen in Sträuchern
und Buschwerk verborgene Flutlichtscheinwerfer an. »Das ist er nicht.« Er drückte auf einen anderen, und eine Garagentür rumpelte zu. »Nein.« Er drückte auf
einen dritten, und das Dienstmädchen erschien in der Tür.
»Sie haben geläutet, Mr. Fenton?«
»Tut mir leid, ein Irrtum«, sagte Earl. »Das war nicht der gewünschte Knopf.«
Converse runzelte die Stirn. »Was suchen Sie denn, Earl?«
»Maude und ich würden gern wieder ganz von vorn anfangen«, sagte Earl. »Zeigen Sie uns, auf welchen Knopf man drückt, Lou.«
MASSGESCHNEIDERTE BRAUT
I ch bin Kundenberater für eine
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