Der Tempel der vier Winde - 8
den Ausgängen auf.«
»Hattet Ihr nicht gesagt, es gäbe keinen Grund zur Sorge und er könne seine Magie nicht einsetzen?«
Kahlan lächelte. »Wollt Ihr Euch vor Cara verantworten, wenn sich jemand hereinschleicht und den ihr anvertrauten Gefangenen in ihrer Abwesenheit vor Eurer Nase befreit?«
Er kratzte sich die Bartstoppeln und warf einen Blick auf Cara. »Verstehe, Mutter Konfessor. Wir werden dafür sorgen, daß sich niemand der Tür nähern kann.«
»Ihr traut mir noch immer nicht?« fragte Cara, als sie außer Hörweite der Soldaten waren.
Kahlan lächelte sie freundlich an. »Mein Vater war König Wyborn. Er war ein großer Krieger. Er brachte mir bei, daß man Gefangene nicht gut genug bewachen kann.«
Cara zuckte die Achseln, derweil sie an einer flackernden Fackel vorbeikamen. »Von mir aus. Ich fühle mich dadurch nicht gekränkt. Aber ich habe seine Magie. Er ist hilflos.«
»Mir ist immer noch nicht klar, wie Ihr Euch vor Magie fürchten und dabei eine solche Macht über sie haben könnt.«
»Wie schon gesagt, nur dann, wenn er uns ausdrücklich damit angreift.«
»Und wie übernehmt Ihr die Kontrolle über sie? Wie unterwerft Ihr sie Eurem Kommando?«
Cara ließ den Strafer am Ende der Kette um ihr Handgelenk kreisen, während sie weitergingen. »Das weiß ich selbst nicht. Wir tun es einfach. Meister Rahl ist zu einem Teil persönlich an der Ausbildung der Mord-Sith beteiligt. In dieser Phase wird uns diese Fähigkeit beigebracht. Es handelt sich nicht um Magie, die aus uns heraus entsteht, sondern vermutlich wird sie nur auf uns übertragen.«
Kahlan schüttelte den Kopf. »Und trotzdem wißt Ihr nicht wirklich, was Ihr tut. Dennoch funktioniert es.«
An einer Ecke hakte Cara ihre Fingerspitzen in das eiserne Geländer, schwang herum und folgte Kahlan die steinernen Stufen hinauf. »Man muß nicht wissen, was man tut, damit Magie funktioniert.«
»Wie meint Ihr das?«
»Nun, Lord Rahl erzählte uns, daß ein Kind Magie sei: die Magie der Schöpfung. Man muß nicht wissen, was man tut, um ein Kind zu zeugen.
Einmal erzählte mir dieses Mädchen, ein sehr naives Mädchen von vielleicht vierzehn Sommern, eine Tochter von Dienstboten im Palast des Volkes in D’Hara, Darken Rahl – oder Vater Rahl, wie er sich gerne nennen ließ – habe ihr eine Rosenknospe geschenkt und die sei in ihrer Hand erblüht, als sie sie anlächelte. Sie sagte, auf diese Weise sei sie zu einem Kind gekommen – durch seine Magie.«
Cara lachte freudlos. »Sie glaubte wirklich, sie sei auf diese Weise schwanger geworden. Sie kam nie auf die Idee, es läge daran, daß sie die Beine für ihn breit gemacht hatte. Seht Ihr? Sie hat etwas Magisches getan, einen Sohn bekommen, und das, ohne zu wissen, wie sie es in Wirklichkeit gemacht hatte.«
Auf dem Treppenabsatz blieb Kahlan im Schatten stehen und hielt Cara am Ellenbogen fest.
»Alle Mitglieder von Richards Familie sind tot – Darken Rahl tötete seinen Stiefvater, seine Mutter starb, als er noch klein war, und sein Halbbruder Michael verriet ihn … woraufhin Denna Richard gefangennehmen konnte. Nachdem er Darken Rahl besiegt hatte, verzieh er Michael, was dieser ihm angetan hatte, trotzdem verurteilte er ihn zum Tode, denn sein Verrat hatte ganz bewußt zur Folge, daß unzählige Menschen durch die Hand von Darken Rahl gefoltert und getötet wurden.
Ich weiß, wieviel Richard Familie bedeutet. Er wäre außer sich vor Freude, wenn er erführe, daß er einen Halbbruder hat. Könnten wir nicht Nachricht in den Palast in D’Hara schicken und ihn hierherbringen lassen? Richard wäre –«
Cara schüttelte den Kopf und schaute zur Seite. »Darken Rahl stellte das Kind auf die Probe und fand heraus, daß es ohne die Gabe geboren worden war. Darken war ganz versessen auf einen Erben mit der Gabe. Alles andere betrachtete er als entstellt und wertlos.«
»Verstehe.« Stille legte sich über das Treppenhaus. »Das Mädchen … die Mutter …?«
Cara seufzte schwer, denn sie merkte, daß Kahlan die ganze Geschichte hören wollte. »Darken Rahl hatte eine Veranlagung. Eine krankhafte Veranlagung. Er zerquetschte dem Mädchen mit bloßen Händen die Luftröhre, nachdem er es gezwungen hatte, zuzusehen … nun, zuzusehen, wie er ihren Sohn tötete. Wenn er auf Nachkommen aufmerksam wurde, die nicht die Gabe besaßen, wurde er oft wütend, und dann tat er solche Dinge.«
Kahlan ließ ihre Hand von Caras Arm heruntersinken.
Cara sah auf, ihr Blick wieder ruhig.
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