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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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lächelte wie Ägyptens Hathor
und über die Seeleute und ihre Schiffe wachte. Ein Kapitän, der ihr opferte,
ehe er in See stach, war gewiß, daß er der Wut des Meeres entgehen und
wohlbehalten ankommen würde. Obwohl seine Mutter eine Israelitin aus dem Stamm
Naphtali war, hatte sich der König von Tyros geweigert, zur Religion Jahwes
überzutreten, denn er hielt diesen Gott für unduldsam und kriegerisch.
Natürlich war er einverstanden gewesen, David Zedernholz für seinen geplanten
Tempel zu verkaufen. Doch das aussichtslose Projekt war rasch wieder aufgegeben
worden. Salomo hatte sich nicht gerade beeilt, die vernachlässigten Beziehungen
zu Phönizien wieder aufleben zu lassen. Bereitete er sich nach seinem Bündnis
mit Ägypten darauf vor, in einen Israel so nahe gelegenen Landstrich
einzufallen?
    Als man dem
König von Tyros Salomos Ankunft meldete, dämmerte diesem, daß der General
Pharao Siamuns, der soeben seinen Palast verlassen hatte, nicht gelogen hatte,
als er ein baldiges Eingreifen des hebräischen Herrschers vorhersagte. Der
Ägypter hatte dem Phönizier Empfehlungen gegeben und ihm im Austausch für
völligen Gehorsam seinen Schutz angeboten. Was er vom König von Tyros forderte,
war nicht ehrenrührig. Daher wollte sich der an die Anweisungen halten und sich
nicht mit dem Reich am Nil entzweien.
    Salomo kam
allein, ohne Kriegsschiffe, ohne Streitmacht, ohne Dienerscharen. Ein
geschicktes Vorgehen, fand der Phönizier. Er unterstellte sich dem Schutz
seines Gastgebers, der nun über ihn wachen mußte, als wäre er ein heiliger
Mensch.
    Ob der
Hebräer seinen schmeichelhaften Ruf wohl verdiente? Besangen die Dichter nicht
seine Kenntnisse in der Sprache der Zedern und des Ysop, der Vögel und der
Tiere auf dem Feld und all dessen, was da kreuchte und fleuchte? Übertrieb man
nicht, wenn man einem so jungen Herrscher so viel Weisheit nachsagte?
    Der Palast
des Königs von Tyros war aus dicken Felsblöcken auf einen Felsvorsprung gebaut,
der sich über dem Hafen erhob, wo es zahlreiche Handelshäuser gab. Große Fensteröffnungen
ließen die Sonnenstrahlen in Säle fallen, die mit bunten Mosaiken ausgeschmückt
waren. Das Militär war zwar zugegen, aber nicht zahlreich, und es hielt sich
zurück. Tyros gab sich als eine für alle offene, nicht engstirnige Stadt, in
der alle Völker Handel treiben durften. Jeder hatte Interesse daran, Tyros und
seine Flotte zu erhalten, mit Eisen, Silber, Zinn und Blei zu handeln, und das
gewinnbringend. Wer, wenn nicht der phönizische Hafen, machte die Könige reich,
auch wenn sie Gegner waren? Wer, wenn nicht die ruhmreichsten Seevölker, wollte
die außergewöhnlich kundigen, phönizischen Steuermänner in seinen Diensten
haben? Aber vielleicht hatte Salomo, dessen Ehrgeiz so groß war wie das Meer,
beschlossen, diese Situation zum Wohle seines Landes zu ändern.
    Salomo wurde
nur von seinem Schreiber begleitet, der hinter ihm ging und Palette und
Schreibbinse trug. Der König von Tyros empfing sie auf der schönsten Terrasse
seines Palastes, die von einer milden Wintersonne beschienen wurde. Er bot ihnen
Palmwein und eingelegte Früchte an.
    Salomos
Charme bezauberte den König von Tyros schon bald, und dabei war er es gewöhnt,
Fürsten und Herrscher zu empfangen. Zu schönen, erstaunlich gelassenen Zügen
gesellte sich eine kluge und bedächtige Stimme. Es fiel nicht leicht, sich
diesem Zauber zu entziehen. Der Phönizier mißtraute ihm. Würde es Israel mit
einem Herrscher seines Schlages wagen, sich die Oberhoheit über die Länder der
Umgegend zu sichern?
    «Ich bin
nichts als der Enkel eines Bauern», erklärte Salomo. «Israel ist ein Land von
Bauern, die sich nicht mit den Gefahren des Meeres auskennen. Meine Untertanen
sind arm, deine hingegen reich. Tyros ist auf dem Gipfel seines Ruhms, nicht
wahr?»
    Der Phönizier
hörte der Schmeichelei nur mit einem Ohr zu.
    «Und folgt
dem Gipfel nicht der Absturz? Ich habe mich mit David, deinem Vater, gut
verstanden. Nach seinen Siegen über die Philister und Moabiter hat er mich wie
einen Verbündeten behandelt. Ist das auch deine Absicht?»
    «Hat man dir
nicht gesagt, warum ich hier bin?»
    «Dein Reich
hat sich vergrößert, seitdem du den israelitischen Thron bestiegen hast. Es
reicht vom Jordan bis ans Meer und im Süden bis an den Rand des ägyptischen
Deltas. Von deiner Politik hängen Tyros’ Frieden und Wohlstand ab.»
    Der Phönizier
hatte Angst, er könnte zu offen gesprochen haben. Würde diese

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