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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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wurden.
    Hiram hielt
daran fest, diese Aufgabe selbst vorzunehmen, damit es nicht zu unrechtmäßigen
Forderungen oder Ungerechtigkeiten kam. Jedes Mitglied der Bruderschaft erhielt
eine andere Summe, die der Qualität und dem Eifer bei der geleisteten Arbeit
während einer Mondumlaufzeit entsprach. Wer sich benachteiligt fühlte, hatte
das Recht, beim Baumeister Einspruch zu erheben.
    Wenn das
abgewickelt war, stieg Hiram mit einer Fackel in der Hand in die Tiefe des
Steinbruchs. Dort schlug er eigenhändig einen unterirdischen Saal aus dem Herz
des Felsens heraus. Er arbeitete bis zur Erschöpfung, gestattete aber niemandem
Zutritt zu diesem geheimen Ort, dessen Bestimmung niemand als er allein kannte.
    Wann würde er
ihn gebrauchen können?
    Nagsara zog
sich ein hellgelbes Gewand an und schlang einen vergoldeten Gürtel um die Taille,
der ihre zarte Gestalt noch betonte. Sie hatte sich die Fingernägel
dunkelgolden bemalt. An den Füßen trug sie weiße Ledersandalen mit eleganten
Riemen und Sohlen aus Palmenrinde. An ihrem Gewand hingen Seidenbänder. An den
Handgelenken der Herrscherin prangten Goldreifen, an ihren Fingern Ringe aus
massivem Silber.
    So geschmückt
verließ Israels Königin den Palast um die Mittagsstunde. Diener umringten sie,
boten ihr einen Tragsessel an, doch Nagsara lehnte ab. Sie schob die Leibwache
beiseite und verlangte, allein gelassen zu werden.
    Die Sonne
gleißte. Ohne Hast schlug sie den steilen Weg zum Zaun ein, der den Zutritt zu
der großen Zufahrt verwehrte, die zum Felsen führte und Materialtransporten
vorbehalten war. Es war Sabbat, und niemand arbeitete. Ein Bildhauerlehrling
und ein von Banajas dazu bestimmter Soldat saßen an einen Kalksteinblock
gelehnt und hinderten jeden am Weitergehen.
    «Geht fort»,
befahl Nagsara.
    Der Soldat
und der Arbeiter standen auf. Ersterer hatte die Königin erkannt.
    «Mit Verlaub,
Majestät… das geht nicht.»
    «Wollt ihr
lieber sterben, weil ihr eure Herrscherin beleidigt habt?»
    Der Lehrling
ergriff eiligst die Flucht. Der Soldat wurde angesichts von Nagsaras
Entschlossenheit wankend. Galten die von Salomo erlassenen Vorschriften auch
für seine Gemahlin?
    Vor Nagsara
erstreckte sich eine weite, nivellierte Ebene. Zum ersten Mal hatte man den
Felsen gezähmt. Doch noch keine Spur von Fundamenten. Nichts als nackter Stein,
auf den die Sonne prallte. Hatte der Baumeister wirklich vor, hier einen Tempel
zu bauen? Täuschte er Salomo nicht, wenn er ihm ein Wunderwerk versprach, das
er dann doch nicht in die Tat umsetzen konnte? Gewiß, hier war eine Schlucht
aufgefüllt worden, aber war das schon für einen Werkmeister ein Kinderspiel gewesen?
Zweifel packte das Herz der jungen Frau. Lief ihr Mann in eine Sackgasse
hinein, ließ er sich von einer Eitelkeit blenden, die er für den Willen Gottes
hielt?
    Einerlei.
Salomo handelte nach seinem Willen. Nagsaras Wille war nicht auf Jahwes Heiligtum
gerichtet. Sie wünschte sich nur, daß der König glücklich war, daß sein
strahlendes Antlitz die Jahre, die sie an seiner Seite verbrachte, erhellen
würde.
    Eine
Ägypterin, die von Magi unterwiesen worden war, nahm ein widriges Geschick
nicht einfach hin. Sie änderte seine Beschaffenheit. Wehrlos dulden war dumm
und feige. Nagsara mußte diesen Tempel im Entstehen ersticken, Salomo diese
Besessenheit ausreden und ihn wieder zu ihr zurückführen. Mit Liebesspielen und
der Glut ihrer Leidenschaft würde sie ihn zu halten wissen.
    Sie ging bis
zum äußersten Rand des Felsens gegenüber der Stadt Davids und sah zu ihrer
Rechten das Kidron-Tal und in der Ferne die Ebenen von Samaria. Die Schönheit
des israelitischen Frühlings gemahnte sie schmerzlich an den ägyptischen. Um
diese Jahreszeit pflegte die junge Prinzessin mit dem Boot die von Tamarisken
gesäumten Kanäle von Tanis zu befahren. Sie ruderte selbst und hatte ihren Spaß
daran, ganze Entenfamilien zu verfolgen. Abends lauschte sie auf Inselchen in
dort aufgestellten Zelten der Musik von Flöte und Harfe, die Hofmusikanten
spielten.
    Hier, in
dieser wilden Einsamkeit, vernahm sie die unmelodische Musik der Natur. Israel
war noch zu jung, ihm fehlte die Weisheit, die nur Jahrhunderte verleihen
konnten. Die Hebräer besaßen die Begeisterung eines unerfahrenen Volkes und
wußten noch nichts von der gelassenen Haltung der alten Schreiber mit dem
runden Bauch, die den Papyrus auf ihren Knien entrollten, auf dem ewige Worte
geschrieben standen. Das Scheitern von Hirams Bau würde das Volk

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