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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Staat der Erde zu regieren.
    Nagsara stieg
auf das Dach des Palastflügels, in dem sie wohnte. Dort stellte sie eine Lampe
ab und zündete den Docht an. Die Flamme loderte empor.
    Nagsara
schnitt sich mit der Spitze eines Stiletts ins eigene Fleisch, an der Stelle,
wo der Name Hiram eingebrannt war. Seit einigen Tagen wollte es ihr so
vorkommen, als ob er verblaßte. Als ihr Blut floß, fing es die Königin von
Israel mit der Hand auf und hielt diese in die Flamme.
    «Mein Leben
für seinen Tod», flehte sie.

 
    Kapitel 49
     
     
     
    Kühles
Wasser strömte durch die Gärten, die mit
Lorbeerbäumen, Sykomoren und Tamarisken bestanden waren. Aus den grünen Tälern
Judäas und Samarias stieg der Duft von Lilien und Mandragola hoch und wurde von
einer Brise davongetragen, die durch die Klarheit eines warmen Nachmittags
wirbelte.
    «Gefällt dir
diese Unterkunft, Balkis?»
    Salomo führte
die Königin von Saba zur Schwelle eines Palastes aus Holz, dessen Brüstungen
Schalen mit Blumen zierten und dessen Fenster mit Purpurvorhängen verschlossen
waren. Auf dem Dach gurrten Tauben.
    «Als Kind habe ich mich hier
mehrere Monate lang aufgehalten. Das waren glückliche Stunden. Ich hatte mir
geschworen, nicht mehr herzukommen, ehe ich nicht vom wahren Glück gekostet
hätte.»
    «Die
Vollendung des Tempels?»
    «Daß ich dich
kennengelernt habe, Balkis.»
    Die Königin
von Saba wich Salomos Blick aus und ging zu einem Ölbaum. Dort griff sie sich
einen Stock und schlug gegen die Zweige. Dicke, reife Oliven fielen zu Boden,
und sie aß sie auf.
    «In der
kleinen Mühle hinter dem Haus habe ich gelernt, wie man ihnen das Öl entzieht»,
sagte der König jetzt. «Das ist mein liebstes Spiel gewesen.»
    Salomo
entfernte die Bretter, mit denen das Landhaus verriegelt war.
    «Ich habe
Durst», sagte Balkis.
    Der König
suchte nach einem Becher, säuberte ihn und goß ihr frisches Wasser aus dem
Brunnen ein. Die Königin schüttete es auf die Erde.
    «Du, dessen
Weisheit überall so berühmt ist, kannst du mir einen Becher mit Wasser reichen,
das weder vom Himmel noch von der Erde ist?»
    Salomo wahrte
kaltes Blut. Meisterhaft geschickt hatte Balkis einen Augenblick der Ruhe
gewählt, an dem sie zum Angriff überging und ihm das Rätsel stellte. Der König
bemühte sich, regelmäßig weiterzuatmen. Er setzte sich auf den Brunnenrand und
dachte nach, ohne sich dabei zu verkrampfen.
    Doch erst als
er die beiden ungestümen Pferde musterte, die seinen Streitwagen gezogen
hatten, dämmerte ihm die Lösung. Er spannte eines aus, bestieg es und
galoppierte davon. Als er zum Landhaus zurückkehrte, hielt er den Becher an die
Flanke des Pferdes und ließ dessen Schweißtropfen hineinrinnen.
    Die Königin
von Saba öffnete die rechte Hand. Auf der Handfläche blitzte ein Smaragd.
    «Sieh dir
diesen Edelstein an, König von Israel. Er ist von zwölf fast unsichtbaren
Spiralen durchzogen. Sind deine Finger so geschickt, daß sie einen Faden
durchziehen können?»
    Salomo nahm
den Schatz entgegen. Kein Handwerker, auch der geschickteste, hätte Erfolg
gehabt. Er drückte den Stein an die Brust und ging auf einem trockenen,
steinbestreuten Weg in Richtung Obsthain. Er hatte sich schon oft unter einem
Baum innerlich versenkt und dabei Antwort auf die kniffligsten Fragen gefunden.
Er schritt zwischen den Ölbäumen dahin, streifte den Stamm einer Sykomore und
entdeckte den Retter in der Not, zu dem es ihn unbewußt gezogen hatte, nämlich
einen prächtigen Maulbeerbaum. Dann wählte er sorgsam einen Platz, wo er den
Smaragd ablegte, und gesellte sich wieder zu Balkis.
    «Ich habe den
Smaragd einer Seidenraupe anvertraut, die ihren Faden durch die zwölf Spiralen
spinnen und den im Edelstein geschriebenen Tierkreis neu erschaffen wird. Hast
du mich auf diese Weise befragen wollen, ob ich die Lehren des Kosmos auch
stets befolge?»
    Die Königin
lächelte.
    «Dein Ruf hat
nicht getrogen. Du besitzt wirklich große Weisheit.»
    «In Wahrheit
eine armselige Weisheit! Ich habe die Natur beobachtet wie der einfachste
Bauer. Mein Wissen ist groß, behaupten die Arglosen. Doch es ist nichts als
eine Ansammlung von Kenntnissen, die belasten wie ein zu voller Schlauch.
Dieses Wissen verschafft weder Glück noch Weisheit. Es ist wie ein grauer,
niedriger Himmel. Zuviel Wissen verursacht Schmerz und Kummer; wer es
unaufhörlich vermehrt, wird darüber zum Toren. Wer würde noch die Gesetze der
Schöpfung bemerken? Welcher Gelehrte würde Gott noch

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