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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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zwanzig Morgen maß das Gelände, das Ramses für seinen Tempel der Millionen Jahre ausersehen hatte. Außer dem Heiligtum selbst sollten hier noch ein Palast, ein Garten und mehrere Nebengebäude entstehen, zu denen auch eine Bibliothek und Lagerhäuser gehörten. Diese wirtschaftlich unabhängige heilige Stadt würde dem Kult zu Ehren der übernatürlichen Kräfte des Pharaos geweiht werden.
    Vom Ausmaß dieses Vorhabens wie betäubt, verdrängte Bakhen alle Gedanken an die damit verbundenen Schwierigkeiten und hatte nur noch Augen und Ohren für das königliche Paar. Nachdem sie symbolisch die Ecken des künftigen Bauwerks festgelegt hatten, schlugen der König und die Königin mit einem Hammer die Begrenzungspfähle ein und spannten die Meßstrecke. Dabei ließen sie die Erinnerung an Imhotep, den Erbauer der ersten Pyramide und das Vorbild aller Baumeister, Wiederaufleben.
    Dann hob der Pharao mit einer Hacke einen kurzen Graben aus, legte winzige Barren aus Gold und Silber, Werkzeuge in verkleinerter Form und Amulette hinein und bedeckte sie wieder mit Sand, um sie den Blicken zu entziehen.
    Entschlossen rückte Ramses mit einer schweren Stange, die er als Hebel benutzte, den Grundstein an seinen Platz und formte selbst den ersten Ziegel. Aus dieser schöpferischen Handlung sollten die Fundamente, Wände und Decken des Tempels erwachsen. Nun nahte der Augenblick der Läuterung: Ramses schritt die heilige Stätte ab und verstreute Weihrauchkörner, deren hieroglyphische Bezeichnung «vergöttlichen» bedeutete.
    Bakhen stellte eine hölzerne Tür auf, das verkleinerte Modell des künftigen gewaltigen Portals. Der König weihte sie und öffnete damit den Zugang zu seinem Tempel der Millionen Jahre. Von nun an wohnte ihm für alle Zeit das göttliche Wort inne. Zwölfmal klopfte Ramses mit der weißen Keule, die den Namen «die Erleuchtende» trug, an diese Tür, um die Anwesenheit der Gottheiten zu erflehen. Mit einer brennenden Lampe verlieh er dem Heiligtum, dem späteren Wohnsitz des Verborgenen, immerwährendes Licht.
    Schließlich sprach er die überlieferte Formel, mit der er versicherte, das Bauwerk nicht für sich selbst zu errichten, sondern es seinem wahren Herrn, der göttlichen Regel, dem Anfang und Ende aller Tempel Ägyptens, als Geschenk darzubringen.
    Bakhen hatte das Gefühl, Zeuge eines echten Wunders zu sein. Was sich hier, vor den Augen weniger Auserwählter, vollzog, überstieg menschlichen Verstand. Auf diesem noch kahlen Fleckchen Erde, das bereits den Göttern gehörte, würde sich fortan die Kraft des Ka entfalten.
    «Die Gründungsstele steht bereit», erklärte Doki.
    «Man stelle sie auf», befahl der König.
    Der von Doki angeworbene Bildhauer brachte einen kleinen, mit Hieroglyphen bedeckten Stein herbei. Die Inschrift heiligte für alle Zeit den Boden des Ramesseums, der nie mehr in weltlichen Besitz zurückfallen würde. Die Magie der Zeichen verwandelte ihn in einen Teil des Himmels.
    Da trat Setaou mit einem jungfräulichen Papyrus und einem mit frischer Tinte gefüllten Napf vor. Doki zuckte zusammen. Das Einschreiten dieses ungesitteten Burschen war nicht vorgesehen.
    In waagerechten, von rechts nach links verlaufenden Zeilen schrieb er einen Text auf den Papyrus und las ihn alsdann laut vor.
    «Möge jeder lebende Mund verschlossen werden, der bei Tag oder Nacht seine Stimme wider den Pharao erhebt, indem er Schlechtes über ihn ausspricht oder auszusprechen beabsichtigt! Dieser Tempel der Millionen Jahre möge zu einer magischen Festung werden, die das Leben des Königs beschützt und alles Unheil von ihm abwendet!»
    Doki brach der Schweiß aus, in großen Tropfen. Niemand hatte ihn von dieser Beschwörung in Kenntnis gesetzt. Zum Glück vermochte sie am Ablauf seines Plans nichts zu ändern.
    Setaou rollte den Papyrus zusammen und überreichte ihn Ramses, der ihm sein Siegel aufdrückte und ihn dann am Fuß der Stele niederlegte, wo er in der Erde vergraben werden sollte. Allein dadurch, daß der König seinen Blick auf die Inschrift der Stele richtete, verlieh er ihr ihre Wirksamkeit.
    Plötzlich wandte er sich um.
    «Wer hat diese Hieroglyphen gemeißelt?»
    Aus der Frage des Herrschers war Zorn herauszuhören.
    «Ich, Majestät.»
    «Wer hat dir den Text für diese Inschrift gegeben?»
    «Der Oberpriester des Amun persönlich, Majestät.»
    Sowohl aus Ehrfurcht als auch aus Angst vor dem wütenden Blick des Königs warf sich der Bildhauer zu Boden. Die von alters her

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