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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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waren, die in das Licht
zurückkehrten, aus dem sie gekommen waren.
    Wie fern er
sich ihnen in diesen Augenblicken der Einsamkeit fühlte!
    Salomo hatte
dem von Nagsara ausgelösten Skandal ein Ende gemacht. Das Volk schenkte ihm
weiter Vertrauen, obwohl er der Königin erlaubt hatte, an ihrem Glauben
festzuhalten. Von jetzt an würde sie sich ihrem Kult an einem abgeschiedenen
Ort, hoch über der Stadt und geschützt vor neugierigen Blicken, widmen. Daß
jeder davon wußte, zählte nicht. Wichtig war in den Augen der Priesterkaste
nur, daß man nichts sehen konnte.
    Nagsara genoß
ein wolkenloses Glück. Sie hatte den sinnlichsten Nebenfrauen gelauscht und bot
sich ihrem Gemahl mit Begeisterung an. Doch wie hätte sich Salomo ohne
Hemmungen an einem Leib, auch wenn er noch so vollkommen war, erfreuen können,
da ihn unerträgliche Sorgen quälten?
    David und
Nathan waren nicht mehr, Bathseba hatte sich zurückgezogen und schwieg, Nagsara
kannte nur ihre Selbstsucht, daher hatte Salomo jetzt, im Augenblick eines
furchtbaren Fehlschlags, als seine Herrschaft an der Mauer einer unerbittlichen
Wirklichkeit zerschellte, keinen Vertrauten mehr.
    Seine Schiffe
hatten Saba nicht erreicht. Die ägyptische Marine, die diese Gewässer als ihr
privates Jagdgebiet betrachtete, hatte sie zurückgeschickt, ohne jedoch Gewalt
anzuwenden. Salomo konnte nicht gut protestieren, schließlich hatte er
versucht, die wachsame ägyptische Flotte zu überlisten. Eine übereilte
Expedition, schlecht vorbereitet… Salomo hatte die Fähigkeiten seiner Seeleute
überschätzt.
    Das Gold aus
Saba würde nicht eintreffen. Israels König würde vor dem König von Tyros das
Gesicht verlieren. Der Tempel würde niemals gebaut werden.
    Salomo hatte
seine Wette mit Gott verloren.

 
     
     
     
    Teil Zwei
     
     
     
    Du hast befohlen, einen Tempel
auf deinem heiligen Berg zu bauen und einen Altar in der Stadt deiner Wohnung,
ein Abbild des heiligen Zeltes, das du von Anfang an entworfen hast. Mit dir
ist die Weisheit, die deine Werke kennt.
     
    Buch der Weisheit, 9, 8-9

 
    Kapitel 1 7
     
     
     
    Meister
Hiram folgte aus Tyros kommend den
Bergkämmen. Der Winter ging zu Ende, und er hatte dafür gesorgt, daß sein
Aufbruch auf den Abend des neunundzwanzigsten Februar fiel, an dem die Sichel
des Neumonds am Himmel erschien. Auf den Höhen leuchteten Lichter, zeigten
allen an, daß ein neuer Monat bevorstand, und erleichterten dem Reisenden den Weg.
    Es goß in
Strömen, ein kalter Regen wie oftmals um diese Jahreszeit. Die meisten Wege
lagen verlassen, denn heftige Regenschauer hatten sie in Morast verwandelt.
«Vor Frühlingsbeginn», so lautete ein Sprichwort, «zittert das Vieh im
Morgengrauen vor Kälte, sucht aber zu Mittag den Schatten der Feigenbäume.» Die
nächtliche Kühle hatte Meister Hiram gezwungen, sich in einen dicken Wollumhang
zu hüllen. Er hatte ihn selbst hergestellt, hatte dazu zwei dicke Decken
zusammengenäht und ein Loch für den Kopf gelassen. In dem breiten Gürtel, den
er sich um die Mitte gebunden hatte, waren Silberstücke versteckt.
    Neben ihm
ging ein hellgrauer Esel, ein widerstandsfähiges Tier, das keine Anstrengung
scheute. Auf dem Rücken trug es zwei Schläuche, einen mit Trinkwasser, der
andere, ein abgeschnittener Essigschlauch, enthielt ein Paar Sandalen, Kleidung
und einen Kürbis, der ihm als Becher diente. Der Vierbeiner schaffte am Tag
eine gute Wegstrecke und hatte sich mit seinem Reisegefährten angefreundet.
    Mühsam hatte
Hiram die verschneiten Wälder des Berges Karmel durchquert, des Ortes, wohin
sich der Prophet Elia geflüchtet hatte. Zum Glück kannte der Esel jeden Stein
in der Gegend um den schmalen Gebirgspaß, der den Norden und den Süden Kanaans
verband und auf dem man den phönizischen Einflußbereich verließ und das
Königreich Israel betrat.
    Der
Oberbaumeister hatte einen gewundenen Pfad unterhalb der Festung eingeschlagen,
die die Stelle schützte. Da die Hufe des Esels in Lumpen gehüllt waren, hatte
Hiram nicht die Wachsamkeit der Späher auf sich gezogen. Es blieb ihm nichts
anderes übrig, als von Hügelkamm zu Hügelkamm zu ziehen, unablässig hoch- und
dann wieder hinunterzusteigen und über den Berg Tabor, den Berg Gilboa, den
Berg Ebal und den Berg Garizim zu wandern. Gewiß, der höchste Berg war nicht
höher als zweitausendvierhundert Ellen, doch der Weg erwies sich als
anstrengend für die Beine.
    Hiram
bewunderte die Stämme von hundertjährigen Kastanien, deren Wipfel

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