Der tausendfältige Gedanke
Widersacher nicht gealtert war. Dann enthüllte Nin’janjin den eigentlichen Grund seines Kommens. Die Inchoroi – so sagte er – hätten zu viel Angst vor Cu’jara-Cinmois Macht, um die Arche zu verlassen, und lebten deshalb elend und wie Gefangene. Er behauptete, sie hätten ihn geschickt, damit er um Frieden ersuche. Auch wüssten sie gern, welcher Tribut den Zorn des Königs stillen könne.
Darauf antwortete Cû’jara-Cinmoi: »Ich möchte jung an Körper und Seele bleiben. Ich möchte, dass der Tod meinem Volk nichts anhaben kann.«
Die Zweite Wache wurde abgezogen, und die Inchoroi bewegten sich ungehindert zwischen den Cûnuroi von Siöl. Sie halfen allen und teilten jene Arzneien aus, die die Nichtmenschen unsterblich machten und zugleich verdammten. Bald waren alle Cûnuroi von Eärwa – selbst die, die anfangs an Cû’jara-Cinmois Verstand gezweifelt hatten – den Inchoroi und ihren Wundermitteln erlegen.
Der Isuphiryas zufolge war Hanalinqu, die legendäre Frau Cû’jara-Cinmois, das erste Opfer der Schoßplage. Der Chronist preist anfangs Gewissenhaftigkeit und Geschick der Inchoroi-Ärzte des Königs, doch als die Schoßplage immer mehr Frauen der Cûnuroi tötet, wird aus dem Lob ein Verdikt. Bald lagen alle Mädchen und Frauen der Cûnuroi im Sterben. Die Inchoroi flohen aus den Anlagen der Nichtmenschen und kehrten in ihre zerstörte Arche zurück.
Ishroi aus ganz Eärwa folgten Cû’jara-Cinmois Aufruf zum Krieg, obwohl viele den König für das Sterben ihrer Liebsten verantwortlich machten. Fast wahnsinnig vor Kummer, führte der König die Kämpfer durch die Ringberge und ließ sie auf der Inniür-Shigogli – der »Schwarzen Ofenplatte« – Aufstellung nehmen. Dann legte er Flanalinqûs Leichnam vor die schreckliche Arche und verlangte, dass die Inchoroi sich seinem Zorn stellten.
Doch die Inchoroi waren in all den Jahren seit der Schlacht von Pir Pahal nicht faul gewesen. Sie hatten unter der Inniür-Shigogli Tunnel gegraben, die erst in den Ringbergen ans Licht kamen. In diesen Tunneln hatten sie Horden entstellter Wesen zusammengepfercht, wie die Cûnuroi sie nie gesehen hatten: Sranc, Bashrag und gewaltige Drachen. Die Ishroi aller neun Anlagen von Eärwa, die gekommen waren, um die wenigen Überlebenden der Schlacht von Pir Pahal zu vernichten, sahen sich von allen Seiten bedrängt.
Viele Sranc fielen der Kraft und Hexenkunst der Ishroi zum Opfer, doch ihre Zahl schien unerschöpflich. Bashrag und Drachen fügten den Ishroi böse Verluste zu. Schrecklicher noch waren die wenigen Inchoroi, die sich in die Schlacht wagten und von oben ihre Lichtwaffen ins Getümmel richteten, wobei die Hexenkunst der Ishroi ihnen anscheinend nichts ausmachte. Nach der Katastrophe von Pir Pahal hatten die Inchoroi denen nachgespürt, die die verbotene Aporos anzuwenden verstanden, und die ersten Chorae entwickelt, um ihre Herren gegen die Hexenkunst der Cûnuroi immun zu machen.
Doch alle Helden von Eärwa standen auf der Schwarzen Ofenplatte. Mit bloßen Händen brach Ciögli der Berg – der stärkste Kämpfer der Ishroi – Wutteät dem Schwarzen (dem Vater der Drachen) das Genick. Oirinas und Oirunas kämpften Seite an Seite und brachten den Sranc und den Bashrag große Verluste bei. Ingalira – der Held von Siöl – erwürgte Vshikcrû, einen der kräftigsten Inchoroi, und schleuderte seine brennende Leiche zwischen die Sranc.
Starke, unerschrockene Kämpfer gingen da aufeinander los, und zahllose Scharmützel wurden gefochten. Doch so sehr die Inchoroi auch drängten: Die durch den Verlust ihrer Frauen und Töchter tief erzürnten Cûnuroi wollten nicht weichen.
Dann streckte Nin’janjin Cu’jara-Cinmoi nieder.
Der Kupferbaum von Siöl fiel zwischen stampfende Mengen von Sranc, und die Cûnuroi waren bestürzt. Sin’niroiha – der König von Nihrimsul und Ishoriöl – kämpfte sich zu Cu’jara-Cinmoi durch, konnte aber nur seinen enthaupteten Leib bergen. Dann fiel der Held Gin’gurima einem Drachen zum Opfer, nach ihm Ingalira, der die Inchoroi als Erster gesehen hatte. Kurz darauf wurde Oirinas von einem Lichtspeer der Inchoroi in Hälften geteilt.
Sin’niroiha begriff den Ernst der Lage, scharte seine Männer um sich und kämpfte sich in die Ringberge hinein. Der Großteil der Cûnuroi folgte ihm. Kaum hatten sie sich von ihren Feinden gelöst, flohen die ruhmreichen Ishroi von Eärwa in panischer Angst. Ob sie nun erschöpft waren oder darin eine Falle sahen: Die
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