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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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sich das Durcheinander zunutze, plünderten die Fischstände und stahlen
auf dem Markt Obst. Schuster bewarfen damit die Spitze der Leibwache, die unter
dem Befehl von General Banajas den Zugang zu dem Sträßchen abriegelte, das zum
Palast führte. Frauen und Kinder hatten sich in die Häuser geflüchtet.
    Die wütende
Menge war unter Gebrüll durch den Rosengarten gestürmt, der noch aus der Zeit
der Propheten stammte. Erschreckte Esel stoben in alle Richtungen davon und
warfen ihre Last ab. Es gab keine Gasse mehr, in der nicht die wutentbrannte
Bevölkerung tobte und David und sein Geschlecht verfluchte.
    In
Abwesenheit des Königs kam sich General Banajas verloren und verlassen vor.
Sollte er den Bogenschützen den Befehl zum Schießen geben und damit einen
Bürgerkrieg entfachen? Er verzweifelte daran, daß man die Ordnung so zum
Gespött machte. Nein, er würde das königliche Haus nicht diesem Abschaum
ausliefern. Lieber im Kampf fallen.
    Auf einmal
machten die Rädelsführer kehrt. Etwas Unvorhergesehenes tat sich, dessen
Wirkung die Reihen der Aufrührer ins Wanken brachte; von der Unterstadt bis zur
unmittelbaren Umgebung des Palastes hörte das Geschrei auf. Sodann legte sich
lastendes Schweigen über alles.
    Salomo war allein und ohne
Leibwache durch das große Eingangstor getreten und ging gemessenen Schrittes an
der langen Reihe der Aufrührer vorbei. Viele Bewohner der Hauptstadt sahen
ihren König zum ersten Mal ganz aus der Nähe. Keiner von ihnen wagte es, ihn
anzufassen, aus Angst, er könnte vom Blitz niedergestreckt werden.
    Salomos Miene
zeigte keinerlei Furcht. Er wirkte so gelassen, als ginge er allein auf der
Heide spazieren.
    Er richtete
das Wort an einen der Rädelsführer, einen äußerst erregten Gerber mit
verarbeiteten Händen.
    «Warum dieser
Aufruhr?» fragte er.
    Der Gerber
fiel auf die Knie.
    «Gebieter…
Die Ägypterin…»
    «Was hast du
Israels Königin vorzuwerfen?»
    «Sie widmet
sich dem Schlangenkult, der Schlange, die uns aus dem Paradies vertrieben hat.»
    «Wer behauptet das?»
    «Es ist die
Wahrheit, Gebieter! Du, unser König, darfst eine solche Beleidigung Jahwes
nicht dulden!»
    «Geh an deine
Arbeit zurück. Ich herrsche durch Gottes Gnade, und nur von Ihm habe ich meine
Macht bekommen. Ich werde Ihn niemals verraten.»
    Der Gerber
küßte den Saum von Salomos Gewand. Dann stand er auf und schrie aus vollem
Hals: «Es lebe Salomo!»
    Der Jubelruf
wurde von der Menge aufgenommen.
    Eine Stunde
später war der Handel auf dem Markt wieder in vollem Gange.
     
     
    Nagsara, die auf die
unnachahmliche Weise der Ägypterinnen geschminkt war, bot ihrem Gemahl die
Stirn.
    «Ist Israel
nicht imstande, andere Kulte zuzulassen? Ist Jahwe in dieser Hinsicht
eifersüchtig und dumm?»
    «Weißt du
nicht, daß die Schlange in den Augen meines Volkes das Symbol des Bösen ist?»
    «Dein Volk
ist barbarisch. In Ägypten schützt die Kobra, die ich verehre, die Ernte. Wenn
ich ihr huldige, bringe ich Israel Wohlergehen.»
    Salomo ließ
sich von den verliebten Blicken der Pharaonentochter nicht rühren, sondern
blieb ernst.
    «Nagsara, du
bist umfassend gebildet. Du kennst die Fabel von der Schlange, die Adam und Eva
verführte, genau. Als du deiner heiligen Kobra öffentlich geopfert hast, da
hast du meinen Thron in Gefahr gebracht.»
    «Ja, ich habe
Jerusalem herausgefordert. Es war das einzige Mittel, dich aus diesem
gottverlassenen Hafen am Roten Meer zu locken. Verurteile mich. Bestrafe mich.
Aber schenke mir wenigstens einen Blick.»
    Salomo nahm die Königin in
die Arme und forderte sie auf, sich neben ihn auf ein Lager aus Polstern zu
legen.
    «Du bist ungerecht, Nagsara.
Der Beruf des Königs ist aufreibend. Gott hat mir die Aufgabe anvertraut,
Israel zu schaffen.
    Das muß doch
die wichtigste meiner Beschäftigungen sein, oder?»
    Die junge Ägypterin legte den
Kopf auf Salomos Brust.
    «Ich nehme es
hin, daß ich an zweiter Stelle komme, Gebieter, aber ich will geliebt werden…
Das Feuer, das du in mir geweckt hast, kann nur durch deine Gegenwart gelöscht
werden. Dank dir ist aus meinem Schmerz Glück geworden. Ich liebe dich, mein
Gebieter.»
    Salomo
entkleidete Nagsara mit kundiger Hand, und sie schloß im Freudentaumel die
Augen.
     
     
    Schwalben tanzten im
Abendsonnenschein. Sie flogen so schnell, daß Salomo ihnen nicht mit den Augen
folgen konnte. Israels König besann sich auf die Legende, laut der diese Vögel
die unsterblichen Seelen der ägyptischen Pharaonen

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