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Der tausendfältige Gedanke

Der tausendfältige Gedanke

Titel: Der tausendfältige Gedanke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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das Kinn…
    Diesmal gingen sie alle gleichzeitig auf ihn los, prügelten auf ihn ein und zerrten an ihm. Er schlug um sich und wand sich, doch sie rangen ihn zu Boden. Alles wurde taub, und seine Augen tränten. Seine Feinde kamen ihm wie schreiende Affen vor.
    Dann bildeten sie eine Gasse für ihren unbesiegbaren Oberbefehlshaber. Rauch stieg hinter seinem schönen, aber übel zugerichteten Gesicht zum Himmel auf und verhüllte die Sterne. Conphas’ Augen waren noch die alten, wirkten aber entnervt, sehr entnervt. »Genauso«, brachte er über die geschundenen Lippen. »Ganz genauso wie Xunnurit.«
    Als es Nacht um ihn wurde, begriff Cnaiür endlich: Der Dunyain hatte ihn nicht gesandt, um Conphas zu töten…
    Er hatte ihn gesandt, um sein Opfer zu werden.



8. Kapitel
     
    XERASH
     
     
     
    Hoffnung ist kaum mehr als der Vorgeschmack der Reue – das ist die wichtigste Lehre der Geschichte.
     
    Casidas: Die Annalen des Ceneischen Reichs
     
     
    Sich an die Apokalypse erinnern zu können, bedeutet, sie überlebt zu haben. Das macht die Sagas – trotz ihrer überbordenden Schönheit – so ungeheuerlich. Allen Beteuerungen zum Trotz: Ihre Dichter zittern nicht und trauern erst recht nicht – sie feiern.
     
    Drusas Achamian: Handbuch des Ersten Heiligen Kriegs
     
     
     
    XERASH, VORFRÜHLING 4112
     
    Auf Geheiß des Kriegerpropheten sammelte sich der Heilige Krieg vor Gerotha. Lord Soter und seine Kishyati, die über die Via Herotia gezogen waren, bekamen die schwarzen Stadtmauern als Erste zu Gesicht. Der herrische Pfalzgraf der Ainoni ritt ohne Umschweife zu dem Tor, das die Männer des Stoßzahns bald die Zwillingsfäuste nennen sollten, und verlangte, mit dem Sapatishah-Gouverneur zu verhandeln. Die Xerashi erklärten ihm, allein die Angst vor Gräueltaten lasse sie ihre Tore verriegelt halten. Lord Soter lachte bloß, zog sich ohne ein weiteres Wort auf die Äcker rings um die Stadt zurück und errichtete das erste Belagerungscamp inmitten eines zertrampelten Zuckerrohrfeldes.
    Der Kriegerprophet traf am folgenden Morgen mit Proyas und Gotian ein. Bis zum Abend hatten die Einwohner von Gerotha eine Abordnung gesandt, die den falschen Propheten, der den Padirajah vernichtet hatte, in Augenschein nehmen und mit ihm verhandeln sollte, aber nicht den Mut hatte, Forderungen zu stellen. Anscheinend hatten Utgarangi, der Sapatishah von Xerash, und alle überlebenden Kianene die Stadt Tage zuvor verlassen. Stunden später kehrte die Abordnung in der Überzeugung, die Stadt müsse bedingungslos kapitulieren, zu den Zwillingsfäusten zurück.
    Nach einem langen Gewaltmarsch trafen Gothyelk und das Gros der Leute aus Ce Tydonn im Laufe der Nacht ein.
    Und am folgenden Morgen hingen die Männer, die mit dem Heiligen Krieg verhandelt hatten, mit bis zum Boden reichendem Gedärm von den Zinnen des großen Tors. Überläufern zufolge, die aus der Stadt fliehen konnten, hatte es in der Nacht einen Umsturz gegeben, den Priester und Offiziere, die ihren alten Herren die Treue hielten, angeführt hatten.
    Die Männer des Stoßzahns rüsteten sich zum Angriff.
    Als der Kriegerprophet zu den Zwillingsfäusten ritt, um eine Erklärung zu verlangen, empfing ihn ein Veteran, der sich Hauptmann Hebarata nannte. Mit einer Bissigkeit, wie sie nur Alte aufbringen, verfluchte er den Kriegerpropheten als Betrüger und drohte ihm die Vergeltung des Einzigen Gottes an, als wäre sie eine von vielen Münzen in seiner Börse. Als er dann mit seiner Tirade fertig war, feuerte jemand eine Armbrust ab…
    Der Kriegerprophet pflückte den Pfeil unmittelbar vor seinem Hals aus der Luft. Zum Erstaunen aller reckte er das Geschoss in die Höhe. »Höre, Hebarata«, rief er. »Von diesem Tag an zähle ich!« Diese rätselhaften Worte beunruhigten sogar die Inrithi.
    Unterdessen streifte Coithus Athjeäri mit seinen abgehärmten Rittern aus Gaenri immer weiter gen Osten. Südlich der Stadt Nebethra stießen sie zufällig auf die erste Patrouille der Kianene. Nach einem heftigen Scharmützel stoben die Kianene davon und flohen nach Chargiddo. Beim Verhören der Überlebenden erfuhr der Graf aus Galeoth, dass Fanayal sich in Shimeh aufhielt, doch niemand wusste, ob er dort bleiben wollte. Die Kianene behaupteten, sie hätten den Auftrag gehabt, über Stätten, die den Inrithi als heilig galten, Auskünfte einzuziehen. Ein Gefangener sagte, der Padirajah hoffe, diese Orte einzunehmen und zu plündern »werde den falschen Propheten zu Dummheiten

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