Der Tempel zu Jerusalem
ließen
sich von dieser verführerischen Musik einlullen, während Salomo die Hände der
Prinzessin ergriff und sie einlud, neben ihm Platz zu nehmen.
«Ich werde dir eine schöne
Wohnung im Tempelbezirk bauen», murmelte er.
«Und wann ist
der fertig?»
Darauf gab
Salomo keine Antwort, sondern gab vor, die Vorführungen der Tänzerinnen zu
bewundern. Nagsara ärgerte sich über sich selbst und biß sich auf die Lippen.
Was für eine dumme Frage, damit hatte sie den Mann verstimmt, den sie gerade
erobern wollte. Sie hatte ihrem Vater, Pharao Siamun, gegrollt, doch er hatte
ihr gar kein so elendes Los zugedacht. Ob sie ihm genug dafür danken konnte,
daß er ihr Stunden geschenkt hatte, in denen sie die Gemahlin eines so
verführerischen Mannes wurde? War das Liebe, dieses berauschende Gefühl, das
alle Wesen außer diesem einen nichtig machte?
Jetzt wurden
ein gemästetes Kalb, Tauben, Rebhuhn, auf Holzfeuer gebratene Wachteln und zur
Auswahl auch noch Milchlamm auf Weinblättern aufgetragen. Noch köstlicher waren
die in gesalzenem Wasser gekochten Heuschrecken, an denen die Köche Beine und
Kopf entfernt hatten, ehe man sie in der Sonne trocknen ließ. Andere hatte man
in Honig eingelegt. Die Mundschenke waren ununterbrochen mit dem Ausschenken
eines rubinroten Weins beschäftigt.
Erst gegen
Ende des Abends bat der Oberhofmeister um Ruhe. Salomo ergriff Nagsaras rechte
Hand. Der Herold bestätigte sie als Vermählte, und damit besiegelte man das
Friedensabkommen und die Freundschaft zwischen Ägypten und Israel und machte
beide zu Verbündeten gegen einen möglichen Angreifer. Beifall brandete auf.
Darauf nahm das Festmahl seinen Fortgang und wurde noch lauter und zügelloser.
Salomo hatte
seine Hand zurückgezogen, was Nagsara verwunderte.
«Gebieter,
sind wir jetzt nicht Mann und Frau?»
«So schreibt
es das Gesetz der Könige vor. Aber ich kann dich doch nicht zwingen, mich zu
lieben.»
«Eine
Ägypterin läßt sich zu nichts zwingen.»
Nagsara
bereute ihre vorschnellen Worte sogleich. Sie benahm sich wie ein scheues,
nicht zähmbares Geschöpf, wo sie doch so gern ihr Zutrauen gezeigt hätte.
Welcher böse Geist war in sie gefahren und zwang sie, gegen ihre eigenen
Interessen zu reden?
Salomo ergriff erneut die
Hand seiner Gemahlin. Bei der zarten Berührung erschauerte Nagsara.
«Du, die
Israels Königin sein wird», empfahl er ihr, «denke daran, daß der Odem unserer
Existenz nichts ist als Rauch, der im Himmel verweht. Und wenn er sich
verflüchtigt hat, zerfällt unser Leib zu Asche, und unser Geist verlöscht wie
leichte Luft. Unser Leben verschwindet wie eine Wolkenfurche, wie die
unsichtbare Spur des Schattens. Unsere Gedanken sind nichts als Funken, die im
Schlag unseres Herzens sprühen. Genieße den Augenblick und denke nicht weiter.
Was kümmern uns Elend und Alter? Hier sind sie nichts als Trugbilder. Der rote
Wein, den ich dir anbiete, ist Bote der Sonne, die ihn gereift hat. Laß ihn in
deine Adern rinnen, er sei das Licht, das deine Handlungen erleuchtet.»
Nagsara nahm
den Becher, den Salomo ihr reichte. Nachdem sie mit Genuß getrunken hatte,
reichte sie ihm den Becher zurück. Als er ihn an die Lippen setzte, spürte sie,
daß der Bund geschlossen war. Mit einem leichten Fußdruck setzte sie den Duft
in ihrer Sandale frei. Er schuf eine unsichtbare Mauer zwischen dem Ehepaar und
den anderen Gästen.
Nagsara war allein und grausam
enttäuscht. Am Ende des Festmahls hatten ihre Diener sie in ihre Gemächer
geleitet. Salomo war bei seinen Gästen geblieben. Zweifellos hatte er die Nacht
im Bett einer seiner zahlreichen Nebenfrauen verbracht. Die keimende Liebe war
zum Gespött geworden. Sie würde nicht nur das Gefühl ersticken, das sie bereits
empfand, sondern auch diesen Unmenschen mit allerletzter Kraft zurückweisen,
wenn er versuchte, sich ihr zu nähern.
Als die Zofe Israels König
ankündigte, weigerte sich Nagsara gegen jedes Protokoll, ihn zu empfangen.
Salomo öffnete
gewaltsam die Tür zu den Gemächern seiner Gemahlin.
Wütend trat sie ihm entgegen.
«Verlaß auf
der Stelle mein Haus!» befahl sie.
«Es ist auch
das meine», sagte Salomo gelassen und umklammerte Nagsaras Handgelenke, während
sie vergebens versuchte, ihn zu schlagen.
«Geh bitte!»
«Einverstanden,
liebreizende Gemahlin, aber nicht ohne dich. Ich habe dir viele Wunder zu
zeigen. Unser Streitwagen steht bereit. Ich werde ihn selbst fahren.»
«Ich möchte
aber
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