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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Absichten entsagen sollten.»
    «Tritt denn nicht offen zutage, daß mein Bruder die Gestaltung der Beziehungen zu den Fremdländern selbst in die Hand zu nehmen gedenkt?»
    «Das ist keine Überraschung. Nur, um die Lage einschätzen zu können, wird er auch künftig noch auf die Nachrichten angewiesen sein, die zu ihm gelangen. Lassen wir ihn also getrost unsere Rolle auf ein Mindestmaß herabsetzen, und gehorchen wir ihm ehrerbietig.»
    Chenar faßte wieder Mut.
    «Du hast recht, Acha. Eine neue Hauptstadt wird kein unüberwindliches Bollwerk sein.»
    Gerührt wandelte Tuja, die Mutter des Königs, durch den Garten ihres Palastes in Memphis. Wie selten die Spaziergänge mit Sethos gewesen waren und wie kurz die an seiner Seite verbrachten Jahre! Jedes seiner Worte, jeden seiner Blicke bewahrte sie in ihrem Gedächtnis. Oft hatte sie von einem langen, friedlichen Alter geträumt, in dem sie in ihren Erinnerungen schwelgen würden. Doch Sethos war zu den schönen Pfaden des Jenseits aufgebrochen, und sie schritt allein durch diesen herrlichen Garten mit Granatapfelbäumen, Tamarisken und Sykomoren. Links und rechts der Allee blühten Kornblumen, Anemonen, Lupinen und Ranunkeln. Ein wenig bedrückt setzte Tuja sich in einen mit Glyzinien bewachsenen Pavillon neben dem Wasserbecken voller Lotosblumen.
    Da sah sie Ramses auf sich zukommen, und ihre Traurigkeit verflog.
    In noch nicht einmal einem Jahr hatte ihr Sohn so viel Selbstvertrauen gewonnen, daß die Zweifel anscheinend für alle Zeit aus seinem Herzen gewichen waren. Er herrschte ebenso entschieden wie sein Vater, als wohne ihm unerschöpfliche Kraft inne.
    Zärtlich und voller Ehrfurcht umarmte Ramses seine Mutter, dann setzte er sich neben sie.
    «Ich muß mit dir reden.»
    «Dafür bin ich hier, mein Sohn.»
    «Bist du mit der Wahl der Männer einverstanden, die ich in die höchsten Ämter des Staates berufen habe?»
    «Entsinnst du dich noch des Rates, den dir Sethos gab?»
    «Eben der hat mich bei meinen Entscheidungen gelenkt: ‹Erforsche die Seele der Menschen, hole dir Rat bei gefestigten und aufrichtigen Würdenträgern, die ein gerechtes Urteil zu fällen vermögen und ihr Gelübde, Gehorsam zu leisten, dennoch nicht brechen.› Aber ist mir das gelungen? Erst die nächsten Jahre werden es zeigen.»
    «Befürchtest du schon eine Empörung?»
    «Ich schreite schnell voran, da kann sie nicht ausbleiben. Empfindlichkeiten werden verletzt, eigennützige Ziele durchkreuzt. Als mir der Gedanke mit der neuen Hauptstadt kam, war das wie ein Leuchten, wie ein Lichtstrahl, der mein Denken durchzuckte und sich gleich einer unzerstörbaren Wahrheit in mir festsetzte.»
    «Das ist sia, die Eingebung, für die man keinen Grund zu benennen weiß und die man nicht in Frage stellt. Mit ihrer Hilfe hat Sethos zahlreiche Entscheidungen getroffen, und er neigte zu der Ansicht, daß sie sich vom Herzen eines Pharaos in das Herz des nächsten Pharaos fortpflanze.»
    «Billigst du den Bau von Pi-Ramses, meiner Stadt?»
    «Wenn sia in deinem Herzen gesprochen hat, weshalb bedarfst du dann noch meiner Meinung?»
    «Weil mein Vater in diesem Garten zugegen ist und sowohl du als auch ich hier seine Stimme vernehmen.»
    «Die Zeichen des Himmels sind erschienen, Ramses. Mit deiner Herrschaft bricht ein neues Zeitalter an. Pi-Ramses wird deine Hauptstadt sein.»
    Ramses’ Hände umschlossen die Hände seiner Mutter.
    «Du wirst diese Stadt sehen, Mutter, und du wirst dich an ihr erfreuen.»
    «Dennoch bereitet mir dein Schutz Sorge.»
    «Serramanna ist wachsam.»
    «Ich meine deinen magischen Schutz. Denkst du auch daran, deinen Tempel für die Ewigkeit zu errichten?»
    «Die Stätte, an der er stehen wird, habe ich bereits ausgewählt, doch Pi-Ramses gebührt der Vorrang.»
    «Vergiß diesen Tempel nicht! Wenn die Mächte der Finsternis dich bedrängen, wird er deine Zuflucht.»
     

NEUNUNDDREISSIG
     
     
    DER ORT WAR HERRLICH. Fruchtbarer Boden, weite Felder, üppige Weiden, blumengesäumte Pfade, Apfelbäume, deren Früchte nach Honig schmeckten, Olivenbäume mit knorrigen Stämmen, Teiche voller Fische, Salzgärten, ausgedehnte Flächen hoher und kräftiger Papyrusstauden: so bot sich die Landschaft rund um Auaris dar, die verfemte Stadt, die nur noch aus wenigen Häusern, einem Tempel des Gottes Seth und einigen kleineren Heiligtümern fremdländischer Gottheiten bestand.
    Hier hatte Sethos seinen Sohn Ramses der Macht der Mächte gegenübergestellt. Hier würde Ramses

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