Der Tempel der Ewigkeit
denen Ramses sich umgibt. Das wird zwar lange dauern und schwierig werden, doch es wird mir gelingen.»
Entsetzt wich der ehemalige Gesandte einen Schritt zurück.
«Ich bin nicht imstande, dir dabei zur Seite zu stehen.»
«Darum bitte ich dich auch nicht, Meba. Es gibt jedoch noch einen anderen Bereich, in dem es Ramses anzugreifen gilt: im Denken.»
«Darin vermag ich dir nicht zu folgen.»
«Die Anhänger Atons brauchen einen ebenso geachteten wie achtenswerten geistigen Führer. Sobald Aton die anderen Götter verdrängt hat, fällt diesem Mann eine überaus wichtige Rolle zu, denn er wird den dann geschwächten und des Handelns unfähig gewordenen Ramses stürzen.»
«Das ist… das ist sehr gewagt!»
«Echnaton wurde geächtet, nicht Aton. Kein Gesetz verbietet seinen Kult. Seine Bewunderer sind zahlreich und dazu entschlossen, den Glauben an ihn als alleinigen Gott durchzusetzen. Echnaton ist gescheitert, wir werden Erfolg haben.»
Meba war verwirrt. Seine Hände zitterten.
«Ich muß darüber nachdenken.»
«Ist das nicht aufregend?» fragte die Schwester des Königs. «Vor uns tut sich eine neue Welt auf, eine Welt, in der wir den Platz finden werden, der uns gebührt.»
«Ja, gewiß… Ich werde darüber nachdenken.»
Ofir war mit dieser Unterredung sehr zufrieden. Als vorsichtiger und ängstlicher Diplomat war Meba zwar nicht dazu geschaffen, die geistige Führung einer Bewegung zu übernehmen, doch er verabscheute Ramses und träumte davon, sein ehemaliges Ansehen zurückzuerobern. Wenngleich er nicht die Fähigkeit besaß, selbst zu handeln, würde er sich diese Gelegenheit dennoch nicht entgehen lassen wollen, und er würde seinen Freund Chenar zu Rate ziehen, den Mann, den Ofir vor allem zu beeinflussen gedachte. Dolente hatte ihm lange vom neuen Obersten Gesandten erzählt, der noch vor kurzem so eifersüchtig auf seinen Bruder gewesen war. Falls er sich nicht gewandelt hatte, verstellte er sich jetzt nur und war nach wie vor von dem Wunsch beseelt, Ramses zu vernichten. Auf dem Umweg über Meba würde der Magier schließlich Verbindung zu diesem mächtigen Mann aufnehmen können und ihn zu seinem wichtigsten Verbündeten machen.
Nach einem anstrengenden, endlos langen Arbeitstag war die von einer Gelenkentzündung verunstaltete große Zehe an Sarys rechtem Fuß rot und geschwollen. Den Wagen, der ihm in seinem Amt zustand, konnte er nur mit größter Mühe lenken, denn das Stehen bereitete ihm unerträgliche Pein. Die einzige Genugtuung hatten ihm die Strafmaßnahmen verschafft, die er gegen die Hebräer verhängen konnte, die endlich begriffen hatten, daß es sinnlos war, sich gegen ihn aufzulehnen. Dank seiner guten Beziehungen zu den thebanischen Ordnungskräften und zum Vorsteher der Stadt konnte er mit den Ziegelmachern umspringen, wie es ihm beliebte, und sein Mütchen an diesem Gesindel kühlen.
Die Anwesenheit des Magiers und seiner schweigsamen Mahnerin fiel ihm langsam lästig. Gewiß, diese beiden sonderbaren Geschöpfe blieben unauffällig im Hintergrund, doch sie übten ein wenig zuviel Einfluß auf Dolente aus, deren Verehrung für Aton allmählich überhandnahm. Wenn sie sich ganz und gar Ofirs religiösen Anschauungen hingab und seine Worte aufsog wie Quellwasser, würde sie dann nicht ihre Pflichten als Gemahlin vernachlässigen?
Die hochgewachsene, aufreizend träge Dolente erwartete ihn am Eingang ihres herrschaftlichen Hauses.
«Hol die Salbe und reib mich ein», befahl Sary. «Der Schmerz ist unerträglich.»
«Bist du nicht zu zimperlich, Liebling?»
«Ich und zimperlich? Du unterschätzt die Last meiner Tage. Die Gegenwart dieser Hebräer erdrückt mich.»
Dolente griff nach seinem Arm und führte Sary in ihr Schlafgemach. Dort legte er sich auf die Kissen, seine Gemahlin wusch ihm die Füße, betupfte sie mit Duftölen und rieb die geschwollene große Zehe mit einer Salbe ein.
«Ist dein Magier noch immer da?»
«Meba hat ihm einen Besuch abgestattet.»
«Der ehemalige Oberste Gesandte?»
«Sie haben sich gut verstanden.»
«Meba, ein Anhänger von Aton? Der ist doch ein Angsthase.»
«Er verfügt noch über zahlreiche Beziehungen, und viele Persönlichkeiten von Rang schätzen ihn. Wenn er zusagt, Ofir und Lita zu helfen, kommen wir ein gutes Stück voran.»
«Mißt du diesen zwei Schwarmgeistern nicht zuviel Bedeutung bei?»
«Sary! Wie wagst du es, so zu sprechen?»
«Schon gut, schon gut… Ich habe ja nichts gesagt.»
«Sie sind unsere
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