Der Tempel der vier Winde - 8
wären wir Jagang fürs erste los, und sein Günstling wäre tot. Damit hätte die Sache ein Ende. Vorläufig.«
»War es das, was Ihr unten in der Grube versucht habt? Was habt Ihr damit gemeint, man müsse sich entscheiden, ein Leben für alle anderen?«
»Jetzt hört mir einmal zu. Hier geht es nicht um irgendeinen Tommy Lancaster, der Euch vergewaltigen will, wir haben es vielmehr mit einem Mann zu tun, der versucht, uns alle umzubringen. Ich muß ihn daran hindern. Wenn ein anderer ihn zur selben Zeit berührt wie ich, dann wird er mit ihm zusammen vernichtet. Ich werde nicht zögern, wenn Ihr oder jemand anderes ihn berührt. Habt Ihr das verstanden? Ich kann es mir nicht leisten zu zögern. Dafür steht zuviel auf dem Spiel.«
Nadine nickte. Sie richtete ihren Zorn auf die bevorstehende Aufgabe.
Kahlan fühlte, wie ihr das Blut von den Fingerspitzen ihrer linken Hand tropfte. Vermutlich würde sie den linken Arm nicht heben können, und den rechten brauchte sie, um Marlin zu berühren. Nadine konnte wenigstens die Fackel halten. Hoffentlich beging sie damit keinen Fehler. Falls Nadine sie nun behinderte?
Und hoffentlich erlaubte sie dem Mädchen nicht aus den falschen Gründen, sie zu begleiten.
Nadine nahm Kahlans rechte Hand und legte sie ihr auf die linke, verwundete Schulter. »Wir haben jetzt keine Zeit, das zu verbinden. Drückt die Wunde so fest zusammen, wie Ihr könnt, bis Ihr Eure Hand braucht, sonst verliert Ihr zuviel Blut und könnt nicht tun, was Ihr tun müßt.«
Leicht verärgert folgte Kahlan ihrer Anweisung. »Danke. Wenn Ihr schon mitkommt, dann haltet Euch hinter mir und leuchtet mir einfach nur den Weg. Wenn die Soldaten ihn nicht aufhalten können, was wollt Ihr dann ausrichten? Ich will nicht, daß Euch unnötig etwas zustößt.«
»Verstanden. Ich bin unmittelbar hinter Euch.«
»Vergeßt nicht, was ich gesagt habe, und kommt mir nicht in die Quere.« Kahlan stellte sich auf die Zehenspitzen und wandte sich an die Soldaten. »Setzt Eure Pfeile und Speere ein, wenn Ihr Gelegenheit zum Schuß bekommt, aber haltet Euch hinter mir. Holt noch mehr Fackeln. Wir müssen ihn in die Enge treiben.«
Einige von ihnen trabten zurück, um Fackeln zu holen, während Kahlan sich auf den Weg machte. Nadine leuchtete ihr und verfiel in leichten Trab, um Schritt zu halten. Die Flamme flackerte und fauchte, beleuchtete Wände, Decke und Boden in einem kleinen Umkreis und erzeugte dadurch eine tanzenden Insel aus Licht in einem Meer aus Dunkelheit. Dicht dahinter erzeugten die Soldaten ihre eigenen Lichtinseln. Während sie so liefen, hallte ein schweres Keuchen durch den Gang, das sich mit den Stiefeltritten, dem leisen Klingeln der Kettenpanzer, dem Klirren von Stahl und dem Zischen der Flammen paarte.
Und über alledem hörte Kahlan im Geist noch immer Caras Schreie.
An einer Kreuzung blieb sie stehen, versuchte keuchend, wieder zu Atem zu kommen und schaute erst nach vorn und dann in den Gang, der nach rechts abzweigte.
»Hier!« Nadine zeigte auf das Blut am Boden. »Er ist hier entlang gelaufen!«
Kahlan warf einen Blick nach vorn in die Dunkelheit. Dort gelangte man zum Treppenhaus und anschließend nach oben in den Palast. Der Gang, der nach rechts abzweigte, führte unter dem Palast hindurch in ein Labyrinth aus Lagerräumen, aufgegebenen Bereichen, die beim Bau des Palastes ausgehöhlt worden waren, Zugangstunneln für die Wartung der Grundmauern sowie Abflußkanälen für das Grundwasser. Mächtige Steinroste verhinderten am Ende der Abflußkanäle, wo das Wasser unter den Grundmauern hinweg durch mächtige Steinroste nach draußen floß, daß jemand in den Palast gelangte.
»Nein«, meinte Kahlan. »Hier entlang – nach rechts.«
»Aber das Blut«, protestierte Nadine. »Er ist hier entlang gelaufen.«
»Bis zu dieser Stelle war kein Blut zu sehen. Das Blut soll uns ablenken. Dieser Weg führt hinauf in den Palast. Jagang ist hier entlang gelaufen, wo niemand ist.«
Nadine folgte, als Kahlan den Gang rechts betrat. »Aber warum sollte es ihn scheren, daß dort Leute sind? Er hat all die Soldaten dort hinten getötet oder verwundet!«
»Und denen ist es gelungen, ihm einen Arm abzuhacken. Marlin ist verwundet. Jagang wird es egal sein, ob wir den Zauberer töten, doch wenn es ihm gelingt zu fliehen, kann er mit Marlin noch schlimmeres Unheil anrichten.«
»Was kann er denn noch Schlimmeres anrichten, als Menschen zu verletzen? All die Menschen oben und die Soldaten?«
»Die
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