Der Tempel der vier Winde - 8
weiß, Menschen sind dir nicht gleichgültig. Damals in Kernland waren wir Freunde, also werde ich es bei einer Warnung bewenden lassen. Und du solltest ernst nehmen, was ich sage. Es gibt Ärger. Eine Menge Menschen werden Hilfe brauchen. Du hast den Menschen immer helfen wollen. Ich gebe dir Gelegenheit, genau das zu tun.
Aber Kahlan ist die Frau, die ich liebe, und die Frau, die ich heiraten werde. Ich lasse nicht zu, daß du etwas daran änderst oder versuchst, ihr weh zu tun. Wage nicht einmal, auch nur daran zu denken, mich in diesem Punkt auf die Probe zu stellen, sonst suche ich mir eine andere Kräuterfrau, die mir hilft. Hast du das begriffen?«
»Ja, Richard. Was immer du sagst. Ich verspreche es. Wenn du sie wirklich willst, dann mische ich mich nicht ein, gleich, wie verkehrt –«
Er hob den Zeigefinger. »Du stehst mit den Zehen bereits auf der Linie, Nadine. Einen Schritt weiter, und es gibt, das schwöre ich dir, kein Zurück mehr.«
»Ja, Richard.« Sie lächelte auf eine verständnisvolle, geduldige, leidgeplagte Weise. »Was immer du sagst.«
Sie schien sich damit zufriedenzugeben, daß er ihr zugehört hatte. Sie erinnerte ihn an ein Kind, daß sich unartig benahm, um die geliebten Eltern auf sich aufmerksam zu machen. Er funkelte sie wütend an, bis er sicher war, daß sie kein Wort mehr von sich geben würde, dann erst öffnete er die Tür.
Drefan hatte sich hingehockt, hatte Yonick eine Hand auf die Schulter gelegt und sprach leise beruhigend auf den Jungen ein. Aus ihren grünen Augen beobachtete Kahlan, wie Nadine eine Hand nach hinten ausstreckte, damit Richard ihr auf die schmale Bohle im Matsch hinunterhalf.
»Drefan«, wandte sich Richard an seinen Halbbruder, als er wieder bei ihnen war, »ich muß mit dir über ein paar Dinge sprechen, die du da drinnen gesagt hast.«
Drefan strich Yonick über den Rücken und erhob sich dann. »Über welche Dinge?«
»Zum einen wolltest du, daß Cara und Raina mich dort rausschaffen. Ich will wissen, warum.«
Drefan sah erst Richard, dann Yonick einen Augenblick lang nachdenklich an. Dann schlug er sein Gewand auf und hakte es hinter eine der Ledertaschen an seinem Gürtel. Er öffnete den Beutel an der Vorderseite seines Gürtels und schüttete ein wenig trockenes Pulver aus einem Ledersäckchen auf ein Stück Papier. Er drehte das Papier zusammen und gab es dem Jungen.
»Bevor wir uns die anderen Jungen ansehen gehen, würdest du das bitte zu deiner Mutter hochbringen, Yonick, und ihr sagen, sie soll es ein paar Stunden in heißem Wasser ziehen lassen und einen Tee daraus kochen, ihn dann durchseihen und dafür sorgen, daß alle aus der Familie ihn heute abend trinken? Er wird helfen, die Abwehrkräfte deiner Familie zu stärken, damit ihr gesund bleibt.«
Yonick betrachtete das Papier in seiner Hand. »Natürlich. Ich sag’ es meiner Mutter und bin gleich wieder hier.«
»Du brauchst dich nicht zu beeilen«, sagte Drefan. »Wir werden auf dich warten.«
Richard wartete, bis Yonick die Tür geschlossen hatte. »Also gut, ich weiß, du wolltest mich wegen der Gefahr, mich bei dem kranken Jungen mit der Pest anzustecken, da rausbringen. Aber wir sind alle in Gefahr, nicht wahr?«
»Ja, nur habe ich keine Ahnung, wie sehr. Du bist Lord Rahl. Ich wollte dich so weit weg haben wie möglich.«
»Wie steckt man sich mit der Pest an?«
Drefan warf einen Blick auf Kahlan und Nadine, dann auf Ulic und Egan, die hinten bei den Soldaten standen, die die beiden Enden der Gasse bewachten. Er holte tief Luft.
»Niemand weiß, wie die Pest von einem Menschen auf den anderen übertragen wird oder ob sie sich überhaupt auf diesem Weg ausbreitet. Einige glauben, es sei der Zorn der Seelen, der über uns gekommen ist, und die Seelen entscheiden, wen sie dahinraffen soll. Es gibt andere, die behaupten, die Ausdünstungen verunreinigten die Luft eines Ortes, einer Stadt, und brächten so jeden in Gefahr. Andere beharren darauf, man könne sich damit nur anstecken, wenn man mit dem infektiösen Atem eines Kranken in Berührung kommt.
Aus Gründen der Vorsicht muß ich davon ausgehen, daß die Pest, wie Feuer, um so gefährlicher ist, je näher man ihr kommt. Ich wollte nicht, daß du der Gefahr so nah bist, das ist alles.«
Richard war übel vor Müdigkeit. Nur seine entsetzliche Angst hielt ihn noch auf den Beinen. Kahlan war dem Jungen auch nahe gekommen.
»Du meinst also, es sei möglich, daß wir uns alle angesteckt haben, nur weil wir im selben
Weitere Kostenlose Bücher