Der Tempel der vier Winde - 8
werdet Ihr vermutlich immer noch den Fleck an der Vorderseite des Tisches dort drüben erkennen können. Richard hat diese verräterischen Ratsmitglieder im Zuge der Befreiung Aydindrils hingerichtet. Diesen Fleck hat das Ratsmitglied aus Jara hinterlassen. Wie ich hörte, hat Richard den Mann fast in zwei Hälften geteilt, so wütend war er über den Verrat an mir und an dem Volk der Midlands.«
Tristan stand höflich da und ließ sich seine Gefühle nicht anmerken. »Daß dieses Ratsmitglied für Jara sprach, war keine Entscheidung der königlichen Familie, Mutter Konfessor. Der Mann war eine Marionette der Imperialen Ordnung.«
»Dann schließt Euch uns an.«
»Das wollen wir, und das war auch unsere Absicht. Um es ganz offen auszusprechen, man hat mich mit der Befugnis hergeschickt, eben dies zu erreichen.«
»Was immer Ihr verlangt, Tristan, Ihr werdet es nicht bekommen. Wir machen allen das gleiche Angebot. Sonderregelungen gibt es für niemand.«
»Würde man es als Sonderregelung auslegen, Mutter Konfessor, wenn Ihr mich zu Ende anhörtet?«
Kahlan seufzte. »Faßt Euch kurz, und Vergeßt nicht, Tristan, Euer Lächeln hat keine Wirkung auf mich.«
Er lächelte trotzdem. »Als Mitglied der königlichen Familie habe ich die Machtbefugnis und den Auftrag, Jara zu übergeben und Euch anzuschließen. Vor die Wahl gestellt, ist dies unser Wunsch.«
»Dann tut es.«
»Der rote Mond steht diesem Vorhaben im Weg.«
Kahlan richtete sich auf. »Was hat das damit zu tun?«
»Javas Kedar, unser Sterndeuter, hat großen Einfluß auf die königliche Familie, Mutter Konfessor. Er hat die Sterne zu unserer Kapitulation befragt und die Ansicht geäußert, daß die Sterne diesem Vorhaben wohlgesinnt sind.
Vor meiner Abreise erklärte mir Javas Kedar, die Sterne würden ein Zeichen geben, sollten sich die Umstände ändern. Ich solle auf dieses Zeichen achten. Der rote Mond hat mich bei unserem Vorhaben zögern lassen.«
»Der Mond ist kein Stern.«
»Der Mond steht am Himmel, Mutter Konfessor. Javas Kedar berät auch anhand der Mondsymbole.«
Kahlan zwickte sich mit Daumen und Zeigefinger in den Nasenrücken und seufzte. »Wollt Ihr zulassen, Tristan, daß aufgrund dieses Aberglaubens Unheil über Euer Volk kommt?«
»Nein, Mutter Konfessor. Aber ich bin bei meiner Ehre dazu verpflichtet, den Glauben meines Volkes zu beherzigen. Lord Rahl hat gesagt, eine Kapitulation bedeute nicht, daß wir unsere Sitten und Gebräuche aufgeben müssen.«
»Tristan, Ihr habt die entnervende Angewohnheit, die Wahrheit zurechtzustutzen, bis sie Euch paßt. Richard sagte, ein Land müsse seine Gebräuche nicht aufgeben, solange diese niemandem schaden und sie keine für alle gültigen Gesetze brechen. Ihr überschreitet eine gefährliche Grenze.«
»Wir wollen unter keinen Umständen seine Vorschriften umgehen oder irgendwelche Grenzen überschreiten, Mutter Konfessor. Ich verlange nichts weiter als ein wenig Zeit.«
»Zeit. Zeit wozu?«
»Zeit, Mutter Konfessor, um mich zu vergewissern, ob der rote Mond ein Zeichen dafür ist, daß wir Grund haben, einen Zusammenschluß mit D’Hara zu fürchten. Ich kann jetzt einfach nach Jara zurückreisen und mich mit Javas Kedar beraten, oder ich kann hier eine Weile abwarten, wenn Euch das lieber ist, um mich davon zu überzeugen, daß der rote Mond kein Zeichen der Gefahr darstellt.«
Die Jaraner und besonders die königliche Familie, soviel wußte Kahlan, glaubten leidenschaftlich an die Unterweisung durch die Sterne. Wieviel Mühe Tristan auch darauf verwendete, Weiberröcken hinterherzujagen, böte eine schöne Frau ihm seine Reize an, liefe er vor ihr davon, wenn er der Überzeugung wäre, daß die Sterne dagegen waren.
Er würde mindestens einen Monat brauchen, um nach Jara zurückzukehren, den Sternendeuter zu Rate zu ziehen und nach Aydindril zurückzukehren.
»Wie lange müßtet Ihr in Aydindril warten, bis Ihr Euch sicher wärt und ruhigen Gewissens kapitulieren könntet?«
Er legte einen Augenblick lang nachdenklich die Stirn in Falten. »Wenn Aydindril einige Wochen lang sicher bliebe, würde ich das Zeichen ruhigen Gewissens nicht als böses Omen betrachten.«
Kahlan trommelte mit ihren Fingern auf den Tisch.
»Ihr habt zwei Wochen Zeit. Keinen Tag länger.«
»Danke, Mutter Konfessor. Ich werde dafür beten, daß wir den Zusammenschluß mit D’Hara in zwei Wochen vollziehen können.« Er verneigte sich. »Guten Tag, Mutter Konfessor. Ich sehe dem für uns
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