Der Tempel zu Jerusalem
gezwungen,
den Weizen mit phönizischen Schiffen nach Saba zu bringen?
Dieser
gewiefte Schacherer, der gierig nach materiellen Gütern strebte, glaubte, er
könne mit Salomo spielen. Ein aufgeblasener Oberbaumeister schrieb sich eine
Macht zu, die er nicht besaß. Weder der eine noch der andere erkannten, was
Salomo wirklich wollte. Sie begriffen nicht, daß der Bau eines Tempels den Gang
der Geschichte und die Gedanken der Menschen verändern würde.
Hiram hielt sich einige Monate
in Ezjon-Geber auf. Kaleb, der Hinkefuß, blieb in Jerusalem und kümmerte sich
um das Haus, in dem er die meiste Zeit verschlief. Der Baumeister hatte seinen
Hund und seine Pläne mitgenommen. Ehe er sie vollendete, benötigte er Kupfer,
das er insbesondere zur Herstellung von Stechbeiteln für die Steinhauer
brauchte.
Zweitausend Morgen Land
verschafften dem Oberbaumeister ein unerwartetes Versuchsfeld. Mit Zustimmung
Salomos forderte er einige Hundertschaften unbeschäftigter Fußsoldaten an, die
sich nicht mit der Vorstellung hatten anfreunden können, Seeleute zu werden.
Der Baumeister teilte sie in kleine Mannschaften ein. Sie sollten Hochöfen,
Gießereien, Schmieden und eine Veredelungsanlage für Metall bauen. Das aus Edom
kommende Holz verwendete man als Brennmaterial.
So wurde aus
dem Handelshafen eine Industriestadt.
Hiram trug
kein Schmuckstück, das ihn als Amtsträger kennzeichnete. Elihap, der Sekretär
des Königs, verkündete die Befehle öffentlich und wirkte daher wie der wahre
Antrieb des Unternehmens. Der hohe Würdenträger reiste ständig zwischen
Jerusalem und Ezjon-Geber hin und her und überwachte den regelmäßigen
Fortschritt der Arbeiten.
Hiram beschäftigte sich mit
der Organisation jeder Werkstatt. Er verbesserte die Handgriffe der Arbeiter,
leitete die Arbeiten, kam Ungeschickten zu Hilfe und schickte Ungeeignete fort.
Die Arbeiter liebten und fürchteten diesen sonderbaren Mitarbeiter, der wenig
redete und schier unermüdlich schien.
In der Kupferbearbeitung
erzielte er hervorragende Ergebnisse. Unmengen von Werkzeugen wurden in Hütten
gelagert, und ein gut Teil der hergestellten Dinge wurde exportiert.
Bis zum
ersten Tag des Herbstes fanden Elihap und Hiram keine Zeit für eine private
Unterhaltung. An diesem Abend, als die Sonne die stillen Fluten des Roten
Meeres beleuchtete, spazierten sie auf einem riesigen, verlassenen Strand bis
zu einem Felsvorsprung und betrachteten das friedliche Drama des
Sonnenuntergangs. Als sie sich setzten, kam es Hiram so vor, als wäre dies seit
mehreren Monaten seine erste Ruhestunde. Aber das war eine gefährliche
Tagträumerei, der er nicht nachgeben durfte. Trotz der hinreißenden Schönheit
einer Landschaft, die ihn an die Meeresufer des ägyptischen Deltas erinnerte,
ungeachtet des fehlenden, heiteren Lichts, das zu den verklärten Gefilden des
Jenseits führte, zwang sich Hiram zur Wachsamkeit wie ein wildes Tier, das von
Jägern verfolgt wird.
Der Mann an
seiner Seite faltete aufgeregt die Finger, vielleicht als Abwehr gegen Pech.
«Das Versteckspiel hat nun
ein Ende», sagte Elihap. «Erlaube mir, daß ich nach Jerusalem zurückgehe und
nicht länger Befehle erteilen muß, die du mir diktiert hast.»
«Haben wir
damit nicht das erhoffte Ergebnis erzielt? Ezjon-Geber stellt reichlich Kupfer
her, und das in hervorragender Qualität. Israel besitzt das Industriezentrum,
das ihm gefehlt hat. Dieser Erfolg wird dir zugeschrieben, Elihap.»
«Salomo ist
kein Dummkopf. Und obendrein ist er nicht zufrieden.»
«Warum?»
«Weil ihm diese Industrie und
die Reichtümer, die sie hervorbringt, einerlei sind. Der König hat nur eine
Idee im Kopf: Er will den Tempel bauen. Seiner Ansicht nach verschwendest du Zeit.»
«Es war
abgemacht, daß ich gute Schmelzöfen baue. Dabei habe ich das Volk Israel
kennengelernt. Ich habe es bei der Arbeit, bei einer schwierigen Aufgabe,
erlebt, die für die Mehrzahl der Arbeiter ganz neu war. Ich habe versucht,
ihnen Stolz auf das Geschaffene zu vermitteln, und sei die Arbeit noch so grob.
Du kannst
gewiß sein, daß ich keinen Augenblick vergeudet habe. Demnächst muß mit einer
noch größeren Baustelle begonnen werden. Wenn ich den ersten Bautrupp
Handlanger nicht angelernt hätte, würde ich scheitern.»
Im roten
Widerschein der untergehenden Sonne sprang ein Delphin aus dem Wasser und
bildete den Auftakt zu den Wasserspielen einer ganzen Schar, die das Ende des
Tages feierte. Wer dem Delphin folgte, der
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