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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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das Urteil des Mannes, den sie liebte, bald gehen
würde.
    Nagsara
wollte nicht sterben. Sie besaß noch genug Kraft zum Kämpfen, genug Zauber, um
damit ganz Israel zu besiegen. Ihre Unbesonnenheit vernichtete ihre
berechtigten Hoffnungen. Zu dieser Katastrophe gesellte sich noch die
Demütigung, daß sie jemanden empfangen mußte, den sie verabscheute, nämlich den
Baumeister des Tempels. Er hatte über Kaleb um eine Audienz gebeten. Zunächst
wollte sie ablehnen, besann sich aber eines Besseren. War das nicht die
Gelegenheit, das Übel mit der Wurzel auszureißen?
    Als Meister
Hiram eintrat, umklammerte Nagsara den Griff des Dolches, den sie in einer
Falte ihres Gewandes verbarg.
    «Bist du
gekommen, um mich noch mehr zu verfolgen?»
    «Ich will dir
helfen, Majestät. Ich kenne das grausame Schicksal, das dich erwartet. Wenn die
Anschuldigung vorgebracht worden ist, mußt du die Probe mit bitterem Wasser
fordern.»
    Und Hiram
beschrieb sie der Königin in allen Einzelheiten.
    «Warum sollte
ich dir folgen?»
    «Weil du
damit dein Leben rettest.»
    «Eine
sonderbare Fürsorge.»
    «Ungerechtigkeit ist mir
zuwider. Du wirst doch nur angeklagt, weil du aus Ägypten stammst.»
    «Was weißt
denn du davon?»
    Sie trat
näher an den Oberbaumeister heran.
    «Ich habe
schwarze Magie betrieben und betreibe sie noch. Ich will, daß Salomo mich
liebt. Falls dich das empört, kannst du mich auch verurteilen.»
    Die Waffe
schwingen und zustoßen, zustoßen… Einfache Handbewegungen, rasch, genau, und
Nagsara war einen Dämon los, der sie am Glücklichsein hinderte.
    «Ich
wiederhole, Majestät, ich bin gekommen, um dir zu helfen, nicht, um über dich
zu richten.»
    «Ich verstehe nicht…»
    «Gieße diese
Phiole mit Purpuraloe, die ich dir gebe, in den bitteren Becher. Die Tinktur
verhindert Erbrechen.»
    Verunsichert
ließ Nagsara den Dolch fallen. Hiram schenkte der Waffe, die ihn hatte töten sollen,
keinen einzigen Blick.
    «Mögen die
Götter dich beschützen, Majestät.»
     
     
    Die Königin hörte sich die von
Zadok vorgebrachten Beschuldigungen an, ohne zu protestieren. Vergebens
forschte sie auf Salomos Antlitz nach einem Lächeln, einer Ermutigung in seinem
Blick. Er verhielt sich kalt, abweisend und begnügte sich damit, bei Jahwes
Gericht den Vorsitz zu führen.
    Zadok rief
die Belastungszeugen auf. Die Königin widersprach ihnen nicht. Nachdem diese
ausgesagt hatten, forderte sie die Probe mit bitterem Wasser. Der Hohepriester
war sich des Ausgangs sicher und hatte nichts dagegen. Bevor sie trank, kehrte
Nagsara dem Gericht den Rücken zu und goß das Gegenmittel hinein. Jetzt packte
sie die Angst. Hatte Hiram ihr nicht doch Gift gegeben, das ihr Ende beschleunigte
und ihr die Steinigung ersparte? Spielte er etwa ein abscheuliches Spiel mit
ihr?
    Sie trank
alles in einem Zug.
    Ein
gräßlicher Geschmack, das Gebräu brannte wie Feuer in ihren Eingeweiden.
    Doch sie
erbrach nicht. Nachdem sie Salomo gegrüßt hatte, ging sie hocherhobenen Hauptes
an Zadok vorbei.
     
     
    Während das Volk Nagsara
zujubelte, deren Unschuld durch ein Gottesurteil bewiesen war, rief der
Hohepriester seine Verbündeten, Elihap und Jerobeam, zusammen. Nach diesem
neuerlichen Fehlschlag hätte Zadok am liebsten aufgegeben. Der Kampf stellte
sich als ungleich heraus. Selbst er glaubte im Augenblick, daß Salomos Gedanken
und Taten durch Weisheit inspiriert wurden. Wer sich auch immer gegen ihn
stellte, er mußte scheitern. Gebot die Vernunft dem Hohenpriester nicht, sich
mit seinem Amt zu begnügen und seinem König treu zu dienen?
    «Ich habe
ausgezeichnete Neuigkeiten», sagte Jerobeam aufgeregt. «Ein paar Lehrlinge sind
sehr unzufrieden mit ihrem Los. Meister Hiram behandelt sie wie Sklaven. Er
gibt ihnen mehr und mehr Arbeit und weigert sich, ihren Lohn zu erhöhen. Und
ihre Unterkunft ist gesundheitsschädlich.»
    «Bist dafür
nicht du verantwortlich?» verwunderte sich Elihap.
    «Ja»,
bekannte Jerobeam fröhlich. «Aber ich habe eine Gruppe von Unzufriedenen davon
überzeugt, daß ich den Befehlen Meister Hirams gehorche und daß der nichts von
den Lehrlingen hält. In der Bruderschaft geht das Gerücht um, daß der
Baumeister die Absicht hat, zur Krönung des Tempels ein beispielloses Werk zu
schaffen. Doch um das zu vollbringen, braucht er die Hilfe aller, selbst die
der Gießer von Ezjon-Geber. Wenn wir die Lehrlinge zu einem Aufstand
aufwiegeln, muß er scheitern. Und sein Sturz zieht Salomo mit.»
    Zadok war
verwirrt.

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