Der Tee der drei alten Damen
zu tun, unser Alter hat sich mit der Standard-Oil zu tief eingelassen, und dann ist Petroleum entdeckt worden, dort unten, in Jam Nagar. Und der Fürst war noch ein ganz junger Mensch, ein anständiger Kerl, der war gegen die amerikanischen Interessen. Diese wurden vertreten von einem Missionar, der aussah, als käme er direkt aus dem ›Regen‹ von Maugham. Der alte Eric Bose war delegierter Berater oder beratender Delegierter vom indischen Vizekönig bei dem Maharaja. Es war ja schon eigentlich Hochverrat, daß Bose sich mit der Standard-Oil eingelassen hat. Aber ich bin zu spät gekommen. Als ich hinkam, war schon alles im Gleiten; der alte Bose hat zusammen mit dem amerikanischen Missionar das Volk gegen den jungen Fürsten aufgeputscht, und der Fürst, in seiner Anständigkeit, hat abgedankt.« Schweigen, langes Schweigen. »Er hat abgedankt, der Maharaja Jam Nagar, weil er zu anständig war«, wiederholte Charles; seine Stimme war traurig. »War ein Gentleman, der junge Fürst, sah aus wie Krishnamurti, der Heiland der Theosophen. Ja.«
»Und Sie wissen nicht, Colonel, wo der junge Fürst steckt?«
»Steckt?« wiederholte Charles gereizt, »sprechen Sie anständig, junger Mann. Seine Majestät residiert irgendwo, ich vermag nicht, den Ort näher zu bezeichnen. Aber sie ›steckt‹ nirgends.«
O'Key unterdrückte sein freches Bubenlächeln. Man durfte dem Colonel nicht zu nahe treten.
»Aber, was ich Sie noch fragen wollte, wie kommt der alte Bose zu der Witwe Pochon? Die zwei haben doch nichts gemein?«
»Der Sohn, Simp, der Sohn der Witwe«, beschwörend hob Charles die flachen Hände, »vergiß den Sohn nicht, ich bitte dich. Der Kerl ist unheimlich. Er sieht aus… ja, wie sieht er aus? Wie seine Mutter, wenn sie eine Entfettungskur durchgemacht hätte. Kannst du dir das vorstellen? Die Haut ist ihm zu weit, überall Falten und Runzeln, und doch ist er jung, sehr jung. Übrigens, seine Mutter ist eine Hexe«, sagte Charles ganz ernst; der Ernst dieser Behauptung hätte bei einem Agenten des I.S. eigentlich komisch wirken müssen, aber auch O'Key blieb ernst; wenn er aus Irland stammte, so stammte Dealdonel aus Schottland. Und das hielt sich, was Aberglauben betraf, die Waage.
»Aber«, rief O'Key plötzlich, »warum, Gott verdamm' ihre Seele (Charles stieß ein begütigendes ›Psch‹ aus), warum hat man dann Crawley umgebracht?«
»Das zu entdecken, dazu bist du da, Simp, und, bitte, fluche nicht mehr. Ich bin ein alter Militär, aber ich liebe das Fluchen nicht. Das einzige, was ich dir sagen kann, ist, daß Crawley am Abend des 23. Juni mit meinem Alten einen großen Krach gehabt hat. Ich hab nichts davon gewußt, ich hab dir ja gesagt, ich war gar nicht da. Der Etagenkellner hat es mir gestern erzählt, ein wenig spät. Aber sie haben gegeneinander getobt, wie zwei Stiere (so sagte mein Gewährsmann), und dann kam Crawley mit einer Mappe unter dem Arm aus dem Zimmer gelaufen, sprang die Treppe hinunter, ohne Hut, und war fort. Um zehn Uhr ist dann der alte Bose ebenfalls ausgegangen.«
O'Key blieb stumm, und seine Nase wackelte.
»Hä!« stieß er dann so laut hervor, wie Pillevuit am Morgen. »Ein unerträglicher Kerl, dieser Crawley. Zuerst hat er mit dem Professor Krach, eine Woche vor seinem Tode, dann mit seinem Vorgesetzten, und um allem die Krone aufzusetzen, erlaubt er sich auch noch auf mysteriöse Art ums Leben zu kommen. Und ich, ausgerechnet ich, soll nun seinen Tod rächen. Schauderbar.« Er schüttelte sich.
»Ruhig, mein Junge«, sagte Charles, »alles wird sich aufklären, du kriegst Beförderung und ich gehe in Pension. Bin schon zu alt, hab ein Landhaus, von dem erzähl ich immer dem Etagenkellner, dorthin will ich ziehen. Und dann will ich versuchen, einen ganz dunkelblauen Rittersporn zu züchten, fast schwarz muß er werden, so wie mein Anzug. Kannst du dir vorstellen, so eine lange, lange Blütenrispe, ganz dunkel, und viele dieser Blüten in einem Rasen, in einem englischen Rasen, versteht sich, denn hier wissen die Leute ja gar nicht, was ein Rasen ist.«
Er blickte träumerisch über den See, der dunkel geworden war, denn die Sonne war schon tief.
»Wie jetzt der See ist, so muß sie werden, mit einem kleinen Schuß Purpur und heißen wird sie Delphinium hybridum ›Colonel‹. Oder soll ich ihr deinen Namen geben, mein Junge?« Die Stimme war ein wenig ängstlich.
»Aber nein, Colonel, der andere ist viel schöner.«
»Nicht wahr, man denkt dann an einige ganz
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